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Biodi­ver­sität und Klima­re­si­lienz im Siedlungsraum: Warum die Immobi­li­en­branche jetzt gefordert ist

Veröffentlicht am: 15. Juli 2025

Verant­wortung und Hebel der Immobi­li­en­wirt­schaft

Die globale Biodi­ver­si­täts­krise ist kein abstraktes Umwelt­problem mehr, sondern ein drängendes Thema mit weitrei­chenden wirtschaft­lichen und gesell­schaft­lichen Konse­quenzen. Der Global Risks Report des WEF listet Biodi­ver­si­täts­verlust und Ökosys­tem­kollaps bereits heute unter den Top-3-Risiken mit langfristig gravie­renden Auswir­kungen. Besonders betroffen sind urbane Räume, in denen Klima­re­si­lienz und Lebens­qua­lität zunehmend unter Druck geraten.

Die Akteur:innen der Immobi­li­en­branche nehmen hier eine Schlüs­sel­rolle ein. Sie entscheiden über die Nutzung, Gestaltung und Pflege grosser Flächen. Damit beein­flussen sie direkt den Zustand der biolo­gi­schen Vielfalt und die Klima­re­si­lienz im Siedlungsraum – etwa durch die Förderung natur­naher Freiräume, Entsie­ge­lungs­mass­nahmen, Dach- und Fassa­den­be­grünung, Regen­was­ser­ma­nagement oder die Gestaltung und Vernetzung von diversen Lebens­räumen. Die gute Nachricht: Durch gezielte Massnahmen lassen sich Biodi­ver­sität, Stand­ort­at­trak­ti­vität und Klima­an­pas­sungs­po­ten­ziale gleich­zeitig fördern.

ESG-Ratings als Entschei­dungs­hilfe: Biodi­ver­sität messbar machen

Bereits heute hat Wüest Partner mit den RE ESG-Ratings ein umfas­sendes Instru­men­tarium geschaffen, um Nachhal­tigkeit im Immobi­li­en­be­reich messbar zu machen. Biodi­ver­si­täts­aspekte sind integraler Bestandteil:

  • Im stand­ort­ba­sierten «RE ESG Location» wird auf Basis von Raster­daten der Anteil und die Diver­sität von Grünflächen sowie der Versie­ge­lungsgrad beurteilt. Zudem erfolgt eine Beurteilung der Klima­re­si­lienz des Standorts in Form von Hitze- und Kühlg­rad­tagen.
  • Im liegen­schafts­spe­zi­fi­schen «RE ESG Plus» werden gebäu­de­be­zogene Massnahmen zur Lebens­raum­för­derung sowie die Qualität der biodi­ver­si­täts­wirk­samen Flächen der Umgebung, auf Dächern und Fassaden diffe­ren­ziert durch Experten bewertet.

Damit werden ökolo­gische Quali­täten in der Standort- und Objekt­be­ur­teilung trans­parent – ein wichtiger Schritt, um Biodi­ver­sität als Bestandteil ökono­mi­scher Entschei­dungs­pro­zesse zu etablieren.

Erkennt­nisse aus einer Studie für das BAFU: Wo Immobilieninvestor:innen heute stehen

Im Rahmen einer von Wüest Partner – im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU) – im Frühling 2025 durch­ge­führten Unter­su­chung, wurden 267 insti­tu­tio­nelle Akteur:innen befragt und zehn quali­tative Inter­views geführt. Die wichtigsten fünf Erkennt­nisse lassen sich wie folgt zusam­men­fassen:

  1. Wachsende strate­gische Bedeutung: Biodi­ver­sität gewinnt bei Akqui­si­tionen und im Portfo­lio­ma­nagement zunehmend an Relevanz – besonders bei Investor:innen mit langfris­tigem Horizont oder starkem ESG-Fokus. Die Gruppe der Befragten, die das Kriterium «Klima­re­si­lienz, Biodi­ver­sität und Aussenraum» als ausschlag­gebend im Zuge von Akqui­si­tionen beurteilt, wächst von nur 7 Prozent auf mittel­fristig 27 Prozent. Damit wächst die Relevanz so stark wie kaum ein anderes Nachhal­tig­keits­kri­terium.
  2. Fokus auf Neubau statt Bestand: Während 82 Prozent der Befragten angaben, dass das Thema Biodi­ver­sität bei Neubauten eine Rolle spielt, lag der Anteil für Bestands­bauten nur bei 61 Prozent.
  3. Bericht­erstattung trotz einge­schränkter Daten­grundlage: Ein Drittel der Befragten gab an, öffentlich zum Thema Biodi­ver­sität Bericht zu erstatten. Dem gegenüber steht aller­dings der Fakt, dass nur 16 Prozent der Befragten bei der Mehrheit der Liegen­schaften den Zustand der Biodi­ver­sität misst bzw. erfasst. 50 Prozent erfassen sie gar nicht.


  1. Messin­stru­mente fehlen: 70 Prozent der Befragten geben an, keine geeig­neten Instru­mente zur Messung des Biodi­ver­si­täts­zu­stands zu nutzen. Bestehende Tools wie BioValues sind kaum verbreitet und kommen, wenn dann, bei Neubau­pro­jekten zum Zug.


  1. Wunsch nach Orien­tierung: Nach Einschätzung von mehr als 40 Prozent der Befragten wäre ein Bench­marking mit anderen Portfolios zum Thema Biodi­ver­sität relevant. Gemeinsam mit einer Standar­di­sierung von Messgrössen und einer einheit­lichen Begriffs­ver­wendung zählt das Bench­marking zu den zentralen Hebeln zur Förderung des Themas.

Nächster Schritt: Die Charta für Biodi­ver­sität

Um die fragmen­tierten Ansätze zu bündeln und einen syste­ma­ti­schen Wandel anzustossen, initiiert Wüest Partner mit Unter­stützung des Bundesamts für Umwelt eine Charta für Biodi­ver­sität im Siedlungsraum. Dabei stehen folgende Ziele im Mittel­punkt:

  • Synergien zu nutzen: Investor:innen vernetzen und eine Plattform zur gemein­samen Erarbeitung von Strategien bieten,
  • Momentum erzeugen: Branchen­stan­dards setzen und Trans­parenz schaffen, konkrete Zielwerte für Bestands­ent­wicklung und Neubau formu­lieren,
  • Messbarkeit und Vergleich­barkeit ermög­lichen: Instru­mente für Monitoring, Reporting und Bench­marking bereit­stellen.

Die Charta soll eine Plattform für Investor:innen bieten, eine gemeinsame Vision für klima­re­si­liente, biodivers gestaltete urbane Räume zu entwi­ckeln. Sie richtet sich an alle, die Verant­wortung tragen – insbe­sondere insti­tu­tio­nelle Investor:innen, die heute die strate­gi­schen Hebel für ein Zukunfts­thema nutzen wollen, um Verän­de­rungen im grossen Massstab anzustossen.

Mitwir­kende gesucht

Wir laden alle Immobilieninvestor:innen ein, sich an der Entwicklung der Charta zu betei­ligen – durch Mitge­staltung, Erfah­rungs­aus­tausch und Pilotierung. Gemeinsam können wir eine Branchen­lösung schaffen, die Wirkung entfaltet – für Mensch, Natur und nachhaltige und resiliente Immobilien-Portfolios.

Interesse an einer aktiven Mitwirkung oder dem Erhalt weiter­füh­render Infor­ma­tionen? Wenden Sie sich gerne an Julia Selberherr (Kontaktbox).

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