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Sustainable Finance: Der grösste Green Bond der Schweiz

Letzte Aktualisierung: 22. November 2024

Die Bedeutung der Nachhal­tigkeit im Finanz- und Immobi­li­en­sektor hat in den letzten Jahren sowohl national als auch inter­na­tional erheblich zugenommen:

Innovative Finanz­in­stru­mente für die Immobi­li­en­branche

Doch wie sieht die Umsetzung von Sustainable Finance in der Praxis konkret aus, insbe­sondere in der Immobi­li­en­branche? Ein innova­tives Finanz­in­strument zur Konkre­ti­sierung bieten sogenannte Green Bonds, welche speziell darauf ausge­richtet sind, Projekte mit einem positiven Umwelt­ein­fluss zu finan­zieren. Die Relevanz dieses Finanz­in­stru­mentes wurde mit der Veröf­fent­li­chung der EU-Verordnung für Green Bonds (EuGBS) vom 30. November 2023 bestätigt und soll zudem zur Bekämpfung von Green­wa­shing beitragen.

Immobi­li­en­un­ter­nehmen wie PSP Swiss Property haben bereits Massnahmen ergriffen, um zu den genannten Zielen beizu­tragen, indem sie ihr Immobi­li­en­port­folio durch die Klassi­fi­zierung von «Green Buildings» ganzheitlich in ein nachhal­tiges Portfolio trans­for­miert haben, welche als Finan­zie­rungs­in­strument dienen sollen. Die Trans­for­mation von PSP zu einem 100% Green Bond-Portfolio orien­tiert sich an den Green Bond Principles (GBP) der ICMA und wurde u.a. mithilfe des ESG-Ratings von Wüest Partner umgesetzt, das die Nachhal­tig­keits­leistung der Immobilien umfassend in allen ESG-Bereichen bewertet.

Wie kann eine Trans­for­mation gelingen?

Um den umfas­senden Prozess der Integration von Green Bonds in die Finan­zie­rungs­stra­tegie genauer zu beleuchten, führten wir ein Interview mit Patrick Thäler, Leiter Capital Markets & Sustaina­bility bei PSP Swiss Property durch. Dabei wurden detail­lierte Einblicke gegeben, welche die Erfolgs­fak­toren dieses grünen Finanz­in­stru­ments im Kontext des Schweizer Sustainable Finance Marktes ergründen und diesen weiter stärken sollen.

André Bittner: Herr Thäler, was sind aus Ihrer Sicht die konkreten Vorteile von Green Bonds für PSP im Vergleich zu herkömm­lichen Finan­zie­rungs­in­stru­menten? Warum haben Sie sich für Green Bonds entschieden und gab es Alter­na­tiven?

Patrick Thäler: Hier müssen wir etwas vorgreifen. Wir sind eine Firma im Schweizer Markt, die in den letzten Jahren oft mit Bonde­mis­sionen am Kapital­markt aktiv war. Bis zum Jahr 2015 hatten wir eine Finan­zierung von ca. 2/3 in Krediten und 1/3 in Bonds. Während des Negativzins-Umfelds war die Finan­zierung über Bonds relativ gesehen oft attrak­tiver als über Kredite. Entspre­chend haben wir immer wieder den Bondmarkt aufge­griffen. Mit Blick auf die wachsenden Volumina auf Seiten der nachhal­tigen Bonds wollten wir sicher­stellen, dass die PSP den ausge­zeich­neten Zugang zum Kapital­markt aufrecht­erhalten kann. Das Instrument und die Umstellung aller ausste­hender Anleihen in diese Green Bonds war eine logische Folge, welche unsere langjäh­rigen nachhal­tigen Inves­ti­tionen in unser quali­tativ hochste­hendes Portfolio wider­spiegeln.

AB: Die Beweg­gründe hinter der Entscheidung, das Portfolio von PSP vollständig auf grüne Anleihen umzustellen, haben Sie bereits angesprochen. War diese Entscheidung haupt­sächlich durch interne Überzeu­gungen motiviert, oder gab es auch externen Druck durch Nachfrage oder Inves­toren?

