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Nachhaltiges Bauen folgt kantonalen Regelungen

24. März 2023

Construction, Construction Crane, Machine

Der Ukraine-Krieg und seine Konsequenzen haben uns die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen eindrücklich vor Augen geführt. Ein wesentlicher Bestandteil einer zukunftsorientierten Energiepolitik ist die Nachhaltigkeit im Bauwesen. 

Aufgrund der verfassungsmässigen Zuständigkeit der Kantone gibt es in diesem Bereich schweizweit unterschiedliche Regelungen. Dafür hat die Konferenz der kantonalen Energiedirektoren (EnDK) deshalb die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn) des Jahrgangs 2014 verabschiedet, welche auf eine grösstmögliche Harmonisierung und damit Vereinfachung der Bauplanung und der entsprechenden Bewilligungsverfahren abzielen. 

Wir haben untersucht, wie nahe die Umsetzung ausgewählter kantonaler Nachhaltigkeitsregelungen gemäss MuKEn sind. Die vollständige Analyse kann hier heruntergeladen werden. Die Auswertung zeigt: Basel-Stadt, Luzern, Jura und Freiburg orientieren sich bei ihrer Energiegesetzgebung relativ stark an den Mustervorschriften und gehen teilweise sogar darüber hinaus. Am anderen Ende stehen Aargau, Uri und Zug, wo entsprechende Umsetzung in Planung sind, sowie Solothurn, das in absehbarer Zukunft über am wenigsten Regeln verfügen wird.

Das Setting: kantonale Zuständigkeit, interkantonale Koordination

Gemäss Bundesverfassung liegt die Energiepolitik im Bauwesen im Zuständigkeitsbereich der Kantone. Sie sind damit befähigt, im Rahmen des bundesgesetzlichen Rahmens eigene energie- und klimapolitische Ziele zu definieren und umzusetzen.

Diese Aufgabenzuteilung macht durchaus Sinn: Kantonale Behörden sind mit der Infrastruktur, der Bevölkerung und den Befindlichkeiten ihrer Region bestens vertraut. Sie können baurechtliche Massnahmen damit sachgerecht, effizient und breit unterstützt planen und umsetzen.

Das Resultat ist aber auch ein Gefüge von verschiedenen Regimes mit unterschiedlichen Ausprägungen und Schwerpunkten. Das sorgt etwa bei überregional agierenden Immobilienakteuren zuweilen für Verwirrung. Da Skaleneffekte erschwert werden, führt die föderalistische Rollenteilung zu Effizienzeinbussen.

Das hat auch die Politik begriffen. In den zuständigen kantonalen Konferenzen entwickeln und koordinieren die zuständigen Regierungsrätinnen und Regierungsräte und Sachverständigen deshalb gemeinsame energie- und klimapolitische Ziele und Strategien, die sie beispielsweise in den bereits erwähnten MuKEn 2014 festhielten. Hierfür relevant sind die 

  • Konferenz der kantonalen Energiedirektoren (EnDK),
  • Energiefachstellenkonferenz (EnFK),
  • Bau-, Planungs- und Umweltdirektorenkonferenz (BPUK),
  • Konferenz der Vorsteher der Umweltschutzämter (KVU).

Ausgewählte Aspekte der kantonalen Nachhaltigkeitsregelungen

Aktuell haben 21 Kantone die MuKEn in ihre Energiegesetzgebung überführt, in weiteren vier Kantonen ist der entsprechende Prozess im Gang. Einzig im Kanton Solothurn finden die MuKEn 2014 aufgrund eines ablehnenden Volksentscheids kaum Anwendung. 

Im Folgenden wird die Umsetzung von zwei ausgewählten Bestimmungen der MuKEn aufgezeigt mit dem Ziel, einen Überblick über die kantonalen Nachhaltigkeitsregelungen zu geben. 

Anforderungen beim Heizkesselersatz

Dieser Gedanke dürfte in den letzten Monaten wohl so einigen Hausbesitzerinnen und -besitzern durch den Kopf gegangen sein: der Ersatz eines Öl- oder Gasheizkessels durch ein Heizsystem, welches nicht von fossilen Brennstoffen abhängig ist. In praktisch allen Kantonen gilt dabei: Zumindest ein Teil der neu gewonnenen Wärme muss zwingend aus erneuerbaren Energien stammen. In den Kantonen Basel-Stadt, Zürich und Genf liegt dieser Prozentsatz gar bei 100%, und zwar bei sämtlichen Bauten. Allerdings kann etwa beim Zürcher Kostenmodell ein Nachweis erfolgen, dass die Heizträgersubstitution zu erheblichen Mehrkosten im Lebenszyklus führt. In den Kantonen Neuenburg und Glarus ist diese Vorschrift nur auf Wohnbauten anwendbar, während andere Kantone einen Anteil von 10% oder 20% vorsehen. Im Kanton Solothurn existiert heute keine entsprechende Regelung.

Nachhaltigkeit Bauen
Nachhaltigkeit Bauen

Mit Photovoltaik-Anlagen können Neubauten heute einen Teil ihres Stromverbrauchs selbstständig decken. Mit den MuKEn 2014 einigte sich die kantonale Energiedirektion auf einen entsprechenden verbindlichen Mindestanteil. Voraussetzung ist dabei eine Kapazität von mindestens 10 Watt pro Quadratmeter Energiebezugsfläche (EBF). Die gesamte Liegenschaft muss dabei höchstens eine Leistung von 30 Kilowatt produzieren, was der elektrischen Leistung von 15 Backöfen, 2’500 LED-Glühbirnen oder 6’000 Handy-Ladegeräten entspricht. Alternativ können Hauseigentümerinnen und -eigentümer eine Ersatzabgabe leisten. Auch hier spielt der Kantönligeist: Deren Höhe wird von jedem der 20 Kantone, die die entsprechende Mustervorschrift bereits umgesetzt haben, individuell festgelegt. Seit Anfang Januar aufgrund des Bundesbeschlusses für dringliche Massnahmen zur kurzfristigen Sicherstellung der Stromversorgung im Winter vom letzten Herbst müssen Kantone, welche die MuKEn 2014 nicht gemäss dem entsprechenden Artikel umgesetzt haben, nun bei Neubauten ab 300 Quadratmetern auch Solaranlagen an der Gebäudehülle installieren.

Diese Neuregelung bei der Photovoltaik zeigt die Dynamik in der Gesetzgebung. So debattiert Mitte März der Nationalrat über nationale Vorgaben bezüglich Photovoltaikanlagen. Auch auf Anfang 2023 traten gewisse Neuerung in Kraft. So ist das neue Energiegesetz des Kanton Glarus seit dem 1. Januar 2023 rechtskräftig, das einem Verbot des Einbaus von fossilen Energieträgern sehr nahe kommt. 

Entsprechend wird es auch in Zukunft lokale Unterschiede in der Gesetzgebung geben. Die Unterschiede gibt es nicht nur bei den Vorschriften, sondern auch bei den Fördermassnahmen. So gibt es kantonale Unterschiede über die Höhe der Abzüge, die für energetische Massnahmen beim steuerbaren Einkommen geltend gemacht werden können. Bei den Fördergeldern gibt es sogar gemeindespezifische Unterschiede. Mehr dazu dann in einem späteren Blogbeitrag.

Mehr zur Regulierung im Nachhaltigkeitsbereich erfahren Sie beim Fachkurs «Nachhaltigkeit für Immobilienprofis».

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