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Nachhal­tig­keits­aspekte bei der DCF-Bewertung

Veröffentlicht am: 13. März 2023 Letzte Aktualisierung: 22. April 2025

Eine nachhaltig gebaute und betriebene Liegen­schaft weist grund­sätzlich einen höheren Marktwert aus als eine ansonsten identische Liegen­schaft, die Anfor­de­rungen an die Nachhal­tigkeit nicht oder nur teilweise erfüllt (indem sie zum Beispiel fossil statt mit einer Wärme­pumpe beheizt wird). Aller­dings fallen die Inves­ti­tionen in nachhaltige Liegen­schaften in der Regel auch höher aus. Allein diese einfache Gegen­über­stellung zeigt, dass der Einfluss von Nachhal­tig­keits­aspekten auf den Marktwert von Immobilien vielschichtig ist. 

Der vorlie­gende Beitrag widmet sich der Fragen, wie Nachhal­tig­keits­aspekte mit einem Fokus auf energe­tische Sanie­rungen in eine mittels Discounted-Cashflow-Methode (DCF) vorge­nommene Bewertung einfliessen. Bei jeder DCF-Bewertung gilt das Augenmerk den Erträgen, den Kosten und der Diskon­tierung. Jeder dieser drei Parameter wird von Faktoren beein­flusst, die mit Nachhal­tigkeit zu tun haben. Eine Auswahl dieser Einfluss­fak­toren soll hier präsen­tiert werden, wobei wir mit den Einfluss­fak­toren auf die Erträge starten.

Erträge

Inves­ti­tionen in Nachhal­tigkeit haben einen vielfäl­tigen Einfluss auf der Ertrags­seite. Dabei fallen natur­gemäss vor allem poten­ziell höhere Mieterträge ins Gewicht.

  • Mieterträge bei Neuab­schlüssen: Mit einer Wärme­pumpe beheizte Liegen­schaften generieren in der Regel tiefere Neben­kosten als fossil beheizte Liegen­schaften. Wie sehr der Heizträger die Neben­kosten beein­flussen kann, unter­streicht die aktuelle Energie­krise mit den stark gestie­genen Preisen für fossile Brenn­stoffe eindrücklich; auch die C02-Abgabe schlägt hier zu Buche. Für die Mieter:innen ist die Brutto­miete (Netto­miete zuzüglich Neben­kosten) entscheidend. Die tieferen Neben­kosten von nachhal­tigen Liegen­schaften ermög­lichen es den Eigentümer:innen, eine höhere Netto­miete zu veran­schlagen.
  • Mieterträge bei Neuab­schlüssen: Eine höhere Zahlungs­be­reit­schaft ist in der Schweiz primär bei Mieter:innen von Geschäfts­lie­gen­schaften zu beobachten, deren Nachhal­tig­keits­ver­halten unter Beobachtung steht.
  • Mieterträge Bestandesmieter:innen: Die Kosten für energe­tische Sanie­rungen können teilweise auf die Bestandesmieter:innen überwälzt werden, was die Miete generell erhöht. Dabei ist der Überwäl­zungssatz gemäss Schweizer Wohnungs­miet­recht in der Regel höher, wenn bei Instand­set­zungen in nachhaltige Bauteile inves­tiert wird. 
  • Exit-Werte von nachhal­tigen Bauteilen im Sinne der Kreis­lauf­wirt­schaft: Aktuell sind die meisten Bauteile so verbaut und verklebt, dass sie kaum wieder­ver­wendet werden können. Das wird sich künftig jedoch verändern: Das Bewusstsein für diese Proble­matik nimmt immer mehr zu, und diesbe­züg­liche Regle­men­tie­rungen werden immer wichtiger.

Kosten

Auf der Kosten­seite sind es vor allem die höheren Inves­ti­tionen in Massnahmen zur Förderung der Nachhal­tigkeit, die zu Buche schlagen. Förder­mass­nahmen der öffent­lichen Hand tragen zu deren Reduktion bei.

