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Büroflächennachfrage in Zeiten struktureller Veränderungen

13. Januar 2025

Die Nachfrage nach Büroflächen wurde seit der Coronapandemie durch ein starkes Beschäftigungswachstum gestützt, während strukturelle Veränderungen wie Homeoffice und Desk-Sharing diese eher gedämpft haben. Im folgenden Blogbeitrag wollen wir die neusten Erkenntnisse zu der veränderten Büroflächennachfrage anhand der Resultate der «Büroflächen-Barometer»-Befragung aufzeigen und in die jüngsten Entwicklungen am Schweizer Arbeitsmarkt einordnen sowie einen Blick auf die zukünftige Entwicklung werfen.  

Stabilisierung der Homeoffice-Quoten

Eine realistische Einschätzung des zukünftigen Büroflächenbedarfs muss die veränderten Rahmenbedingungen seit der Coronapandemie einbeziehen. Im Vergleich zu früher wird heute bei vielen Unternehmen pro neue Arbeitsstelle weniger zusätzliche Fläche benötigt, da ein signifikanter Anteil der Arbeit im Homeoffice erbracht wird und parallel das Konzept des Desk-Sharing eingeführt wurde. Laut der aktuellen «Büroflächen-Barometer»-Erhebung liegt der durchschnittliche Homeoffice-Anteil bei 32%. Dieser Wert ist zwar deutlich höher als vor der Pandemie, jedoch tiefer als während der Hochphase der Krise.

Kurzfristig scheint sich eine Stabilisierung der Homeoffice-Quote abzuzeichnen. Unternehmen erwarten für die Zukunft ähnliche Werte von rund 33%. Frühere Befragungen aus dem Jahr 2022 gingen noch von höheren zukünftigen Quoten von bis zu 40% aus. Diese Stabilisierung dürfte die Nachfrage nach Büroflächen grundsätzlich stützen, auch wenn sich die Nutzungsmuster verändert haben.

Effizientere Flächennutzung durch Desk-Sharing und Untermiete

Die Unternehmen haben auf die veränderten Arbeitsweisen mit einer Reihe von Anpassungen reagiert. Einerseits wurden organisatorische Massnahmen wie die Einführung einer Mindestanwesenheitsquote ergriffen, die gemäss Umfrage bei rund 42% der Unternehmen implementiert wurde. Andererseits werden die vorhandenen, durch das vermehrte Homeoffice oft untergenutzten, Flächen zunehmend effizienter genutzt – etwa durch Desk-Sharing.

Laut der «Büroflächen-Barometer»-Umfrage nutzen aktuell rund 32% der befragten Unternehmen Desk-Sharing und dieser Anteil dürfte zukünftig sogar noch weiter ansteigen. Denn die Umfrageresultate zeigen, dass künftig rund 38% der Unternehmen auf Desk-Sharing setzen werden. Bei den Grossunternehmen mit über 250 Mitarbeitenden soll der Anteil sogar auf 74% steigen. Dies ist weit mehr als die 12% von vor der Coronapandemie.

Nicht nur eine effizientere interne Verwendung der Flächen, sondern auch eine Vermietung der Flächen dürfte bei vielen Unternehmen vorstellbar sein. So zeigten unsere jüngsten Analysen zur Untermiete, dass der Anteil der zur Untervermietung ausgeschriebenen Büroflächen im Vergleich zu dem Niveau vor der Pandemie von durchschnittlich etwa 2% (Mittelwert 2014 bis 2020) auf über 5% (Mittelwert seit Anfang 2022) angestiegen ist («Die Rolle der Untermiete im Wohn- und Geschäftsflächenmarkt der Schweiz»).

Trotz dieser Massnahmen liegt die aktuelle Belegungsquote der Arbeitsplätze in den befragten Unternehmen bei durchschnittlich 72%. Ein mögliches Beschäftigungswachstum müsste sich daher nicht zwangsläufig in einem höheren Flächenbedarf niederschlagen.

Entwicklung am Schweizer Arbeitsmarkt

Die Ende November veröffentlichte Beschäftigungsstatistik für das 3. Quartal 2024 deutet auf eine Stabilisierung des Beschäftigungswachstums in der Schweizer Wirtschaft hin. In den klassischen Bürobranchen war das Beschäftigungswachstum, gemessen an der Zahl der Vollzeitstellen, zwar mit 1.5% im Vergleich zum Vorjahr weiterhin über dem Gesamtmarkt (+1.4%), jedoch unter dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre (+1.7%). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bürobranchen seit Ausbruch der Pandemie eine besonders dynamische Entwicklung verzeichneten. Diese hat entscheidend dazu beigetragen, dass sich die Nachfrage nach Büroflächen trotz des steigenden Homeoffice-Anteils und einer effizienteren Flächennutzung durch Desk-Sharing nicht rückläufig entwickelt hat.

