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Wohnsi­tuation und Wünsche der jüngeren Generation

Veröffentlicht am: 03. Oktober 2024 Letzte Aktualisierung: 14. Mai 2025

Die schweiz­weite Wohnzu­frie­denheit hat sich 2024 gemäss der Immo-Barometer-Befragung von Wüest Partner auf hohem Niveau stabi­li­siert, nachdem sie in den letzten Jahren leicht gesunken war. Über 90 Prozent der Mieter­haus­halte geben an, entweder «zufrieden» oder «sehr zufrieden» zu sein, bei den Eigen­tü­mer­haus­halten sind es nahezu alle Haushalte. Auffällig ist jedoch die geringere Zufrie­denheit der unter 35-jährigen, sowohl bei Mietenden als auch bei Eigentümer:innen. Diese jüngere Alters­gruppe zeigt zudem eine grössere Umzugs­be­reit­schaft. Was sind die Gründe und wie möchten junge Menschen wohnen? Welche Kriterien sind ihnen wichtig, und worauf sind sie bereit zu verzichten?

Hohe Wohnzu­frie­denheit – doch der Glanz bleibt für die Jüngeren aus

Ein Vergleich nach Alters­klassen zeigt, dass die unter 35-jährigen etwas weniger glücklich mit ihrer aktuellen Wohnsi­tuation sind als die älteren Haushalte. Der Anteil der jüngeren Befragten, welchen es «ziemlich gut» oder «sehr gut» in ihrer derzei­tigen Wohnung gefällt, liegt leicht unter jenen der beiden anderen Alters­ka­te­gorien. Grösser sind die Unter­schiede beim Anteil der Befragten, welchen es «sehr gut» gefällt. Im ersten Blogbeitrag zur Immo-Barometer-Befragung von Wüest Partner haben wir aufge­zeigt, dass es den Eigen­tü­me­rinnen und Eigen­tümern unter den Umfra­ge­teil­neh­menden deutlich öfter «sehr gut» in ihren eigenen vier Wänden gefällt als Mietenden. Als erster möglicher Erklä­rungs­ansatz springt daher die Eigen­tums­quote ins Auge, welche bei den höheren Alters­klassen natür­li­cher­weise höher ausfällt als in der jüngsten Alters­gruppe. Obwohl dies auch innerhalb der jewei­ligen Alters­gruppen zutreffend ist, fällt der Anteil der Befragten, welchen es aktuell unabhängig von der Wohnform «sehr gut» in ihrem jewei­ligen Zuhause gefällt, bei den unter 35-jährigen spürbar tiefer aus. Die Gründe dafür sind vielfältig, dürften jedoch vor allem in den gestie­genen Wohnkosten liegen, wie im folgenden Abschnitt erläutert wird.

Wie gut gefällt es Ihnen aktuell in Ihrer Wohnung/ihrem Haus?

Abbildung 1

Gründe für tiefere Zufrie­denheit und höhere Umzugs­be­reit­schaft

Die jüngste Alters­gruppe zeigt sich mit vielen Aspekten ihrer Wohnsi­tuation weniger zufrieden. Sowohl bei objekt­spe­zi­fi­schen als auch bei Umfeld­fak­toren liegen die Zufrie­den­heits­werte in der aktuellen Befragung deutlich unter dem langjäh­rigen Durch­schnitt. Besonders stark gesunken ist die Zufrie­denheit mit den Hypothekar- und Mietzinsen sowie mit der Nachhal­tigkeit und dem Energie­ver­brauch der Haushalts­geräte. Der Rückgang bei der Zufrie­denheit mit den Hypothekar- und Mietzinsen fällt bei den unter 35-jährigen im Vergleich zu den anderen Alters­gruppen besonders stark aus. Dass die Zufrie­denheit bei der jüngsten Gruppe der Befragten niedriger ausfällt ist jedoch nachvoll­ziehbar, da hier oft auch ein Vergleich zum Elternhaus gezogen werden dürfte. Zudem verfügen die unter 35-Jährigen in der Regel über geringere Einkommen und damit über begrenzte finan­zielle Möglich­keiten, um ihre Wohnträume zu reali­sieren. Die daraus resul­tie­renden Kompro­misse zwischen Preis und Qualität des Wohnob­jekts dürften wesentlich dazu beitragen, dass die Wohnzu­frie­denheit der 15- bis 34-Jährigen geringer ausfällt als bei den älteren Genera­tionen.