  • Inves­ti­ti­ons­kosten für eine nachhaltige Gebäu­de­technik: Die Substi­tution fossiler durch regene­rative Heizträger führt zu deutlich höheren Instand­set­zungs­kosten. So ist beispiels­weise die Instal­lation einer Wärme­pumpe viel teurer als der Ersatz einer alten durch eine neue Ölheizung.
  • Begleit­mass­nahmen: Um wie viel höher die Instand­set­zungs­kosten bei einem Heizungs­ersatz ausfallen, hängt unter anderem davon ab, ob weitere Inves­ti­tionen (zusätz­liche Dämmmass­nahmen, Fussbo­den­heizung, Photo­voltaik) nötig sind.
  • Förder­gelder: Förder­mass­nahmen reduzieren die Kosten von Inves­ti­tionen in Nachhal­tigkeit.
  • Betriebs­kosten: Nachhaltige Liegen­schaften im Allge­meinen und regene­rative Heizträger im Beson­deren generieren tiefere Betriebs­kosten. Die so gesparten Kosten zahlen sich im Laufe der Zeit aus.
  • Lebens­dauer von nachhal­tigen Bauteilen: Nachhaltige Bauteile sind Bauteile, die sich unter anderem durch eine längere Lebens­dauer auszeichnen. Damit können über den gesamten Lebens­zyklus betrachtet grosse Instandhaltungs- und Instand­set­zungs­kosten gespart werden.

Diskon­tierung

Eine tiefere Rendi­te­er­wartung hat einen tieferen Diskon­tie­rungssatz zur Folge, und dies führt bei einer DCF-Bewertung zu einem höheren Preis.

Diskontierung/Renditeerwartung: Investor:innen haben eine höhere Zahlungs­be­reit­schaft für nachhaltige Liegen­schaften. Entspre­chend akzep­tieren sie für den Besitz einer nachhal­tigen Liegen­schaft eine tiefere Rendite als im Falle einer nicht nachhal­tigen Liegen­schaft. Da mit einer Sanierung das Risiko verkleinert wird, dass eine Liegen­schaft zu einem «stranded asset» verkommt, kann der Diskon­tie­rungssatz nach einer Sanierung tiefer ausfallen als davor.

Kürzliche empirische Studie

Über die Höhe solcher Effekte der Nachhal­tigkeit für die Schweiz gibt eine kürzliche Studie von Wüest Partner Auskunft. Gestützt auf Daten der Jahre 2015 bis 2020 wurden Ergeb­nisse gerechnet, die in der Abbildung sowie im nachfol­genden Text zusam­men­ge­fasst sind.

Wirtschaft­lichkeit einer energe­ti­schen Renovation
Wirtschaftlichkeit einer energetischen Renovation

Demnach zahlt eine Inves­torin für ein ansonsten identi­sches Mehrfa­mi­li­enhaus, das fossil beheizt wird, im Durch­schnitt rund 4 Prozent weniger als für ein nachhaltig beheiztes. Die Netto­miete einer Mietwohnung ist in einem nachhaltig beheizten Mehrfa­mi­li­enhaus – primär aufgrund der tieferen Neben­kosten – im Durch­schnitt um 40 Franken pro Wohnung und Monat teurer (vgl. Abbildung). Aller­dings kommen die Amorti­sa­ti­ons­kosten beim Einbau einer Wärme­pumpe teurer zu stehen als beim Ersatz einer alten durch eine neue Öl- oder Gasheizung. Da diese Amorti­sa­ti­ons­kosten aber im Mittel nur um 34 Franken pro Wohnung und Monat steigen, können Eigentümer:innen dennoch mit einem kleinen Gewinn rechnen. Daher akzep­tieren Investor:innen für nachhaltige Liegen­schaft eine um 10 Basis­punkte tiefere Rendite. Übrigens sinkt die Belastung für die Mieter:innen in vielen Fällen dennoch, da die Neben­kosten oft stärker sinken, als die Netto­mieten aufschlagen.

Näheres dazu erfahren Sie in der Studie «Wirkung von Nachhal­tigkeit auf Immobi­li­en­werte», die Wüest Partner 2022 mit Unter­stützung des Bundesamts für Umwelt (BAFU) durch­führte. 

Verän­derung und Konstante

Es ist plausibel, dass die Zahlungs­be­reit­schaft für nachhaltige Liegen­schaften mittler­weile weiter zugenommen hat. Schliesslich gewinnen die Begriffe «Stranded assets» oder «Carbon value at Risk» bei Inves­toren an Bedeutung, und mit der Energie­krise sind Mieter:innen stärker auf die Neben­kosten sensi­bi­li­siert. Im Bewer­tungs­kontext gilt es also laufend à jour zu bleiben. Gleich geblieben ist, dass in einer DCF-Bewertung die wertre­le­vanten Aspekte von der Bewer­terin einzeln einge­schätzt werden. Dabei ist es von Vorteil, sich auf aktuelle und umfas­sende Bench­marks stützen zu können.