Beschäftigungsausblick

Wüest Partner erwartet auch in den nächsten Jahren ein solides Stellenwachstum in den Bürobranchen. Bis 2030 prognostizieren wir einen durchschnittlichen Zuwachs von 1.6% pro Jahr. Dies entspricht im Total rund 100’000 zusätzlichen Arbeitsplätzen (gemessen in Vollzeitäquivalenten) entspricht. Die meisten dieser neuen Stellen dürften in der Informationstechnologie, in der Unternehmensberatung sowie in finanznahen Dienstleistungen (u.a. Fintech-Unternehmen, Fondsmanagement, Effekten- und Warenhandel) entstehen.

Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass langfristige Trends, wie der demographische Wandel und der Einsatz von künstlicher Intelligenz die Notwendigkeit von zusätzlichen Arbeitskräften senken. Mögliche Effizienzgewinne durch generative KI im Immobiliensektor haben wir in diesem Blogbeitrag «Wie hoch sind die Effizienzgewinne durch generative KI für den Immobiliensektor?» beschrieben. Die mittelfristige Beschäftigungserwartung ist damit nicht mehr ganz so dynamisch wie im Durchschnitt der letzten Dekade. Dennoch dürfte sie intakt bleiben und so für zusätzliche Nachfrage nach Büroflächen sorgen.

Zukünftiger Büroflächenbedarf – Auch abhängig von der Belegungsquote

Die strukturellen Veränderungen, welche die Nachfrage nach neuen Büroflächen tendenziell dämpfen, und die positive Beschäftigungsentwicklung wirken derzeit also noch in gegensätzliche Richtungen. Eine quantitative Abschätzung, welcher der beiden Faktoren mittelfristig überwiegen wird, bleibt damit herausfordernd. Daher haben wir in der «Büroflächen-Barometer»-Befragung die Unternehmen nach ihrer Einschätzung für den zukünftigen Büroflächenbedarf gefragt. Dies erlaubt zumindest eine qualitative Einschätzung über die künftige Entwicklung der Nachfrage nach Büroflächen.

Die Mehrheit der Unternehmen geht davon aus, dass die Grösse ihrer aktuellen Büroflächen unverändert bleibt. 26% rechnen eher mit einem Anstieg: 24% mit einem moderaten, 2% mit einem deutlichen. Im Gegensatz dazu planen 14% eine Verkleinerung ihrer Flächen, wobei die Mehrheit nur geringe Anpassungen vornehmen will. Erwartungsgemäss ist dabei der Anteil der Unternehmen, die ihre Flächen verringern wollen, kleiner, je höher die Belegungsquote ausfällt. Der zusätzliche Flächenbedarf besteht jedoch nicht unbedingt bei den Flächen für klassische Arbeitsplätze. Die Befragung zeigt, dass bei vielen Unternehmen vor allem der Wunsch nach zusätzlichen Flächen für Meeting-Räume und den Kundenbereich, aber auch für Fokus-, Rückzugs- und Erholungsbereiche besteht.

Fazit

Die Nachfrage nach Büroflächen wird durch strukturelle Veränderungen wie Homeoffice und Desk-Sharing weiterhin geprägt. Jedoch dürfte die Stabilisierung der Homeofficequoten dafür sprechen, dass zwar der Transformationsprozess in die neue Arbeitswelt noch nicht überall abgeschlossen ist, die ganz grossen negativen Effekte für die Büroflächennachfrage in der Schweiz aber ausgeblieben sind. Dies ist nicht zuletzt auf ein dynamisches Beschäftigungswachstum in den letzten Jahren zurückzuführen.

Besonders der Einsatz von künstlicher Intelligenz – insbesondere generativer KI – könnte die Notwendigkeit für zusätzliche Arbeitskräfte in Bürobranchen jedoch zukünftig deutlich verringern. KI verspricht erhebliche Produktivitäts- und Effizienzgewinne bei repetitiven Aufgaben, wodurch weniger neues Personal eingestellt werden müsste. Obwohl wir auch mittelfristig robustes Beschäftigungswachstum in den klassischen Bürobranchen erwarten und dies gemäss der Umfrage auch in höherem Flächenverbrauch resultieren könnte, bleibt der zusätzliche Flächenbedarf – insbesondere nach zusätzlichen Arbeitsplätzen -daher moderat. Der zukünftige Fokus des Flächenbedarfs liegt vermehrt auf flexibleren Räumen wie Meeting-Zonen, Rückzugsbereichen und Kundenbereichen.

Welche Anforderungen die Unternehmen an die Büroräumlichkeiten stellen würden und wo sich diese optimalerweise befinden, haben wir in einem separaten Blogbeitrag «Wandelnde Ansprüche an das moderne Büro» behandelt.

Der «Büroflächen-Barometer» von Wüest Partner
Der «Büroflächen-Barometer» von Wüest Partner ist eine gesamtschweizerische Umfrage, die sich an Entscheidungsträger in Unternehmen, welche Büroflächen nutzen, richtet. Dabei werden rund 300 Schweizer Unternehmen zur aktuellen Büroarbeitsplatzsituation und zur längerfristigen strukturellen Büroflächennachfrage befragt. Die Umfrage wurde zwischen 2020 und 2022 jährlich und nun im Jahr 2024 durchgeführt.

Lesen Sie mehr über die kurz- und langfristigen Perspektiven des Schweizer Büroflächenmarktes im Immo-Monitoring.

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