Nachhaltige Schulraumplanung – Baldige Trendwende bei Schülerzahlen
15. Januar 2025

Drei Beiträge zur nachhaltigen Schulraumplanung befassen sich jeweils mit einem zentralen Aspekt: Der erste Beitrag legt den Fokus auf die Schülerprognose bis 2040, während der zweite Beitrag strategische Optionen bei der Schulraumplanung in den Mittelpunkt stellt. In einem dritten Beitrag werden Fragen der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit in der Schulraumplanung thematisiert.
Die Schweiz steht in den nächsten 30 Jahren vor grossen demografischen Herausforderungen. Eine alternde Bevölkerung, niedrige Geburtenraten und Migration werden die Bevölkerungsentwicklung prägen. Dies erfordert eine vorausschauende Planung. Die öffentliche Hand muss angemessen in Infrastrukturgebäude investieren, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Dazu gehören neben Gesundheitseinrichtungen insbesondere die Schulen. Die Volksschule hat für die Gemeinden eine hohe Budgetrelevanz, da Bau und Betrieb der Schulgebäude eine bedeutende Position im kommunalen Finanzhaushalt darstellen. Es lohnt sich, einen genaueren Blick auf die Entwicklung der Schülerzahlen zu werfen, denn wir stehen vor einer Trendwende.
Divergierende Entwicklung
Wüest Partner erwartet, dass die Schweizer Bevölkerung auch im nächsten Jahrzehnt dynamisch wachsen wird. Die Anzahl der Schulkinder hingegen dürfte schon bald stagnieren. Bisher nahmen diese beiden Grössen noch im Gleichschritt zu. Seit 2010 wuchs die Schweizer Bevölkerung um starke 14%. Fast so stark wuchs auch die Anzahl der Schulkinder. 2023 besuchten rund 1.01 Millionen Schülerinnen und Schüler die obligatorische Schule (95% in öffentlichen Schulen, 5% in Privatschulen). Diese umfasst Kindergarten, Primarschule und Sekundarstufe 1. Das Alter der Schülerinnen und Schüler in der obligatorischen Schule beträgt zu Beginn des jeweiligen Schuljahrs in der Regel 4 bis 14 Jahre. Die Bevölkerung wird gemäss Prognose von Wüest Partner bis 2040 relativ linear weiterwachsen (+11% gegenüber 2023). Die Schülerzahl hingegen dürfte sich währenddessen eher seitwärts bewegen. Bis 2028 erhöht sich die Zahl der Schulkinder noch um rund 14’000, womit dann der Höchststand erreicht wäre. Anschliessend setzt ein langsamer Rückgang ein, sodass bis 2040 gut 24’000 Schulkinder weniger als im Spitzenjahr zu erwarten sind.
Was beeinflusst die Entwicklung von Schülerzahlen?
Die Entwicklung der Schülerzahlen wird von drei zentralen Einflussgrössen beeinflusst:
- Demografie: Der für das Jahr 2028 prognostizierte Höchststand der Anzahl Schülerinnen und Schüler ist auf den Schuleintritt der Enkelkinder der Babyboomer zurückzuführen. 1964 war das Jahr, in dem in der Schweiz am meisten Mädchen geboren wurden. Die Frauen dieses Jahrgangs brachten im Durchschnitt im Alter von 28 Jahren Kinder auf die Welt. Der Jahrgang 1992 bildet somit ein weiteres lokales Geburtenhoch. Diese Generation bekommt im Schnitt mit 33 Jahren Kinder und sorgt 2025 für den nächsten Höhepunkt bei der Zahl der Geburten. Mit 4 Jahren treten die Kinder dieser Generation in den Kindergarten ein, was einen Höhepunkt bei den Schülerzahlen kurz vor 2030 ergibt. Danach folgen vielerorts kleinere Elternjahrgänge, was folglich zu leicht rückläufigen Schülerzahlen führt.
- Wanderungssaldo: In unserem nationalen Bevölkerungsszenario gehen wir von einem leichten Rückgang des Wanderungssaldos ab 2030 aus. Der wichtigste Grund für die sinkende Zuwanderung ist der Rückgang des Arbeitskräftepotenzials in den wichtigsten Herkunftsländern. Insbesondere in Deutschland und Italien sowie in geringerem Umfang auch in Frankreich, wird erwartet, dass sich die Erwerbsbevölkerung aufgrund der starken Alterung der Gesellschaft bis 2040 deutlich verkleinert (-10% in Italien, -6% in Deutschland, -2% in Frankreich). Es dürfte dem attraktiven Schweizer Arbeitsmarkt zwar auch in Zukunft gelingen, Fachkräfte aus dem Ausland anzuziehen, aber das Wachstum könnte sich etwas verlangsamen. Da sich ein Grossteil der Zuwanderinnen im gebärfähigen Alter befindet, wird eine geringere Zuwanderung langfristig zu sinkenden Geburtenzahlen und folglich zu weniger Schulkinder führen.