Bench­marks und Simula­tionen

Die Unter­stützung des Bewer­tungs­vor­gangs durch gehalt­volle und verläss­liche Daten ist ein wichtiger Eckpfeiler bei der Quali­täts­si­cherung. Um Nachhal­tig­keits­aspekte objektiv und wertre­levant zu berück­sich­tigen, gilt es einer­seits, das klassische Bewerter-Know-how zu erweitern. Wüest Partner ermög­licht dies durch interne und externe Ausbil­dungen und Wissens­transfer. Anderer­seits sind statis­tische Modelle (beispiels­weise auf künst­licher Intel­ligenz basierend) sowie umfang­reiche Bench­marks entscheidend. Dadurch können im Bewer­tungs­prozess daten­ge­stützte, objek­ti­vierte Vorschläge unter­breitet werden. Auch kann die Bewertung so verglichen und breit abgestützt werden. Die Beschaffung von quali­täts­si­cheren Daten, um Bench­marks zu berechnen, ist dabei entscheidend. Je antizi­pie­render ein Unter­nehmen Märkte erfasst, desto frühzei­tiger werden relevante Daten syste­ma­tisch erhoben und gespei­chert. Im Bereich der Materia­li­sierung von Gebäuden leisten Besich­ti­gungsapps wie z. B. Wüest Visits gute Dienste dabei, eine erheb­liche Präzi­sierung der Daten­grund­lagen auf Gebäu­de­stufe (Digital Twin) zu erreichen. Gerade auch im Bereich von Sanie­rungen und den damit verbunden Instand­set­zungs­kosten bietet ein effizi­entes DCF-Berechnungstool mit hoher Flexi­bi­lität die Möglichkeit, energe­tische Szenarien mit wenig Aufwand in unter­schied­lichsten Varia­tionen auszu­werten, sowohl aus ökono­mi­scher als auch aus ökolo­gi­scher Perspektive. 

Ausblick

Wüest Partner inves­tiert laufend in die Erarbeitung von Daten und Modellen sowie in die Gewinnung von Erkennt­nissen, um Nachhal­tig­keits­aspekte in Bewer­tungen immer genauer abzubilden. Aktuell erarbeiten wir etwa eine Datenbank, um poten­zielle Förder­gelder bei energe­ti­schen Sanie­rungen syste­ma­tisch zu erfassen. Wie dynamisch sich das Thema Bewertung und Nachhal­tigkeit entwi­ckelt, zeigt das Beispiel der Kreis­lauf­wirt­schaft: Bei heutigen Bestan­des­lie­gen­schaften sind die Bauteile in der Regel so verklebt, dass sich eine Wieder­ver­wertung wirtschaftlich nur selten lohnt. Heute wird aber immer mehr so gebaut, dass die Ressourcen später wieder­ver­wendet werden können. Entspre­chend könnte in einigen Jahren auch ein «Exit value» von Bauteilen erfolgen. Zudem wird die Lebens­dauer von Bauteilen an Bedeutung gewinnen.

Ganzheit­liche Betrachtung

Dieser Beitrag fokus­siert auf energe­tische Aspekte bei Sanie­rungen von Rendi­te­lie­gen­schaften. Selbst­ver­ständlich ist das Thema Nachhal­tigkeit noch umfas­sender. Weitere Faktoren wie etwa die Lage der Liegen­schaft sind für die Nachhal­tigkeit bedeutsam, zum Beispiel bezüglich der induzierten Mobilität oder bezüglich dem „stranded asset“ Risiko. Solche umfas­sendere Einschätzung der Nachhal­tigkeit deckt Wüest Partner über ein ESG-Rating ab. Dabei erachtet Wüest Partner ein ESG-Rating vorder­gründig als Werkzeug, welches dem Eigen­tümer oder Investor einen holis­ti­schen Blick auf die Immobilie ermög­licht und viele neue Aspekte beleuchtet. Damit können Massnahmen umfassend evaluiert und Strategien ganzheitlich umgesetzt werden. Objek­ti­vität und Vergleich­barkeit wird bei Wüest Partner gross­ge­schrieben; die rund 75 Indika­toren werden daten­ba­siert ermittelt und resul­tieren in einem impli­ziten Benchmark des Schweizer Gebäu­de­parks.

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