Bei der Bewertung der Nachhal­tigkeit und des Energie­ver­brauchs zeigt sich in dieser Alters­gruppe ein ähnliches Bild: Der Anteil der «eher» oder «sehr» Zufrie­denen ist hier um 12 Prozent tiefer als im Durch­schnitt der Befra­gungen seit 2015 – im Gesamt­durch­schnitt aller Befragten resul­tierte lediglich ein Minus von 6 Prozent. Eine der wenigen Ausnahmen, bezüglich welcher die unter 35-jährigen heute eher zufrie­dener sind als im Mittelwert seit 2015, bildet das kultu­relle Angebot in der Umgebung. Dieser Anstieg könnte jedoch, wie bereits im ersten Blogbeitrag erwähnt, auf einen Basis­effekt nach der Pandemie zurück­zu­führen sein.  

Die insgesamt geringere Wohnzu­frie­denheit und die grössere Mobilität jüngerer Menschen spiegeln sich auch in einer höheren Umzugs­be­reit­schaft wider. Nur etwa 30 Prozent der unter 35-jährigen schliesst einen Umzug aus. Dem steht in etwa dieselbe Anzahl gegenüber, welche gelegentlich oder möglichst bald umziehen möchten. Diese Werte liegen deutlich über jenen der älteren Alters­gruppen. Die Haupt­gründe für einen poten­zi­ellen Umzug sind laut den Befragten neben den Verän­de­rungen in der Lebens­si­tuation (76 Prozent) auch die zu hohen Wohnkosten (70 Prozent).

Welche der nachfol­genden Aussagen trifft aus Sie / Ihren Haushalt am ehesten zu?

Abbildung 2

Wie also möchten die jungen Menschen wohnen?

Bei der Frage nach dem gesuchten Objekt konnten die Umfra­ge­teil­nehmer mehrere Wohnformen angeben, wurden aber gebeten, ihre derzeitige Situation zu berück­sich­tigen. Für rund 60 Prozent der unter 35-jährigen kommt realis­tisch gesehen eine Mietwohnung in Frage. Erstaun­li­cher­weise gaben bei dieser Frage rund 37 Prozent der Befragten an, dass für sie ein Hauskauf, und für etwa 27 Prozent der Erwerb einer Eigen­tums­wohnung infrage käme. Diese Aussagen könnten auf der Erwartung beruhen, Immobilien zu erben. Das ist gut möglich, denn für viele Befragte unter 35 Jahren bleibt Wohnei­gentum vermutlich weiterhin keine realis­tische Option. So haben die Preis­an­stiege der letzten Jahre – trotz der jüngsten Verlang­samung – dazu geführt, dass Wohnei­gentum für einen grossen Teil der Schweizer Bevöl­kerung unerschwinglich geworden ist oder dessen Erwerb zumindest ein deutlich überdurch­schnitt­liches Haushalts­ein­kommen erfor­derlich macht (zu den Trans­ak­ti­ons­preis­in­dizes).

Was kommt für Sie bzw. für Ihren Haushalt realis­tisch gesehen am ehesten in Frage? Bitte beant­worten Sie diese Frage auch unter Berück­sich­tigung Ihrer finan­zi­ellen Möglich­keiten.

Abbildung 3 – berück­sichtigt wurden nur die Antworten der unter 35-jährigen

Exkurs: Tragbarkeit vor allem in ländlichen Gebieten gegeben

Abbildung 4 zeigt, in welchen Gemeinden das mittlere Haushalts­ein­kommen der unter 35-jährigen ausreicht, respektive um wieviel über dem mittleren Einkommen das Haushalts­ein­kommen in der jewei­ligen Gemeinde liegen müsste, um die Tragbar­keits­richt­linien der Banken für den Kauf einer Eigen­tums­wohnung zu erfüllen (zu den Modell­an­nahmen). Mit dem mittleren Einkommen sind die Tragbar­keits­kri­terien vor allem noch im ländlichen Raum erfüllt, während im städti­schen Raum deutlich höhere Einkommen zur Finan­zierung benötigt werden. Jedoch ist es nur für rund ein Drittel der Befragten unter 35 überhaupt eine Option, ihr zukünf­tiges Zuhause in der Peripherie (in einer sehr kleinen Stadt oder einem Dorf) zu beziehen.

Tragbarkeit eines mittleren Objektes pro MS Region

Abbildung 4 – Die Abbildung zeigt, wo das durch­schnitt­liche schweiz­weite Haushalts­ein­kommen der unter 35-jährigen ausreicht um die Tragbar­keits­richt­lichen für den Kauf einer Eigen­tums­wohnung zu erfüllen (dunkelblau) respektive um wie viel Prozent das Einkommen über dem Durch­schnit­t­ein­kommen der unter 35-jährigen liegen müsste.

