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Verändertes Nachfrageverhalten im Wohnungsmarkt

27. Dezember 2024

Das veränderte Nachfrageverhalten der Schweizer Bevölkerung aufgrund des knappen Angebots spiegelt sich deutlich in den rückläufigen Umzugszahlen: Laut dem Bundesamt für Statistik (BFS) betrug die Umzugsquote im Jahr 2022 nur noch 9.5% – das entspricht rund 701’000 Personen. Das sind 68’200 weniger als im Jahr 2020 (Abbildung 1), was eine Abnahme von 8.9% bedeutet. Besonders stark zurückgegangen sind die Umzüge innerhalb einer Gemeinde und innerhalb eines Kantons. Umzüge in andere Kantone haben dagegen zugelegt.


Abbildung 1


Diese Entwicklung ist unter anderem deshalb bemerkenswert, weil viele Menschen mit dem Beginn des Homeofficetrends ihre Wohnsituation wohl gerne angepasst hätten – etwa durch einen Umzug in eine Wohnung mit Platz für ein Arbeitszimmer oder an eine bevorzugte Lage, bei der die Entfernung zum Arbeitsort keine erhebliche Rolle mehr spielt.

Mittlere Wohndauer in einer Mietwohnung nimmt zu

Die abnehmenden Umzugszahlen lassen darauf schliessen, dass die durchschnittliche Wohndauer in derselben Wohnung zunimmt – und der Blick auf den Mietwohnungsmarkt bestätigt dies: In Regionen mit grosser Wohnungsknappheit ist die Verweildauer deutlich länger. Landesweit beträgt sie im Schnitt 8.5 Jahre, im Kanton Genf erreichte sie 2024 gar das Rekordhoch von über 14 Jahren – ein Anstieg um 7 Monate seit 2019. Die grössten Verlängerungen verzeichneten die Innerschweiz mit plus 2 bis 3 Jahren und die MS-Region Nyon mit fast 3 Jahren. Lediglich in der MS-Region Lugano reduzierte sich die Wohndauer um fast 2 Jahre.


Abbildung 2


Zu dieser Entwicklung trägt auch das Mietrecht massgeblich bei: Da die Mieten in bestehenden Verträgen an den Referenzzinssatz gebunden sind und dieser in den letzten Jahren gesunken ist – abgesehen von den zwei jüngsten Anstiegen –, haben viele Mieterinnen und Mieter von stabilen oder sogar sinkenden Mietkosten profitiert. Gleichzeitig sind die mittleren Mieten für ausgeschriebene Wohnungen wegen des knappen Angebotsvolumens gestiegen. In der Regel liegt deshalb die Miete nach einem Umzug deutlich höher als davor, wenn die Wohnungen hinsichtlich ihrer Objekt- und Lagequalität vergleichbar sind. Dieser Umstand schreckt nachvollziehbar vor einem Umzug ab.

Lange Mietdauer bei gleichzeitig hoher Wegzugsrate

In einer Analyse vom April 2024 (Immo-Monitoring 2024, Frühlingsausgabe) haben wir ermittelt, dass bei 28% der Schweizer Haushalte die Wohnkostenbelastung nach einem Umzug in eine gleichartige Wohnung auf über ein Drittel des Bruttoeinkommens steigt. In den Kantonen Genf, Zug, Zürich, Waadt und Tessin sind die Anteile sogar noch höher. Dies dürfte erklären, warum es in Gemeinden wie Genf, Lausanne, Zug und Thalwil (ZH) gleichzeitig sehr lange mittlere Mietvertragsdauern und überdurchschnittlich hohe Wegzugsquoten gibt. Denn die betroffenen Orte verzeichnen in der Tendenz viele ältere Bewohnerinnen und Bewohner, die seit Jahren dort leben. Das begrenzte Wohnungsangebot führt dazu, dass diese langjährigen Mieterinnen und Mieter in ihren Wohnungen bleiben, da es kaum Alternativen gibt – wodurch sich die durchschnittliche Wohndauer erhöht. Gleichzeitig sind jüngere oder mobilere Einwohner und Einwohnerinnen aufgrund von Wohnraummangel gezwungen, wegzuziehen, was wiederum die hohe Wegzugsquote erklärt.

Schweizerinnen und Schweizer ziehen immer weiter weg

Die Suche nach bezahlbarem Wohnraum treibt die Menschen in der Schweiz zu grösseren Umzugsdistanzen. Besonders in dicht besiedelten Gebieten und Städten wird es zunehmend schwierig, eine passende Wohnung zu finden. Viele sind deshalb gezwungen, in entferntere Gemeinden zu ziehen.

Die durchschnittliche Umzugsdistanz ist gegenüber dem Mittelwert von 2014 bis 2019 um 9.2% auf 13.7 km gestiegen. Am stärksten betroffen sind junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren mit einem Anstieg von 12.3%, am wenigsten Personen in der Familienphase (35 bis 45 Jahre) mit 6.9%. Im hohen Alter sind die Umzugsdistanzen zwar unterdurchschnittlich (11.8 km), doch auch hier ist eine Zunahme festzustellen.

Obwohl die zusätzlichen Kilometer vielleicht nicht beträchtlich erscheinen, verbergen sich hinter diesen Zahlen immer mehr Haushalte, die sehr weite Umzüge auf sich genommen haben. Doch auch wenn zahlreiche Haushalte deutlich weitere Distanzen überwinden mussten, bedeutet es für den Durchschnittswert nur eine kleine Veränderung.


Abbildung 3


Veränderte Wohnpräferenzen: Schweizer ziehen vermehrt in kleinere Zentren

Bisher fanden die stärksten Umzugsbewegungen in der Schweiz innerhalb der Agglomerationen rund um die Grossstädte und in peripheren Gebieten statt. Oft zogen Menschen auch von Grossstädten in deren Agglomerationsgemeinden oder von peripheren Regionen in kleine und mittelgrosse Zentren. Aktuelle Zahlen zeigen jedoch Verschiebungen dieser Ströme: Die Bewohnerinnen und Bewohner von Grossstädten ziehen vermehrt in Klein- und Mittelzentren, in deren Agglomerationen und in die Peripherie, aber seltener ins Ausland oder in die Agglomeration der zuvor bewohnten Stadt. Gleichzeitig zügeln deutlich weniger Menschen aus anderen Gemeindetypen und dem Ausland in die Grosszentren.

Aus dem Ausland kommen Zuziehende nun häufiger in die Peripherie, in die Agglomerationen der Klein- und Mittelzentren und in diese Zentren selbst – nicht mehr unbedingt in die Wirtschaftsräume der Grosszentren. Auch die Agglomerationen der Grosszentren verzeichnen einen Rückgang: Die Anteile der Umzugsströme aus den anderen Gemeindetypen in grossstädtischen Agglomerationsgebiete haben hier durchgängig abgenommen.


Abbildung 4

Veränderung der Umzugsströme nach Gemeindetypen
(2023 im Vergleich zum Mittelwert 2014–2019)

Kantonale Gewinner und Verlierer

Auch bei der Betrachtung der interkantonalen Umzugsströme offenbaren sich Veränderungen. Zu den Verlierern gehören die Kantone Zürich, Waadt und Zug sowie die beiden Basler Halbkantone. Die Anteile der Umzugsströme in die Kantone Aargau, Solothurn, Luzern und Wallis haben dagegen an Bedeutung gewonnen.


Abbildung 5

Veränderung der interkantonalen Umzugsströme
(2023 im Vergleich zum Mittelwert 2014-2019)

Immo-Monitoring

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