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Die neuen Spitäler: Chancen und Heraus­for­de­rungen

Letzte Aktualisierung: 22. April 2025

Die durch das Gesund­heits­wesen verur­sachten Kosten steigen mit einer jährlichen Rate von 3% bis 4%. Im Jahr 2017 erreichten die Aufwände mit einem Wert von 82.5 Milli­arden Franken einen Anteil von 12% am Brutto­in­land­produkt der Schweiz. Trotz eines Rückgangs der Spitäler um einen Viertel des Bestands im Zeitraum der letzten 20 Jahre ist der Spital­sektor mit einem Anteil von 35% ein grosser Anteils­in­haber der Kosten des Gesund­heits­wesens. Neben den Betriebs­kosten lässt sich auch wenig Zurück­haltung bei den Neubau­in­ves­ti­tionen beobachten. So sind schweizweit gegen hundert Spital­pro­jekte mit Gesamt­kosten von rund 15 Milli­arden Franken in Planung oder befinden sich bereits im Bauprozess.

Grafik Kostenentwicklung

Spitäler als Investment

Für Immobi­li­en­in­ves­toren sind Spital­bauten ein Nischen­segment. Einer­seits dem geringen Anlage­vo­lumen von 3% bis 5% des Gesamt­werts klassi­scher Wohn- und Geschäfts­an­la­ge­im­mo­bilien, anderer­seits den Eigen­schaften der Objekte geschuldet.

Spital­bauten sind typische Betriebs­im­mo­bilien – für die spezi­fische Nutzung konzi­piert und ander­weitig kaum verwendbar. Der wirtschaft­liche Erfolg ist eng an die Betrei­ber­ge­sell­schaft gekoppelt. Eine Heraus­for­derung stellt das regula­to­rische Umfeld, in welchem sich die Spital­im­mo­bilien bewegen, dar. Politische Rahmen­be­din­gungen, eine verän­derte Gesetz­gebung oder die Tarif­steuerung können den Wert von Spital­im­mo­bilien erheblich beein­flussen. Um für diese Risiken entschädigt zu werden, erwarten Anleger gegenüber den klassi­schen Wohn- und Geschäfts­im­mo­bilien höhere Renditen. Im Betrach­tungs­spektrum der vergan­genen fünf Jahre lagen die Netto-Cashflow-Renditen von Spital­im­mo­bilien im Median 100 Basis­punkte über denje­nigen von Wohnlie­gen­schaften und 65 Basis­punkte über solchen von Geschäfts­lie­gen­schaften. Unter­dessen dürfte sich diese Differenz vergrössert haben. Mietertrag und Marktwert pro Quadrat­meter Netto­nutz­fläche liegen bei Spitälern in der Regel deutlich über den Vergleichs­werten von Wohn- und Geschäfts­lie­gen­schaften, was mit den oftmals zentralen Lagen in Städten und dem hohen Ausstat­tungsgrad der Gebäude zu argumen­tieren ist.


Grafik Cashflow

Profi­tables Betriebs­konzept als Erfolgs­faktor

Als Erfolgs­fak­toren für Eigen­tümer von Spital­im­mo­bilien lassen sich die Punkte Spital­markt­kenntnis, profi­tables Betriebs­konzept und quali­fi­zierte Betreiber heraus­bilden. Was den Betrieb einer Spital­im­mo­bilie anbelangt so ist das «Core-and-Shell»-Mietmodell geeignet. Der Unterhalt von Struktur, Hülle und techni­scher Grund­aus­stattung obliegt dem Eigen­tümer, für Ausbauten und spezi­fische technische Instal­la­tionen ist die Betrei­berin zuständig. Diese Aufteilung hält Aufwand und Komple­xität für den Eigen­tümer niedrig, während die Betrei­berin flexibel bleibt, um sich neuen Gegeben­heiten anzupassen.