Annahmen für die Berechnung der Tragbarkeit: Für die Berechnung der Tragbarkeit wurde das mittlere Brutto-Haushaltseinkommen der unter 35-jährigen gemäss der Haushalts­be­fragung 2018/2019 des Bundesamts für Statistik (BfS) als Basis verwendet (dabei handelt es sich um die aktuell verfüg­baren Daten). Für 2024 wurde das Haushalts­ein­kommen anhand des Nominal­lohn­in­dexes des BfS appro­xi­miert und auf monatlich rund 9’230 CHF geschätzt. Für die Berechnung der Tragbarkeit wurde eine Belehnung des Objektes von 80% des aktuellen Markt­wertes einer Eigen­tums­wohnung in der jewei­ligen Gemeinde angenommen. Der verwendete kalku­la­to­rische Zinssatz beträgt 5 Prozent. Es wurden Amorti­sa­tionen von 1 Prozent des Kredit­vo­lumens sowie Unterhalts- und Neben­kosten von 1 Prozent des Liegen­schafts­wertes angenommen. Die Wohnkos­ten­be­lastung sollte dabei einen Drittel des Brutto­ein­kommens (resp. eines Vielfachen davon), nicht übersteigen, damit die Tragbarkeit erfüllt ist.

Auch für die übrigen Suchenden besteht jedoch Hoffnung, den Traum von den eigenen vier Wänden zu erfüllen, wenn man bereit ist, auf gewisse Quali­täts­an­sprüche zu verzichten. Das hier verwendete Muster­objekt ist 5‑jährig und hat entspre­chend auch einen relativ hohen Ausbau­standard. Wenn man bereit ist, diesbe­züglich Abstriche zu machen, dürfte der Kaufpreis und damit auch die Hypothek spürbar tiefer ausfallen.

Eine ähnlich angespannte Situation zeigt sich auch am Mietwoh­nungs­markt. Einer­seits sind die Mieten im vergan­genen Jahr quali­täts­be­reinigt teils deutlich angestiegen und anderer­seits zeigen die jüngsten Zahlen des Bundes­amtes für Statistik einen weiteren Rückgang des Mietwoh­nungs­leer­stands, was die Wohnungs­suche zusätzlich erschwert (Leerste­hende Wohnungen: Neuste Entwick­lungen und Schlüs­sel­daten).

Kann auf gewisse Quali­täts­an­sprüche verzichtet werden?

Sowohl bei der Suche nach Wohnei­gentum, als auch bei der Suche nach einer Mietwohnung zu einem vergleich­baren Preis mit der jetzigen, müssen höchst­wahr­scheinlich Abstriche bei bestimmten Wohnfak­toren gemacht werden. Die Frage nach den Verzichts­fak­toren zeigt aber, dass beispiels­weise der allge­meine Ausbau­standard, welcher durchaus preis­re­du­zierend wirken könnte, nur für rund 21 Prozent der der Befragten unter 35 Jahren bei der Suche nach einer neuen Bleibe zugunsten eines tieferen Mietpreises resp. Kaufpreises verzichtbar ist. Noch geringer ist die Kompro­miss­be­reit­schaft beispiels­weise bei der Grösse der Wohnung, dem Balkon oder einem Keller­abteil. Dafür wird weniger Wert auf den privaten Parkplatz beim Haus, einen Garten oder ein zweites resp. drittes WC oder Bad gelegt.

Worauf könnten Sie zugunsten einer gerin­geren Miete / eines gerin­geren Kaufpreises an einer Wohnung / einem Haus am ehesten verzichten?

Abbildung 5 – berück­sichtigt wurden nur die Antworten der unter 35-jährigen

Jüngere Befragte mit anderen Schwer­punkten bei der Wohnungs­suche

Bei der Wahl eines neuen Objekts priori­sieren die jüngeren Befragten ähnliche Faktoren wie die anderen Alters­gruppen, sind jedoch insgesamt etwas weniger anspruchsvoll. Da ein Grossteil der unter 35-jährigen zur Miete wohnt, basiert der Vergleich der Alters­gruppen ausschliesslich auf den Aussagen der Mieter­haus­halte. Die Ergeb­nisse dürften jedoch weitgehend auch auf die Eigen­tü­me­rinnen und Eigen­tümer übertragbar sein.
Besonders auffällig sind die Unter­schiede zu den höheren Alters­ka­te­gorien bei der Aussicht und dem Abstand zum nächsten Gebäude. Hier liegen die Anteile der Befragten, für welche diese Kriterien von Bedeutung oder sogar ausschlag­gebend sind, bei den unter 35-jährigen deutlich unter jenen der beiden anderen Alters­ko­horten. Auch beim Thema Nachhal­tigkeit und Energie­ver­brauch gibt es klare Unter­schiede, insbe­sondere im Vergleich zur Generation 65+. Mögli­cher­weise ist die ältere Generation stärker sensi­bi­li­siert auf Verän­de­rungen bei den Neben­kosten. Zusam­men­fassend lässt sich sagen: Jüngere scheinen ihre Ansprüche oftmals realis­tisch an ihre Wohnbudgets angepasst zu haben und akzep­tieren eine höhere Wohndichte.