- Fertilitätsrate: In den Jahren 2022 und 2023 ging die Fertilitätsrate schweizweit deutlich zurück. Die zusammengefasste Geburtenziffer ist definiert als die durchschnittliche Kinderzahl, die eine Frau – basierend auf den aktuell beobachteten Geburtenraten jeder Altersklasse – im Laufe ihres Lebens zur Welt bringen würde. Sie erreichte im Jahr 2023 rekordtiefe 1.33, nachdem der Durchschnittswert der 2010er-Jahre noch bei 1.52 gelegen hatte. Auch im Jahr 2024 zeigten sich keine Anzeichen für eine Erholung. Mittelfristig könnte sich die Fertilitätsrate jedoch wieder leicht erhöhen, da ein Teil des jüngsten Rückgangs auf ein Herauszögern der Familiengründung zurückzuführen sein könnte und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Fertilitätsmedizin Fortschritte machen dürften.
Umzugsbewegungen entscheidend für lokale Schülerzahlen
Die oben dargestellten Ausführungen erfolgten aus gesamtschweizerischer Sicht. Allerdings ist die Heterogenität innerhalb der Schweiz sehr gross. Für die Entwicklung der Schülerzahlen in einer Gemeinde oder einer Region ist neben Demografie, Zuwanderung und Fertilität auch das Umzugsverhalten junger Familien entscheidend. So verzeichnen Schweizer Grossstädte bei Personen im typischen Familiengründungsalter einen negativen Wanderungssaldo, weil das Angebot an familienfreundlichem Wohnraum in den Innenstädten sehr begrenzt ist. Die Agglomerationsgemeinden im Umkreis dieser Grossstädte weisen hingegen einen deutlich positiven Saldo auf, insbesondere dort, wo das Wohnungsangebot wächst. Bei gut erschlossenen, mittelgrossen Gemeinden sind die Ausgestaltung von Familien- und Steuerpolitik sowie die Bau- und Zonenordnung ausschlaggebend. Die Städte Lenzburg und Dübendorf etwa haben in den letzten Jahren dank reger Bautätigkeit viele junge Familien angezogen und erwarten nun einen deutlichen Anstieg der Schülerzahlen.
Grosse Unterschiede je nach Gemeindetyp
Die meisten Gemeinden verzeichneten in der jüngeren Vergangenheit steigende Schülerzahlen und in einigen wird sich dieser Trend auch künftig fortsetzen. Allerdings gibt es auch Gemeinden, in denen die Schülerzahlen – wie auf nationaler Ebene – nur noch wenige Jahre steigen, bevor sie zu sinken beginnen. In einigen Gemeinden hat dieser Rückgang bereits eingesetzt. Insgesamt sind es vor allem städtische und eher bevölkerungsreiche Gemeinden, in denen die Schülerzahlen langfristig wachsen. In den eher kleinen, periurbanen und ländlichen Gemeinden hingegen werden die Schülerzahlen in vielen Fällen rückläufig sein. Gemeinden mit mittelfristig noch steigenden, aber langfristig sinkenden Schülerzahlen sind von der Grösse her recht unterschiedlich aufgestellt. Zu dieser Kategorie zählen sowohl Grossstädte wie Zürich und Basel als auch viele kleinere Gemeinden.
Rückgang vor allem in ländlichen Regionen
Während in grossen Teilen der Ostschweiz, im Jurabogen und in den alpinen Regionen (blau eingefärbte MS-Regionen) die Schülerzahlen bis 2040 voraussichtlich sinken werden, dürften sie in der Region Zürich, im Aargau sowie rund um den Genfersee (rot eingefärbte MS-Regionen) auch langfristig weiterwachsen.
Fazit
Die Entwicklung der Schülerzahlen unterscheidet sich nicht nur stark von Region zu Region, sondern variiert auch innerhalb derselben nach Gemeindetyp. Verschiedene Faktoren wie Demografie, Wanderungssaldo, Fertilität und Umzugsverhalten prägen diese Entwicklung. Darüber hinaus können kommunale Entscheide wie Anpassungen der Bau- und Zonenordnung oder familienpolitische Massnahmen mit einiger Verzögerung zu Veränderungen bei den Schülerzahlen führen.
Ausblick
Im zweiten Beitrag (erscheint Ende Januar) werden Handlungsansätze für eine gelingende mittel- bis langfristige Schulraumplanung vorgestellt, sowie Fragen der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit analysiert. Dabei geht es beispielsweise um die Abwägung zwischen Neubauten und Umnutzungen bestehender Gebäude oder zwischen Fixbauten und Provisorien.
Das Bevölkerungsprognosemodell von Wüest Partner
Das Bevölkerungsprognosemodell von Wüest Partner ermöglicht es, die Entwicklung der ständigen Wohnbevölkerung auf Gemeindeebene nach Alter, Geschlecht und Nationalität bis 2050 vorherzusagen. Das Modell erlaubt es damit, die Zahl der Kinder im schulpflichtigen Alter oder andere von der demografischen Zusammensetzung der Bevölkerung abhängige Entwicklungen zu prognostizieren.
Angebot Schulraumplanung
Steht in Ihrer Gemeinde eine Schulraumplanung an?
Gerne unterstützen wir Sie dabei, mittels detaillierten Schülerprognosen den mittel- und langfristigen Schulraumbedarf und den daraus abgeleiteten Handlungsbedarf zu ermitteln.
Tagesseminar Schulraumplanung und Umsetzung
In Zusammenarbeit mit dem Verband Zürcher Schulpräsidien findet am 30. Januar 2025 und am 1. Oktober 2025 jeweils ein Tagesseminar zur Schulraumplanung und Umsetzung statt.

Immo-Monitoring
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