PT: Wir haben die Entwicklung in Richtung Sustainable Finance schon länger verfolgt, aber der Gedanke unter­schied­liche Arten von Anleihen (Grüne und nicht Grüne) ausstehend zu haben, hat uns nicht überzeugt. Wir legen generell Wert darauf, keine unnötige Komple­xität in die Struktur der PSP zu bringen. Die vollständige einmalige Umstellung aller ausste­henden Bonds war dann der richtige Weg dorthin. Es ist wichtig zu betonen, dass ein solcher Prozess nur möglich ist, wenn man ein Unter­nehmen ist, das seit Jahren nachhaltig inves­tiert, eine übersicht­liche Struktur aufweist und intrin­sisch vom Nachhal­tig­keits­ge­danken überzeugt ist. 

Damit wollten wir den Zugang zum Markt sicher­stellen. In Sachen Green Bonds kam kein externer Druck, denn der Green Bond ist eher als Instrument anzusehen, statt einer Initiative für Nachhal­tig­keits­prak­tiken. Es ist die logische Abbildung der opera­tiven Geschäfts­tä­tigkeit auf die Finan­zierung. Prinzi­piell setzen wir das um, wovon wir als Firma schon lange überzeugt sind. 

AB: Können Sie noch etwas näher auf den gesamten Prozess der Umklas­si­fi­zierung auf ein ganzheit­liches Green Bond Framework eingehen? Wie sind anschliessend die emittierten Green Bonds vom Markt aufge­nommen worden?

PT: Technisch gesehen wurden die Verwen­dungs­zwecke aller Bonds auf Finan­zierung und Refinan­zierung des Green Asset Portfolios geändert. Ein grosser Vorteil während des gesamten Prozesses war, dass wir sowohl von externen wie auch von internen Partnern grosse Unter­stützung hatten. Wir konnten in sämtlichen Abtei­lungen auf ein grosses Know-How zählen, sei es in der Bewirt­schaftung, Bauab­teilung, dem Rechnungs­wesen, Rechts­dienst und selbst­ver­ständlich in der Nachhal­tigkeit, um nur ein Paar zu nennen. Seit der Umklas­si­fi­zierung haben wir ausschliesslich Green Bonds emittiert, die auf dem Markt sehr erfolg­reich platziert werden konnten. In den letzten sechs Monaten waren wir dreimal am Markt präsent und konnten uns bei diesen Emissionen stets unterhalb der Rendi­te­kurve platzieren. Dank unserer günstigen Spread-Kurven konnten wir die neuen Emissionen zu Zinssätzen im niedrigen zweistel­ligen Basis­punkt­be­reich günstiger platzieren als die bereits gehan­delten Anleihen.

AB: Also haben Sie die günsti­geren Finan­zie­rungs­kon­di­tionen von Anfang an erwartet?

PT: Für uns war es immer wichtig, als attrak­tiver Emittent wahrge­nommen zu werden und somit den Zugang zum Markt zu gewähr­leisten. Mit zusätz­licher Nachfrage für Green Bonds seitens Inves­toren lassen sich dann Anleihen für uns tenden­ziell etwas günstiger emittieren. Der effektive Preis­un­ter­schied bei bereits emittierten Anleihen im Vergleich zu Green Bonds (sogenanntes «Greenium») ist schwierig zu definieren, da Anleihen in der Schweiz eher gering im Volumen gehandelt und meist bis zum Verfall gehalten werden. Bei regel­mäs­sigen Bonde­mis­sionen und einem ausste­henden Bondport­folio von ca. CHF 2 Mrd. sind aber bereits wenige Basis­punkte Preis­vorteil materiell.

AB: Stichwort Innovation / Taking Action: Wie haben Sie den Prozess der Trans­for­mation Ihres Portfolios hin zu einem «100% Green Bond Portfolio» erlebt? Gab es Beson­der­heiten, Heraus­for­de­rungen, oder Stolper­steine auf dem Weg?