Wie wichtig sind/wären die folgenden Punkte für Sie bzw. für Ihren Haushalt aktuell bei der Objekt­auswahl?

Abbildung 6 – Prozent der Befragten für welches dieses Kriterium auch noch von Bedeutung oder ausschlag­gebend bei der Objektausahl ist

Lagefak­toren: Jüngere Generation priori­siert Nähe zu Familie und Arbeitsweg

Bei den Umfeld­fak­toren zeigen sich einige Aspekte, die für die jüngste Alters­gruppe bei der Wohnungs­suche wichtiger sind als für die älteren Genera­tionen. Dazu zählen insbe­sondere die Nähe zu Freunden und Familie, aber auch zu Schulen und Kinder­gärten sowie die Länge des Arbeitswegs. Die älteren Genera­tionen hingegen legen mehr Wert auf Faktoren, die ihre Selbst­stän­digkeit im Alter unter­stützen, wie die Nähe zu öffent­lichen Verkehrs­mitteln und Einkaufs­mög­lich­keiten. Komfort­merkmale wie Umgebungslärm und die Nähe zu Naherho­lungs­ge­bieten sind ebenfalls wichtiger für die Älteren. Das Thema «Wohnen im Alter» werden wir im dritten und letzten Blogbeitrag (erscheint am 10.10.2024) zur Immo-Barometer-Befragung gesondert beleuchten.

Wie wichtig sind/wären die folgenden Punkte für Sie bzw. für Ihren Haushalt aktuell bei der Objekt­auswahl?

Abbildung 7 – Prozent der Befragten für welches dieses Kriterium auch noch von Bedeutung oder ausschlag­gebend bei der Objektausahl ist

Fazit

Die Wohnzu­frie­denheit der unter 35-jährigen ist niedriger als bei älteren Alters­gruppen – sowohl bei Mietenden als auch Eigen­tümern. Besonders gesunken ist der Anteil derer, denen es «sehr gut» in ihrer Wohnung gefällt. Gründe dafür sind vor allem höhere Hypothekar- und Mietzinsen sowie die Unzufrie­denheit mit den Energie­kosten. Trotz gestie­gener Immobi­li­en­preise betrachten viele junge Menschen Eigen­heime weiterhin als realis­tische Option. Fokus­sieren dürfte sich dieser Wunsch jedoch vorwiegend auf ländliche Gebiete, da es dort aufgrund der niedri­geren Einkommen der jungen Generation eher reali­sierbar ist. Bei der Wohnungs­suche legen sie ähnliche Kriterien wie ältere Genera­tionen an, jedoch mit einer höheren Akzeptanz für ein dichteres Wohnumfeld. Einher­gehend damit legen sie den Fokus auf soziale Nähe und kurze Arbeitswege.

Zusam­men­fassend lässt sich festhalten, dass die Verdich­tungs­be­stre­bungen bei der jungen Generation durchaus auf Zustimmung stossen. Aller­dings sind weitere Anstren­gungen nötig, um die Wohnqua­lität zu verbessern, denn junge Menschen dürften von der gegen­wärtig angespannten Situation auf dem Wohnungs­markt besonders betroffen sein, da steigende Kosten und die einge­schränkte Verfüg­barkeit von Wohnraum deren Optionen erheblich einschränken.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um den zweiten Teil der Blogtrio­logie zur «Immo-Barometer»-Befragung. Im ersten Teil «Wohnzu­frie­denheit: Ein Blick auf aktuelle Entwick­lungen» wurden die generelle Wohnzu­frie­denheit und wichtige Einfluss­fak­toren aufge­zeigt. Im dritten und letzten Teil (10. Oktober 2024) wird das Thema «Trends und Wohnwünsche für das höhere Alter» vertieft behandelt.

Der «Immo-Barometer» von Wüest Partner
Der «Immo-Barometer» ist eine gesamt­schwei­ze­rische Umfrage zu den Themen Wohnzu­frie­denheit und Wohnbe­dürf­nisse. Wüest Partner hat diese auch im Jahr 2024 mit der Unter­stützung des Hausei­gen­tü­mer­ver­bandes Schweiz (HEV) und des Schwei­ze­ri­schen Verbandes der Immobi­li­en­wirt­schaft (SVIT Schweiz) durch­ge­führt. Dabei werden jeweils rund 1000 reprä­sen­tativ ausge­wählte Haushalte in der deutsch- und franzö­sisch­spra­chigen Schweiz ausführlich zur aktuellen Wohnsi­tuation und zu allfäl­ligen Verän­de­rungs­ab­sichten befragt. Es handelt sich beim «Immo-Barometer» um eine Langzeit­studie, die erstmals im Jahr 1988 und seither mindestens alle zwei Jahre erhoben wurde.