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Wohneigentum als Kapitalanlage

21. April 2023

Eine Reihe von weissen Häuser mit blauen Himmel

Aktuell zeichnet sich in zahlreichen Regionen ab, dass das Mieten von Wohnraum gegenüber dem Erwerb von Wohneigentum an Attraktivität gewinnt. Das ist vornehmlich auf die stark gestiegenen Preise für Wohneigentum sowie auf die ebenfalls stark gestiegenen Hypothekarzinsen zurückzuführen.
Doch ob sich das Mieten gegenüber dem Kauf von Wohneigentum tatsächlich lohnt, wird sich im Einzelfall erst dann weisen, wenn die Wohnung oder das Haus wieder veräussert oder an die nächste Generation weitergegeben wird.

Gesamtrendite als Benchmark

Der Erwerb von Wohneigentum kann in diesem Sinn als Kapitalanlage betrachtet werden. Wie bei Renditeliegenschaften setzt sich die Gesamtrendite auch beim selbst bewohnten Wohneigentum aus der direkten Rendite (Cashflowrendite) und der indirekten Rendite (Wertänderungsrendite) zusammen. Diese beiden Komponenten lassen sich wie folgt berechnen:
Cashflowrendite: Die eingesparte Miete eines vergleichbaren Objekts wird als indirekte Einnahme be­­trachtet. Davon werden die anfallenden Kosten (Hypothekarzinsen, Instandhaltungskosten sowie Opportunitätskosten − das heisst, mit dem eingesetzten Eigenkapital nicht realisierte Anlagealter­nativen) in Abzug gebracht. Ausserdem müssen steuerliche Aspekte (Eigenmietwert und Schuldzinsabzug) berücksichtigt werden.
Wertänderungsrendite: Die Wertänderungsrendite eines Objekts ergibt sich aus der Differenz seines Marktwerts zu verschiedenen Zeitpunkten. Seit 1985 hat Wohneigentum in der Schweiz einen starken Wertzuwachs erfahren. Die durchschnittliche jährliche Wertänderungsrendite von Einfamilienhäusern betrug 2.6 (einfache Objekte) bis 2.8 Prozent (gehobene Objekte), bei Eigentumswohnungen waren es 2.4 bis 3.0 Prozent. Tendenziell ist die Wert­änderungsrendite desto höher, je besser die Lage und je höher der Ausbaustandard der Wohnung oder des Hauses ist.

Negative Cashflowrenditen

Derzeit erzielt Wohneigentum in den meisten Gemeinden negative Cashflows. Das ist vor allem auf die stark gestiegenen Finanzierungskosten zurückzuführen. So hat sich der Kauf einer Eigentumswohnung im letzten Jahr massiv verteuert: Nicht nur die Preise (+5.2 Prozent) sind erneut gestiegen, sondern auch die Hypothekarzinsen. Die jährlichen Zinskosten bei einem mittleren Objekt stiegen innert Jahresfrist von 11'400 auf 26'200 Franken (gegenüber dem 4. Quartal 2021). Für Käuferinnen und Käufer, die eine Saron-Hypothek abgeschlossen haben, belaufen sich die Kosten derzeit zwar nur auf 12'100 Franken (+52 Prozent), sie sind jedoch kurz- und mittelfristig einem starken Zinsänderungsrisiko ausgesetzt.

Wertänderungsrenditen müssen negative Cashflows kompensieren

Wegen der vielerorts negativ ausfallenden Cashflows sind in den kommenden Jahren positive Wertänderungen erforderlich, damit Wohneigentum als Kapitalanlage nicht zu einem Verlustgeschäft wird. Die Höhe dieser Wertänderungen hängt neben der Makrolage (Gemeinde) auch von der Mikrolage (Standort innerhalb der Gemeinde), vom Ausbaustandard und vom Zustand des Objekts ab. Und auch die Haltedauer ist ein entscheidender Faktor.

Werden die Kosten für eine Eigentumswohnung, die während 16 Jahren (dies entspricht der mittleren Haltedauer von Eigentumswohnungen in der Schweiz) anfallen, den Kosten für eine vergleichbare Mietwohnung gegenübergestellt, so müssen in 1687 von 2148 Gemeinden positive jährliche Wertänderungsrenditen von bis zu 1 Prozent erzielt werden, um die Gewinnschwelle zu erreichen (nach Grundstückgewinnsteuern). In 47 Gemeinden sind sogar Wert­änderungsrenditen von über 1.5 Prozent pro Jahr erforderlich. Viele dieser Gemeinden befinden sich in der Innerschweiz, am Zürichsee oder in den touristischen Gebieten des Kantons Graubünden.

Und der Inflationsschutz?

Vergleicht man die genannten Wertänder­ungsrendi­ten mit der Entwicklung seit 1985, die sowohl Boomphasen als auch die Krisenjahre der 1990er-Jahre umfasst, erscheinen Wertsteigerungen in dieser Grössenordnung durchaus realistisch. Auch in einer realen Betrachtung, also unter Berücksichtigung der Teuerung, die von 1985 bis 2022 im Durchschnitt 1.2 Prozent pro Jahr betrug, ist das Erreichen der Gewinnzone nicht unwahrscheinlich: Das Jura bernois und Leuk sind die einzigen MS-Regionen, deren nominale Renditen in diesem Zeitraum unterhalb der Inflationsrate lagen. Allerdings sollte man beachten, dass Wertänderungsrenditen eine vorübergehend in die Höhe schiessende Inflation kurzfristig oft nicht auszugleichen vermögen.


Auch wenn die Cashflowrendite für selbst genutzte Eigentumswohnungen gegenwärtig in vielen Gemeinden negativ ausfällt, kann sich Wohneigentum als Kapitalanlage angesichts künftiger Wertänderungsrenditen weiterhin lohnen. Dabei dürfte nach wie vor die Devise gelten: je besser die Lage, desto vielversprechender die Aussichten auf eine hohe Wertänderungsrendite. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass höhere Wert­änderungs-
renditen in der Vergangenheit oft auch mit stärkeren Schwankungen verbunden waren. Gerade an besseren Lagen können immer wieder verhältnismässig grosse Wertkorrekturen nach unten auftreten, die es auszuhalten gilt.

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