PT: Der Prozess ist eigentlich für ein Projekt in diesem Ausmass sehr schlank abgelaufen. Was sicher auch auf verläss­liche internen sowie externen Partnern im Projekt zurück­zu­führen war. 

AB: Sind grüne Anleihen Ihrer Meinung nach in den letzten Jahren nach attrak­tiver geworden? Sehen Sie eine mögliche Trend­wende in naher Zukunft?  

PT: In der Schweiz herrscht weiterhin eine gesunde Nachfrage, obwohl wir aus dem europäi­schen Raum eine gewisse Markt­sät­tigung feststellen. Wir sind der Überzeugung, dass ein erfolg­reiches Management des eigenen Geschäfts und das Vertrauen des Marktes grund­le­gende Voraus­set­zungen sind, um derartige nachhaltige Produkte effektiv anbieten zu können. Dabei ist es entscheidend, dass das Gesamt­konzept überzeugt.

AB: Inwiefern hat das ESG-Rating von Wüest Partner bei der Umsetzung des Green Bond Frame­works geholfen? Wie diffe­ren­ziert es sich aus Ihrer Sicht zu anderen Ratings oder Zerti­fi­katen?

PT: Wir haben uns bereits früh infor­miert und uns mit Second Party Opinion Providers zu diesem Thema ausge­tauscht. Dabei haben wir festge­stellt, dass ein solcher Prozess mit zerti­fi­zierten Liegen­schaften sehr viel einfacher umzusetzen und nachzu­weisen ist. Wir halten uns bewusst eher zurück mit Zerti­fi­katen wie BREEAM, SNBS, LEED, etc., weil es auch ein Kosten­faktor ist.

Als wir auf der Suche nach einer geeig­neten Lösung waren, hat sich das Wüest Partner ESG-Rating optimal angeboten. Dadurch, dass Wüest Partner durch die Bewer­tungs­tä­tigkeit schon über viele Daten­punkte verfügt und in der Branche einen guten Ruf geniesst, war es naheliegend, uns für Wüest Partner zu entscheiden. Es war der richtige Zeitpunkt für das richtige Produkt am richtigen Ort. Es war durchaus vorteilhaft solch ein Rating zu haben, es gab aber auch Hinder­nisse insofern, dass die Second Party Provider zunächst über die Metho­do­logie und Bewer­tungs­kri­terien geschult werden mussten, um eine eindeutige Aussage fällen zu können. Was für uns in Zukunft besonders spannend ist, ist die nächste Version des ESG-Ratings von Wüest Partner, da diese GRESB akkre­di­tiert ist und zusätz­liche Synergien für uns ergeben kann.

AB«Sustainable Controlling» wird als viertes Prinzip im inter­na­tio­nalen ICMA Green Bond Framework (GBF) aufge­führt, woran Sie sich ebenfalls orien­tiert haben. Wie stellt PSP sicher, dass die Finan­zierung aus den Green Bonds tatsächlich zur Errei­chung der Nachhal­tig­keits­ziele beiträgt und den ESG-Richtlinien entspricht? Welche Massnahmen werden ergriffen, um die Effek­ti­vität der Mittel­ver­wendung zu überwachen und zu gewähr­leisten?  

PT: Zunächst ist festzu­halten, dass wir bei der PSP eine langjährige Strategie verfolgen, die im GBF wieder­ge­geben wurde. Wir haben den bestehenden Absenkpfad genutzt, welchen wir bereits vorher definiert haben. Das GBF haben wir dementspre­chend angeglichen und imple­men­tiert. Nachhal­tig­keits­be­richte publi­zieren wir bereits seit 10 Jahren und waren eine der ersten, die Verbrauchs­zahlen freiwillig mit limited Assurance auditiert haben lassen. Mit dem GBF haben wir uns selbst nochmals stärker dem Thema Nachhal­tigkeit verpflichtet. Falls wir den von uns gesetzten Absenkpfad nicht einhalten, kann dies negative Auswir­kungen auf die Green Bonds haben und einen Reputa­ti­ons­schaden bewirken. Eine Rückklas­si­fi­zierung der Bonds möchte man dementspre­chend vermeiden. Was sich effektiv mit der Einführung des GBF geändert hat, ist daher die Zunahme der Trans­parenz und des Commit­ments. 