Bis in das Jahr 2011 waren die Kantone für die Finan­zierung der öffent­lichen Spital­in­fra­struk­turen zuständig. Mit der Einführung der Fallpau­schalen begann 2012 eine neue Zeitrechnung: Seither sind mit dem Swiss-DRG-Tarifsystem die Vergütung der statio­nären und mit dem Tarmed-Tarifsystem die Vergütung der ambulanten Spital­leis­tungen schweizweit einheitlich geregelt. Die Spitäler erhalten für ihre Leistungen Pauschalen gemäss dem Schwe­regrad der Behandlung. Die Kosten für die Spital­in­fra­struk­turen sind Bestandteil dieser Pauschale. Dadurch liegt deren Finan­zierung nun in den Händen der Spitäler. Spital­be­triebe, die Eigen­tümer ihrer Infra­struktur sind, müssen sich oft organi­sa­to­risch neu aufstellen. Das Spital wird zweige­teilt in eine Betriebs­ge­sell­schaft (Operation Company), die zuständig ist für das Kernge­schäft der medizi­ni­schen Leistung, und in eine Immmo­bi­li­en­ge­sell­schaft (Property Company), die die Infra­struktur an die Betriebs­ge­sell­schaft vermietet. Dieses Prinzip wird im Fachjargon «OpCo-PropCo»-Struktur genannt.

Die Spitäler der Zukunft

Aus Fachge­sprächen mit Experten von Lead Consul­tants, dem Institut für Beratungen im Gesund­heits­wesen und Blumer­gaignat haben sich nachfol­gende Stoss­rich­tungen für das Spital der Zukunft ergeben.

  • Die stets neuen Behand­lungen machen das Bestellen und Planen eines Spitals schwierig. Wer ein Spital baut, muss seine Entschei­dungen laufend hinter­fragen, anpassen oder gar rückgängig machen. Building Infor­mation Modelling (BIM) ist ein mögliches Instrument, um Varianten zu simulieren, Geplantes zu verbessern und den Betrieb sowie das Facility Management darzu­stellen.
  • Zukünftig werden atmende Struk­turen, die Möglichkeit der flexiblen Rauman­passung und ‑gestaltung, gefragt sein. Räume müssen so konzi­piert werden, damit sich einer­seits die Menschen wohlfühlen, ihnen kurze Wege, ideale Arbeits­pro­zesse und Tages­licht ermög­licht werden, anderer­seits das Potential der Digita­li­sierung (Ferndia­gnostik und ‑überwa­chung) entfaltet und genutzt werden kann. Um dies zu gewähr­leisten ist es ratsam die Areal- und Immobi­li­en­ent­wicklung über mehrere Jahrzehnte in einem Masterplan abzubilden, um so auf zukünftige Gegeben­heiten adäquat reagieren zu können.
  • Unter dem Blick­punkt der Planungs­stra­tegie lassen sich Elemente wie ein geeig­netes Stützen­raster, präzise Setzung der Erschlies­sungs­kerne, um Wege effizient zu gestalten, strate­gische Freiflächen für allfällige zukünftige Nutzungen und eine zentrale Lage und optimale Erreich­barkeit mit einer Vielzahl von Verkehrs­mitteln aufzählen.
  • Zukünftig wird eine Verla­gerung von statio­nären zu ambulanten Behand­lungen erfolgen was sich in einer Abnahme von klassi­schen Akutspi­tälern auswirken wird. Dezentral gelegene, einfach ausge­stattete Gesund­heits­zentren für nieder­schwellige Behand­lungen komple­men­tiert durch hoch spezia­li­sierte ambulante Zentren werden sich bilden und so ein Netzwerk von unter­schied­lichen und geogra­fisch verteilten Anbieter entstehen.

Weitere Infor­ma­tionen

Zusätz­liche Infor­ma­tionen zur Zukunft der Spitäler werden im Themenheft des Hochpar­terre (publi­ziert im Oktober 2019) thema­ti­siert.