Bedarfsorientierte Strategieentwicklung für preisgünstigen Wohnraum
Veröffentlicht am: 13. Oktober 2025

Die Gemeinde Wangen-Brüttisellen steht vor zahlreichen Arealentwicklungen, während gleichzeitig der Gebäudebestand mit günstigen Bestandsmieten vor einem Sanierungszyklus steht. Diese bauliche Transformation wirft zentrale Fragen auf: Wie soll sich die Gemeinde weiterentwickeln? Wer wird künftig in Wangen-Brüttisellen wohnen? Und wie kann auch Wohnraum für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen geschaffen werden? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, hat die Gemeinde Wangen-Brüttisellen proaktiv gehandelt und gemeinsam mit Wüest Partner eine Strategie erarbeitet.
Was bedeutet «preisgünstig» überhaupt?
Im ersten Schritt wurden mit dem Gemeinderat die relevanten Begriffe geklärt und präzisiert. Zwar wird der Ausdruck «preisgünstig» in Gesetzen und Verordnungen verwendet («Der Bund fördert den Bau, die Erneuerung und den Erwerb preisgünstigen Wohnraums sowie die Tätigkeit von Organisationen des gemeinnützigen Wohnbaus…» WFG, SR 842 § 2) und im Kanton Zürich sogar im Rahmen der Förderlandschaft in Relation zu Investitionskosten quantifiziert.
Ausserhalb staatlicher Förderinstrumente sind jedoch weder «bezahlbar» noch «preisgünstig» eindeutig definiert und müssen daher gemeindespezifisch festgelegt werden. Als Diskussionsgrundlage differenziert Wüest Partner wie folgt (s. Abbildung):
- Preisgünstig: bezieht sich auf die günstigsten Marktsegmente (z. B. Angebotsmieten bis zum 30%-Quantil).
- Bezahlbarkeit: stellt eine subjektive Perspektive dar und beschreibt den Anteil des Haushaltseinkommens, der für Wohnen aufgewendet wird.
- Gemeinnütziger Wohnungsbau: ist nicht gewinnorientiert und wird meist von Genossenschaften auf Basis der Kostenmiete angeboten.
preisgünstig
«günstig, vorteilhaft im Preis.» 1
- rechtlich nicht klar definiert
- beschreibt die Nutzerperspektive im Hinblick auf den Preis
- Mieten im Vergleich zu ähnlichen Flächen an vergleichbarer Lage günstiger verfügbar
- relativer Begriff verglichen mit einer Referenzgrösse
bezahlbar
«sich bezahlen lassend; die Möglichkeit bietend, etwas bezahlen zu können.» 1
- Rechtlich nicht klar definiert
- Nutzerperspektive
- Orientiert sich an Ertragsstärke (Einkommen)
- z.B. bezahlbar, wenn Miete < ein Drittel des Bruttoeinkommens
gemeinnützig
«dem allgemeinen Wohl dienend; nicht auf Gewinn ausgerichtet, sondern sozialen Aufgaben dienend.» 1
- Nutzen der Gemeinschaft steht im Vordergrund
- sozialer Hintergrund, kann z.B. die Unterstützung von Bedürftigen bedeuten
- «Der gemeinnützige Wohnungsbau zielt darauf ab, das allgemeine Wohl zu fördern und dabei keine eigenen Interessen in materieller und wirtschaftlicher Hinsicht zu verfolgen.(…)» 2
ertragsoptimiert
«finanzieller Nutzen; Gewinn den etwas einträgt» (Ertrag)1
«so gestalten oder verbessern, dass das bestmögliche Ergebnis erreicht wird.» (optimieren)1
- Marktmiete wird als die Miete, die unter normalen Marktbedingungen (d.h. bei freiem Angebot und Nachfrage) erzielt werden kann und gewissermassen den bestmöglichen Ertrag unter einer Renditeerwartung für den Eigentümer widerspiegelt.
1gemäss Duden, Abfrage 07/2023
2vgl. Wohnraumförderungsgesetz WFG, Art.4
Bedarfsermittlung
Im zweiten Schritt stand die Klärung des Bedarfs im Vordergrund. Dabei wurden sowohl das aktuelle und künftig erwartete Wohnraumangebot als auch die Bevölkerungsentwicklung analysiert. Diese datenbasierte Auslegeordnung ermöglichte ein fundiertes Verständnis der baulichen und soziodemografischen Strukturen und zeigte Chancen sowie Risiken für die Gemeindeentwicklung auf. Die eigentliche Bedarfsermittlung erfolgte über die Gegenüberstellung von Haushaltseinkommen und Mietausgaben auf Gemeindeebene. Die resultierende Mietbelastung, differenziert nach Haushaltstypen, erlaubte die Identifikation und Quantifizierung der relevanten Zielgruppen für preisgünstigen Wohnraum.
Handlungsoptionen für die Gemeinde
In einem dritten Schritt präsentierte Wüest Partner verschiedene Optionen zur Erweiterung des Angebots an preisgünstigem Wohnraum. Die Handlungsoptionen sind vielseitig und können von Beratungsdienstleistungen für interessierte Eigentümerschaften, über Finanzierungshilfen, Abgabe von Bauland, raumplanerische Massnahmen bis hin zu Bautätigkeit durch die Gemeinde reichen. Wichtig ist, dass sie auf die Möglichkeiten der Gemeinde abgestimmt sind. In Wangen-Brüttisellen wurden unter anderem raumplanerische Massnahmen, die Subjektförderung sowie eine aktive Bodenpolitik diskutiert. Die Umsetzung soll nun in einzelne kommunalen Masterpläne integriert werden, indem Mindestanteile an preisgünstigem Wohnraum festgelegt werden.
Fazit und Ausblick
In Wangen-Brüttisellen stehen ein soziodemographischer Wandel und zahlreiche Entwicklungen an. Als gestaltungswillige Gemeinde begleitet Wangen-Brüttisellen diese grundlegenden Entwicklungen aktiv und hat in diesem Zusammenhang ihre Strategie zur Frage des preisgünstigen Wohnraums definiert.