Weiter zum Ihnhalt

Energe­tische Sanie­rungen im Wohnge­bäu­depark und deren ökono­mische Auswir­kungen

Letzte Aktualisierung: 06. Mai 2025

In der ganzen Schweiz werden Öl- und Gashei­zungen durch umwelt­freund­li­chere Alter­na­tiven ersetzt und Gebäude nachge­dämmt. Diese energe­ti­schen Sanie­rungen erfordern beträcht­liche Inves­ti­tionen, ermög­lichen aber gleich­zeitig Heizkos­ten­er­spar­nisse und Markt­wert­stei­ge­rungen. Wie viel muss die Schweiz noch inves­tieren, um den Wohnge­bäu­depark klima­neutral zu machen? Und lohnen sich diese Inves­ti­tionen für Eigen­tümer und Mieter?

Nachhal­tig­keits­lücke bei Wohnge­bäuden

Im Jahr 2022 war der Betrieb der Wohnge­bäude für 15 Prozent der gesamten Treib­haus­gas­emis­sionen der Schweiz verant­wortlich. Obwohl die Emissionen seit 1990 um 44 Prozent reduziert wurden, sind weitere Anstren­gungen notwendig. Im Jahr 2023 waren rund 65 Prozent aller Mehrfa­mi­li­en­häuser und 60 Prozent der Einfa­mi­li­en­häuser, die als Erstwohn­sitze genutzt werden, noch nicht nachhaltig beheizt. Dies betrifft etwa 931’000 Gebäude.

Umfas­sende Model­lierung der energe­ti­schen Sanie­rungen

Wüest Partner hat in einer neuen Studie die wirtschaft­lichen Auswir­kungen der energe­ti­schen Sanierung des Schweizer Wohnge­bäu­de­parks bis 2050 quanti­fi­ziert. Gestützt auf umfas­sende Daten­grund­lagen model­lierten wir für jedes der 931’000 noch nicht nachhaltig beheizte Wohnge­bäude zwei Sanie­rungs­sze­narien. Im Szenario 1 «Umfas­sende energe­tische Sanierung» ersetzen nachhaltige Heizsysteme die Öl‑, Gas- und Elektro­hei­zungen, und die Gebäu­de­hülle wird nachge­dämmt. Im Szenario 2 «Reiner Heizungs­ersatz» erfolgt lediglich der Austausch der Heizungen. Zunächst ermit­telten wir den Inves­ti­ti­ons­bedarf, wobei Förder­gelder und Steuer­erspar­nisse vom Brutto­in­ves­ti­ti­ons­bedarf abgezogen wurden. Den so berech­neten Netto­in­ves­ti­ti­ons­bedarf stellten wir der resul­tie­renden Markt­wert­stei­gerung gegenüber, um die Attrak­ti­vität der Sanie­rungen zu beurteilen. Bei Eigen­tums­lie­gen­schaften betrach­teten wir neben der Markt­wert­ori­en­tierung in der Perspektive Verkauf auch die Perspektive Weiter­nutzung mit Fokus auf einge­sparte Heizkosten und getätigte Instand­set­zungen. Bei Mietlie­gen­schaften wurde ausserdem der Effekt auf die Brutto­miete analy­siert.

