Thurgau schafft Liegenschaftssteuer per 2029 ab – was bedeutet das für den Marktwert von Liegenschaften?
Letzte Aktualisierung: 17. Juni 2025

Die Abschaffung der Liegenschaftssteuer im Kanton Thurgau dürfte sich positiv auf die Marktwerte von Renditeliegenschaften auswirken. Dieser Blog beleuchtet den Zusammenhang zwischen Liegenschaftssteuern und Marktwerten und zeigt weitere aktuelle Entwicklungen in der Immobilienbesteuerung. Zuvor werfen wir einen Blick auf den politischen Weg zur Steuerabschaffung im Thurgau.
Der Weg zur Abschaffung im Thurgau
Am 18. Mai 2025 hat das Stimmvolk des Kanton Thurgau mit einer Mehrheit von 69 % die Abschaffung der kantonalen Liegenschaftssteuer gutgeheissen. Die Liegenschaftssteuer wird bis anhin jährlich auf alle im Kanton liegenden Liegenschaften erhoben. Die Erträge kommen zu 57 % der betroffenen politischen Gemeinde und zu 43 % dem Kanton zugute. Steuerpflichtig ist jeder Eigentümer oder Nutzniesser der Liegenschaft, ausgenommen sind Liegenschaften im Besitz von steuerbefreiten juristischen Personen. Diese Steuern fallen nun im Kanton Thurgau ab 1. Januar 2029 ersatzlos weg, was beim Kanton und den Gemeinden zu einer Ertragseinbusse von jährlich rund CHF 36 Mio. führt.
Der Abschaffung der Liegenschaftssteuer wurde bereits im August 2024 vom Grossen Rat des Kantons Thurgau zugestimmt, jedoch wurde das Behördenreferendum ergriffen. Während die Gegner der Abschaffung darauf aufmerksam machten, dass die Steuerfüsse des Kantons und der Gemeinden langfristig erhöht werden müssten, um die Steuereinbussen zu kompensieren, haben die Befürworter das Argument vorbrachten, dass es sich bei der Liegenschaftssteuer im Kanton Thurgau um eine Doppelbesteuerung handle. Dies, da jede Liegenschaft in der Schweiz auch als steuerpflichtiger Vermögenswert gilt.
Auswirkungen auf die einzelnen Immobilien im Kanton Thurgau
Diese Praxisänderung des Kantons hat auch Auswirklungen auf den Marktwert der einzelnen Liegenschaften. Wüest Partner geht davon aus, dass sich die Zahlungsbereitschaft der Kaufinteressenten aufgrund der wegfallenden finanziellen Belastung leicht erhöhen wird.
Die Liegenschaftssteuer beträgt aktuell im gesamten Kanton 0.5 ‰ des Steuerwertes. Liegt der Steuerwert einer Liegenschaft zum Beispiel bei CHF 1 Mio. beträgt die zu bezahlende Steuer CHF 500 pro Jahr.
Bei DCF-Bewertungen von Renditeobjekten, die mit einem heute markt- und risikogerechten realen Diskontierungssatz zwischen 2.8 % bis 3.0 % bestimmt werden, ergibt sich rechnerisch eine Erhöhung des DCF-Wertes von 1.2 % bis 1.4 %. Der Wegfall der jährlichen Steuer führt zu höheren jährlichen Nettoeinnahmen und rechtfertigt damit einen höheren Marktwert. Ob dieser rechnerische Effekt auch tatsächlich zu höherer Zahlungsbereitschaft für Liegenschaften im Kanton Thurgau führt, wird sich am Markt zeigen.
Schweizweite Steuerpraxis
Der Kanton Thurgau (ab 2029) ist nicht der einzige Kanton in der Schweiz, welcher keine Liegenschaftssteuern erhebt. Die sieben Kantone Aargau, Basel-Land, Glarus, Solothurn, Schwyz, Zug und Zürich verzichten auf die Erhebung von jährlichen Steuern. Alle anderen Kantone erheben grundsätzlich eine Liegenschaftssteuer, teilweise jedoch nur als Minimalsteuer. Die Ausgestaltung dieser Steuer sowie die Definition der steuerpflichtigen juristischen und natürlichen Personen sind dabei sehr individuell und können je nach Kanton stark voneinander abweichen.
Zum Beispiel werden in den Kantonen Appenzell-Ausserrhoden, Basel-Stadt, Luzern, Nidwalden, Schaffhausen nur in Spezialfällen Liegenschaftssteuern erhoben (Minimalsteuern), wenn ein Mindestmass bei den Gewinn- und Kapitalsteuern unterschritten wird, oder im Kanton Uri, wenn das Einkommen von Privatpersonen sehr tief ausfällt.
Die Abschaffung der Liegenschaftssteuer im Kanton Thurgau hat keinen Einfluss auf die weiteren Steuern und Abgaben im Zusammenhang mit Liegenschaften. Handänderungssteuer und Grundstückgewinnsteuer bei einer Handänderung, Mehrwertabgabe bei einer Umzonung und die bereits erwähnte Vermögens- und Ertragssteuer auf Immobilien bleiben unverändert.
Immobilienbezogene Steuern
Bis auf die Mehrwertsteuer bei optierten Liegenschaften sind sämtliche immobilienbezogenen Steuern dem kantonalen und kommunalen Recht unterstellt. Davon gibt es neben der Liegenschaftssteuer zahlreiche weitere:
Handänderungssteuern fallen in einigen Kantonen beim Erwerb bzw. Verkauf einer Immobilie an und können zwischen 1% und 3% des Kaufpreises betragen. Ob der Käufer oder der Verkäufer die Handänderungssteuer zu bezahlen hat, ist je nach Kanton unterschiedlich.
Grundstückgewinnsteuern fallen beim Verkauf einer Immobilie an. Sie sind in der Regel von der Haltedauer abhängig und sind mit den steigenden Immobilienwerten in vielen Gemeinden und Kantonen in den letzten Jahren zu einer bedeutenden Einnahmequelle geworden.
In der ganzen Schweiz fallen jährlich Einkommenssteuern auf den Eigenmietwerten bei Wohneigentum bzw. den Nettoerträgen bei Renditeliegenschaft an. Zusätzlich zählt bei Privatpersonen die Liegenschaft als steuerbares Vermögen, worauf die jährliche Vermögenssteuer erhoben wird.
Die Mehrwertabgabe ist eine vom Bund vorgeschriebene Abgabe, welche kantonal geregelt wird. Diese fällt an, wenn ein Grundstück bei einer Bauzonenplan-Revision aufgezont wird und dadurch einen deutlichen Mehrwert erhält. Bei einer Auszonung hingegen, erhält man dafür eine Entschädigung.
Allgemeiner Ausblick zum Thema Steuern
Aktuell läuft in der Schweiz die Diskussion über eine «umfassenden Reform der Wohneigentumsbesteuerung», welcher National- und Ständerat im Dezember 2024 zugestimmt haben. Es wird erwartet, dass das Schweizer Volk im Herbst 2025 über diese Vorlage abstimmen wird. Die Reform umfasst die Abschaffung des Eigenmietwerts in Kombination mit starken Einschränkungen bei Unterhaltsabzügen und Hypothekarzinsen sowie einer möglichen kantonalen Steuer auf Zweitwohnungen.
Bei der Mehrwertabgabe stehen ebenfalls diverse kantonale Änderungen an.
Lesen Sie mehr über die kurz- und langfristigen Perspektiven des Schweizer Wohnungsmarktes im Immo-Monitoring.