Gemeindespezifische Bevölkerungsperspektiven für den Kanton Graubünden
Veröffentlicht am: 08. September 2025
Der Kanton Graubünden steht vor einer vielfältigen demografischen Zukunft: Während die Bevölkerung in einigen Gemeinden wächst, schrumpft sie in anderen – oftmals verbunden mit einer zunehmenden Überalterung. Wie unterschiedlich sich die Bündner Gemeinden entwickeln, zeigen die von Wüest Partner im Auftrag des Kantons Graubünden aktualisierten Bevölkerungsperspektiven. Diese bilden eine wichtige Grundlage für eine vorausschauende Infrastrukturplanung und die regionale Standortentwicklung im Bergkanton. Die wichtigsten Ergebnisse werden in diesem Beitrag aufgezeigt.
Die Bevölkerung in der Schweiz entwickelt sich je nach Region und Gemeindetyp sehr unterschiedlich. Während in den Agglomerationen im Mittelland auch zukünftig ein starkes Wachstum zu erwarten ist, gibt es innerhalb der Bergkantone erhebliche Unterschiede in den Entwicklungsdynamiken (vgl. auch Studie «Sozioökonomie der Berggebiete»).
So auch im Kanton Graubünden: Viele gut erschossene Talgemeinden mit Zentrumsfunktion, wie beispielsweise Ilanz, florieren und weisen ein dynamisches Wachstum auf. In einigen Tourismusgemeinden, wie beispielsweise Davos oder St. Moritz, ist die Wohnungsknappheit ähnlich akut wie in den Wirtschaftszentren im Mittelland. Dort ist die Nachfrage seit der Covid-Pandemie angestiegen und der Erstwohnungsbestand stagniert. In abgelegeneren Tälern des Engadins hingegen ist der Bevölkerungsschwund bereits heute Realität.
Bevölkerungsentwicklung in den Bündner Gemeinden
Das zeigt sich in der nachfolgenden Karte, in der das annualisierte Bevölkerungswachstum der Jahre 2015 bis 2024 für die 100 Gemeinden des Kantons Graubünden abgebildet ist. Es ist eine nord-süd ausgerichtete Achse von Maienfeld im Norden bis Roveredo im Süden zu erkennen, die in den letzten zehn Jahren ein dynamisches Wachstum aufwies. In der westlichen Surselva und im Osten des Kantons hingegen war die Bevölkerungszahl in den letzten 10 Jahren teilweise um mehr als 1% pro Jahr rückläufig.
Es ist zu erwarten, dass die regionalen Diskrepanzen sich weiter verstärken werden. Die zweite Karte zeigt die annualisierten Wachstumsraten für den mittelfristigen Prognosehorizont von 2025 bis 2040. Das Wachstum konzentriert sich in diesem Zeitraum voraussichtlich auf Schwerpunkte im Norden um Maienfeld und im Süden um Roveredo. Ausserdem bleibt die Gemeinde Laax weiterhin sehr dynamisch. Das westliche und das östliche Ende des Kantons hingegen dürften weiterhin schrumpfen.
Bevölkerungsentwicklung im Kanton Graubünden
Per Ende 2024 zählte der Kanton Graubünden gut 206’000 Einwohnende. Das durchschnittliche jährliche Bevölkerungswachstum in den letzten zehn Jahren betrug 0.51%. Um mit der inhärenten Unsicherheit einer Prognose umzugehen, wurden für den Kanton Graubünden drei Szenarien geschätzt. Gemäss dem mittleren – und als am wahrscheinlichsten erachteten – Szenario wächst die Bevölkerung bis 2040 voraussichtlich im moderaten Tempo von 0.26% pro Jahr auf 215’000 Personen an. Das sind ungefähr 9’000 Personen mehr als 2024 (+4.3%). Danach dürfte sich die Dynamik deutlich reduzieren, da die (zwar robuste) Zuwanderung den zunehmend negativer werdenden Geburtenüberschuss nicht mehr zu kompensieren vermag. Im Zeitraum von 2041 bis 2055 beträgt das durchschnittliche jährliche Bevölkerungswachstum voraussichtlich noch 0.02%, sodass bis 2055 ein Einwohnerstand von 216’000 Personen resultiert. Das sind ungefähr 1’000 Personen mehr als 2040 (+0.3% ggü. 2040), respektive ungefähr 10’000 Personen mehr als 2024 (+4.6% ggü. 2024).
Die Szenarien «hoch» und «tief» stellen mögliche Alternativen dar. Für die örtliche Infrastrukturplanung und Richtplanung wird das hohe Szenario als maximal benötigte Kapazität definiert. Im hohen Szenario erreicht die Bevölkerungszahl 2055 ungefähr 244’000 Personen (+18.3% ggü. 2024). Im tiefen Szenario hingegen erreicht die Bevölkerungszahl 2055 nur ungefähr 184’000 Personen (-10.8% ggü. 2024).
Entwicklung der Altersstruktur
Bis 2055 ist im Kanton Graubünden eine weitere deutliche Alterung der Bevölkerung zu erwarten. Im Vergleich zum Jahr 2023 sinkt die Zahl der Jungen, dafür steigt die Zahl der Personen über 65 Jahre stark an. Entsprechend wird der Anteil der älteren Bevölkerung deutlich zunehmen. Während der Anteil, der über 65-Jährigen 2023 noch bei 23% lag, dürfte dieser bis 2055 auf 33% ansteigen.
Fazit
Wüest Partner hat im Auftrag des Kantons Graubünden aktualisierte Bevölkerungsperspektiven für die 100 Bündner Gemeinden erstellt. Die Bevölkerungsentwicklung dürfte je nach Gemeinde sehr unterschiedlich ausfallen. Eine grosse Herausforderung besteht in der zunehmenden demografischen Alterung, die besonders abgelegene Gemeinden vor Probleme bei der Versorgung und Infrastrukturplanung stellt. Zudem erschwert die starke Heterogenität in der regionalen Entwicklung – von wachstumsstarken Gemeinden mit guter Erschliessung über beliebte Tourismusgemeinden bis hin zu schrumpfenden Randregionen – eine einheitliche kantonale Planung und verlangt nach differenzierten Strategien.
Zur Erarbeitung dieser lokalen Bevölkerungsperspektiven wurde das Wüest Partner Bevölkerungsprognosemodell eingesetzt. Das Modell ermöglicht es, die Entwicklung der ständigen Wohnbevölkerung auf Gemeindeebene nach Alter, Geschlecht und Nationalität bis 2055 vorherzusagen. Das Modell besteht im Kern aus einem Kohorten-Komponentenansatz, angereichert um einschlägige zukunftsgerichtete Indikatoren zur absehbaren Bautätigkeit, dem Verdichtungspotenzial und der Attraktivität der Gemeinden. Ausserdem wurden vom Kanton Graubünden zur Verfügung gestellte Informationen zu Bauprojekten sowie Experteneinschätzungen zu lokalen Dynamiken berücksichtigt.
Wüest Partner durfte seit 2015 fünf regionale Bevölkerungsperspektiven für die Verwaltung des Kantons Graubündens erstellen. Diese bilden eine zentrale Grundlage für die örtliche Infrastruktur- und Raumplanung.
Gerne beraten wir Sie, wie unsere demografischen Prognosen auch Ihre Planung unterstützen können, beispielsweise als Grundlage für die Schulraumplanung, Finanzplanung, Bauzonendimensionierung oder Gesundheitsinfrastrukturbereitstellung.