Die wichtigsten Ergeb­nisse

  • Ökolo­gische Nachhal­tigkeit: Beide Szenarien erfüllen die Vorgabe des vom Stimmvolk legiti­mierten Klima­ge­setzes (KlG), wonach Gebäude ihre Scope-1-Treibhausgasemissionen bis 2050 auf Null reduzieren sollen (Art. 4 Abs. 1 KIG). Im Szenario «Umfas­sende energe­tische Sanierung» wird darüber hinaus der Energie­bedarf stärker reduziert als im Szenario «Reiner Heizungs­ersatz», bei dem der Wärme­bedarf unver­ändert bleibt.
  • Inves­ti­ti­ons­bedarf: Energe­tische Sanie­rungen erfordern erheb­liche finan­zielle Mittel. Aus den beiden Szenarien resul­tiert eine geschätzte Bandbreite des Brutto­in­ves­ti­ti­ons­be­darfs bis 2050 von 52 bis 228 Milli­arden Franken zu aktuellen Preisen. In diesen Beträgen sind alle ohnehin fälligen Instand­set­zungs­mass­nahmen inbegriffen. Das heisst, es handelt sich nicht um Zusatz­kosten aufgrund des KIG, sondern um eine Schätzung des energe­ti­schen Inves­ti­ti­ons­um­fangs bei den 931’000 Wohnge­bäuden. Dabei stellt das Szenario «Reiner Heizungs­ersatz» den Mindest­bedarf dar; das Szenario «Umfas­sende energe­tische Sanierung» ist als Schätzung im oberen Bereich zu inter­pre­tieren.
  • Wertstei­ge­rungen: Die aus den Sanie­rungs­mass­nahmen resul­tie­renden Markt­wert­stei­ge­rungen betragen 81 Milli­arden Franken im Szenario «Reiner Heizungs­ersatz» und 168 Milli­arden Franken im Szenario «Umfas­sende energe­tische Sanierung». Nach Abzug von Förder­geldern und Steuer­spar­nissen ergibt sich für die Eigen­tümer im Szenario «Umfas­sende energe­ti­schen Sanierung» gesamthaft über alle zu sanie­renden Wohnge­bäude eine schwarze Null, während das Szenario «Reiner Heizungs­ersatz» einen deutlich positiven Return on Investment verspricht (vgl. Netto­in­ves­ti­tionen gegenüber Markt­wert­stei­gerung in Abbildung 1).
  • Wirtschaft­lichkeit: Die Renta­bi­lität für den Eigen­tümer variiert je nach Objekt und Sanie­rungs­mass­nahme, zeigt jedoch klare Muster. Sie sinkt typischer­weise mit der Sanie­rungs­tiefe, steigt jedoch mit der Höhe der staat­lichen Unter­stützung, der Grösse der Liegen­schaft und dem lokalen Preis­niveau.
  • Mietob­jekte: Eine positive Wirtschaft­lichkeit von energe­ti­schen Sanie­rungen ist bei Mietwoh­nungen häufiger gegeben als bei Wohnei­gentum, da bericht­erstat­tungs­pflichtige insti­tu­tio­nelle Inves­toren bereit sind, eine höhere Prämie für nachhaltige Liegen­schaften zu zahlen als Privat­per­sonen. Darüber hinaus werden die Inves­ti­ti­ons­kosten bei Rendi­te­lie­gen­schaften teilweise zwischen Mietern und Eigen­tümern aufge­teilt. Bei gut der Hälfte der Mehrfa­mi­li­en­häuser mit Mietwoh­nungen ist eine umfas­sende energe­tische Sanierung für den Eigen­tümer kosten­de­ckend durch­führbar (vgl. Abbildung 2).
  • Wohnei­gentum: Die energe­tische Sanierung von Wohnei­gentum ist wirtschaftlich attrak­tiver bei einer Weiter­nutzung als bei einem Verkauf. Im Falle eines Verkaufs lohnt sich eine vorher­ge­hende umfas­sende Sanierung meist nicht, wohin­gegen ein reiner Heizungs­ersatz bei vielen Liegen­schaften wirtschaftlich attraktiv ist. Für die Weiter­nutzung lohnt sich die umfas­sende energe­tische Sanierung dank der erheb­lichen Heizungs­kos­ten­er­spar­nisse bei gut der Hälfte der Einfa­mi­li­en­häuser und bei gut einem Drittel der Mehrfa­mi­li­en­häuser mit Eigen­tums­woh­nungen (vgl. Abbildung 3).
  • Soziale Nachhal­tigkeit: Mieter profi­tieren nach energe­ti­schen Sanie­rungen typischer­weise von niedri­geren Gesamt­wohn­kosten, da die deutlich gerin­geren Heizkosten in den meisten Fällen einen möglichen Anstieg der Netto­mieten überkom­pen­sieren. Hochge­rechnet auf alle zu sanie­renden Mietlie­gen­schaften der Schweiz steht dem Netto­mietz­ins­an­stieg um 1,7 Milli­arden Franken pro Jahr im Szenario «Umfas­sende energe­tische Sanierung» Heizkos­ten­er­spar­nisse von 2,6 Milli­arden Franken pro Jahr gegenüber (vgl. Abbildung 4). Rein energe­tische Sanie­rungen von Mietwoh­nungen können somit sozial verträglich sein, sodass die ökolo­gische Nachhal­tigkeit der sozialen Nachhal­tigkeit nicht im Weg stehen muss.
Abbildung 1. Energe­tische Sanie­rungen: Inves­ti­ons­kosten im Vergleich zur Markt­wert­stei­gerung (in Milli­arden CHF) 
Abbildung 2. Mietwohn­ge­bäude: Anteil der Gebäude, bei denen sich eine energe­tische Sanierung wirtschaftlich lohnt
Abbildung 3. Wohnei­gentum: Anteil der Gebäude, bei denen sich eine energe­tische Sanierung wirtschaftlich lohnt
Abbildung 4. Verän­derung für Bestan­des­mieter nach einer umfas­senden energe­ti­schen Sanierung (ganze Schweiz, in CHF pro Jahr)

Diesen Abschät­zungen basieren auf Annahmen sowie der aktuellen Ausgangslage. Die Resultate können stark von äusseren Umständen wie der zukünf­tigen Entwicklung der Diskon­tie­rungs­sätze und der Bau- und Energie­preise, dem techno­lo­gi­schen Fortschritt sowie gesetz­lichen Anpas­sungen beein­flusst werden.

Weitere Infor­ma­tionen
Weitere Insights finden Sie in der Studie und im «Immo-Monitoring» 2024 Sommer-Update. Hier können Sie sich hier Ihre Ausgabe bestellen.
Weitere Themen und Angebote von Wüest Partner zu nachhal­tigen Immobilien finden Sie hier.

Kontak­tieren Sie unsere Experten für weitere Insights