AB: Wenn wir eine Stufe höher auf EU-Ebene blicken, sehen wir auch hier Aktivi­täten im Bereich Green Bonds. Die Einführung des EU Green Bond Standard (EuGBS) sieht vor, dass mindestens 85% der durch die Anleihe aufge­brachten Mittel in wirtschaft­liche Aktivi­täten fliessen, die mit der EU-Taxonomie überein­stimmen müssen. Glauben Sie, dass dieser Standard ausrei­chend ist, um das Risiko von Green­wa­shing effektiv zu minimieren, oder sehen Sie die Notwen­digkeit für strengere Richt­linien oder zusätz­liche Massnahmen, um die Glaub­wür­digkeit und Wirksamkeit grüner Finanz­pro­dukte auch in der Schweiz weiter zu stärken? 

PT: Zu den europäi­schen Standards stellen wir fest, dass diese immer etwas Zeit benötigen bis sie in der Schweiz ankommen, irgendwann aber doch über den inter­na­tional vernetzten Kapital­markt relevant werden. Es ist immer schwierig, einen guten Mittelweg zwischen Regulierung und Eigen­ver­ant­wortung zu finden. Die Europäische Union tendiert dazu möglichst viel regulieren zu wollen.
Wir als nur in der Schweiz tätige Immobi­li­en­ge­sell­schaft haben sicher rein von der Komple­xität des Geschäfts her Vorteile im Vergleich zu inter­na­tional agierenden Unter­nehmen. Das ganze Nachhal­tig­keits­re­porting ist im Vergleich zu den tradi­tio­nellen Finanz­kenn­zahlen aber noch in einem frühen Stadium, ich gehe davon aus und hoffe auch, dass sich dort noch viel standar­di­sieren lässt. 

AB: Verlassen wir Bonds für einen Moment und widmen uns dem Equity Bereich. In Ihrem Geschäfts­be­richt 2023 schreiben Sie, dass PSP bei einer Adapt­ation der Green Equity Principles, die durch die World Federation of Exchanges (WFE) heraus­ge­geben wurden, in der Schweiz als Vorreiter agieren möchte und ebenfalls eine Akkre­di­tierung anstrebt. Können Sie hierzu genauer auf die Gründe eingehen? Wie genau möchten Sie das erreichen? 

PT: Dadurch, dass wir zusätzlich unsere Kredite in Sustainability-Linked Loans umgewandelt haben, ist nun unsere gesamte Verschuldung an Nachhal­tig­keits­ziele geknüpft. Es macht daher bei der Betrachtung der Bilanz Sinn, den letzten fehlenden Teil – Equity – ebenfalls zu labeln. Die Green Equity Principles der World Federation of Exchanges dienen hier als Grundlage. Man wird momentan von diversen Firmen beurteilt, bekommt eine Bewertung und ist nach aussen hin immer noch nicht ganz trans­parent und vergleichbar. So haben wir Bewer­tungen in einer extremen Spann­weite von D- bis AAA erhalten. Die Green Equity Principles machen meiner Meinung nach deshalb Sinn, da sie von der Börse adminis­triert und abgesegnet werden und ein anderes Gewicht haben können.  

AB: Ich bedanke mich, Herr Thäler, für das infor­mative Gespräch und Ihre Einblicke in die Welt der Green Bonds. Ich bin gespannt und zuver­sichtlich was sich in Zukunft im Bereich Sustainable Finance und Green Bonds im Schweizer Finanz­platz entwi­ckeln wird. 

PT: Sehr gerne, vielen Dank.

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