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Rendi­te­lie­gen­schaften in turbu­lentem Markt­umfeld

Letzte Aktualisierung: 22. April 2025

Die Bewegungen am Kapital­markt sind derzeit heftig, die Inflation ist hoch, und die Zinswende ist einge­treten. Dennoch haben sich die Preise von Rendi­te­lie­gen­schaften in der Schweiz bislang kaum von ihren Höchst­ständen wegbewegt. Wie kann das sein? 

Die Auswir­kungen der Realwirt­schaft, von Nachfrage und Angebot sowie von Inflation und Zinsen auf die Immobi­li­en­preise im aktuellen Markt­umfeld sollen in einer Reihe von Blog-Beiträgen näher beleuchtet werden. Im vorlie­genden Beitrag fokus­sieren wir uns auf das Zusam­men­spiel von Inflation, Zinsen und Immobi­li­en­preisen.

Renditen von Staats­an­leihen bilden Infla­ti­ons­er­wartung ab

Aus ökono­mi­scher Sicht ist klar: Ein Anstieg der Inflation führt zu einem Anstieg der Zinsen, und der Zinsan­stieg wiederum steigert die Rendi­te­er­war­tungen von Immobi­li­en­in­ves­toren. Seit Mitte 2022 hat die Schwei­ze­rische Natio­nalbank (SNB) die Leitzinsen um insgesamt 1.25 Prozent­punkte auf ein Niveau von gegen­wärtig +0.5 Prozent angehoben, dies mit dem Ziel, die steigende Inflation zu bekämpfen. Die Renditen von Bundes­ob­li­ga­tionen sind jedoch bereits vor der Leitzins­er­höhung deutlich angestiegen – und aus den Renditen von Bundes­ob­li­ga­tionen lässt sich die Infla­ti­ons­er­wartung der Inves­toren während der jewei­ligen Laufzeit heraus­lesen.

Inflation und Renditen von Bundesobligationen
Renditen von Staats­an­leihen und von Immobilien: Enger Zusam­menhang

Abbildung 2 stellt die Renditen von Bundes­ob­li­ga­tionen mit 10-jähriger Laufzeit (vertikale Achse) den Spitzen­ren­diten von Mehrfa­mi­li­en­häusern (horizontale Achse) gegenüber. Histo­risch gesehen stehen diese beiden Kenngrössen in einem stabilen Verhältnis zuein­ander, was durch die hohe Korre­lation von 94 Prozent unter­mauert wird. Die aktuelle Situation, reprä­sen­tiert durch den blauen Punkt in Abbildung 2, stellt somit einen klaren Ausreisser dar.

Renditen von Staatsanleihen und von Immobilien: Enger Zusammenhang

Während die nominalen Renditen von Bundes­ob­li­ga­tionen innert Jahres­frist stark gestiegen sind, haben sich die Anfangs­ren­diten von Schweizer Rendi­te­lie­gen­schaften im Jahr 2022 kaum bewegt. Als Folge davon liegen die beiden Kennzahlen so nahe beiein­ander wie schon lange nicht mehr, sodass die Risiko­prämie für Anlagen in Immobilien gegenüber Bundes­ob­li­ga­tionen praktisch verschwunden ist (vgl. Abbildung 3).

Nominaler und realer Rendi­te­spread

Die Differenz zwischen den Renditen von Bundes­ob­li­ga­tionen und den Anfangs­ren­diten von Rendi­te­lie­gen­schaften wird als Spread definiert. Auch wenn die Zinsen seit der Finanz­krise im Jahr 2007/08 laufend sanken, bewegte sich der Rendi­te­spread zwischen Bundes­ob­li­ga­tionen und Spitzen­ren­diten von Mehrfa­mi­li­en­häusern in Zürich stets rund um die 2‑Prozent-Marke. Diese Stabi­lität ist unter anderem darauf zurück­zu­führen, dass Anfangs­ren­diten relativ träge auf makro­öko­no­mische Verän­de­rungen reagieren. Ausserdem hängen die Auswir­kungen auf die Anfangs­ren­diten von der Dauer und der Inten­sität von Zinsän­de­rungen ab. In diesem Jahrtausend waren Zinsan­stiege jeweils vorüber­ge­hender Natur. Entspre­chend war die Attrak­ti­vität von Obliga­tionen als Anlage­al­ter­native jeweils bereits wieder gesunken, noch bevor sich die ganze Immobi­li­en­wirt­schaft auf die höheren Zinsen einge­stellt hatte. Aktuell liegt der nominale Rendi­te­spread jedoch praktisch bei null, wie Abbildung 3 zeigt.

Nominaler und realer Renditespread

Wenn man jedoch bei den Renditen der Obliga­tionen die Teuerung mitbe­rück­sichtigt, zeigt sich, dass der Rendi­te­spread derzeit sogar besonders gross ist: Der Spread zwischen den Renditen von Bundes­ob­li­ga­tionen nach Abzug der Teuerungs­er­wartung und den Spitzen­ren­diten von Mehrfa­mi­li­en­häusern in Zürich liegt gegen­wärtig bei über 3 Prozent­punkten, was im histo­ri­schen Vergleich ein relativ hoher Wert ist (Abbildung 4). So stellt sich die Frage: Wohin bewegen sich nun die Immobi­li­en­ren­diten?

Ergebnisse

Abbildung 5 wirft einen Blick in die Dynamik in der Vergan­genheit und zeigt die quartals­weise Verän­derung der Renditen von Bundes­ob­li­ga­tionen und der Spitzen­ren­diten von Mehrfa­mi­li­en­häusern in Zürich für jedes Quartal seit 2001. Im 2. Quartal 2022 (blauer Punkt) sind die Renditen von Bundes­ob­li­ga­tionen im Vergleich zum Vorquartal um fast 0.6 Prozent­punkte angestiegen, wogegen sich die Netto­an­fangs­ren­diten nicht verändert haben. In der Abbildung 5 ist die Korre­lation mit –0.11 deutlich kleiner als in Abbildung 2, wo sich die Korre­lation von 0.94 auf statische Daten bezog. Dies verdeut­licht, dass die Erwar­tungen an Renditen von Immobi­li­en­an­lagen im Trans­ak­ti­ons­markt gebildet werden und nicht rein mecha­nisch aus der Entwicklung der Zinsen abgeleitet werden können. Es gilt also, den Anlage- und den Nutzer­markt umfassend zu betrachten und in die Analysen mitein­zu­be­ziehen, ein reiner Blick auf die Zinsen ist nicht ausrei­chend.

Ergebnisse
Ausblick

Wie sich die Renditen von Rendi­te­lie­gen­schaften entwi­ckeln, hängt stark von der Entwicklung  von Inflation und Zinsen ab. Sollten auch die realen Renditen von Bundes­ob­li­ga­tionen steigen, würden (ceteris paribus) die Immobi­li­en­ren­diten wohl mitziehen. Solange die Inflation jedoch hoch bleibt, verharrt die reale Verzinsung der Obliga­tionen auf tiefem Niveau. Dies wiederum dämpft den Anstieg der Rendi­te­er­wartung in Bezug auf Immobi­li­en­an­lagen. In diesem Zusam­menhang ist der (partielle) Infla­ti­ons­schutz von Liegen­schaften zu erwähnen; dieser fehlt bei festver­zins­lichen Anleihen wie Bundes­ob­li­ga­tionen. Sowohl Teuerung als auch der Anstieg des Referenz­zins­satzes sind bei Wohnlie­gen­schaften teilweise überwälzbar (vgl. dazu den Blogar­tikel «Einfluss der Inflation auf Rendi­te­lie­gen­schaften»).

Die Teuerung ist im Oktober 2022 im Vergleich zum jüngsten Höchst­stand im August um 0.5 Prozent­punkte auf 3.0 Prozent zurück­ge­gangen, liegt damit jedoch immer noch deutlich über dem Zielband von 0 bis 2 Prozent. Vieles deutet gegen­wärtig auf eine definitive Abkehr von den Negativ­zinsen und auf eine noch restrik­tivere Geldpo­litik hin. Mit höheren Zinsen ist die Marsch­richtung der Anfangs­ren­diten von Liegen­schaften vorge­zeichnet – nämlich nach oben. Aller­dings spielen auch das konjunk­tu­relle Umfeld respektive das Zusam­men­spiel von Angebot und Nachfrage eine wichtige Rolle bei der Bildung der Immobi­li­en­preise.

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