Weiter zum Ihnhalt

Rückgang des Wohnungs­leer­stands: Kantonale Entwick­lungen und Ursachen

Veröffentlicht am: 14. September 2023 Letzte Aktualisierung: 22. April 2025

Der Schweizer Wohnungs­leer­stand hat sich im Jahr 2023 bereits das dritte Mal in Folge reduziert. Gemäss dem Bundesamt für Statistik ist der Leerstand im Vergleich zum Vorjahr um 10.9 Prozent gesunken und beträgt mit 54’765 Wohnein­heiten gegen­wärtig 1.15 Prozent des Schweizer Wohnungs­be­standes.


Rückgang in den meisten Kantonen

Die Leerstand­ab­nahme war in den meisten Kantonen zu beobachten. Besonders stark fiel er in den Kantonen Appenzell-Ausserrhoden, Schaff­hausen, Schwyz, Glarus und Uri aus mit einem Minus von 23 bis 35 Prozent. Die Kantone Fribourg, Aargau, Neuchâtel, St. Gallen, Thurgau, Tessin, Zürich und Waadt zeigten ebenfalls deutliche Rückgänge zwischen 10 und 20 Prozent. Zugenommen hat der Leerstand in den Kantonen Zug, Genf, Nidwalden, Jura, Luzern und Basel-Landschaft, wobei sich die Leerstands­quote in Zug, Genf und Nidwalden noch immer auf sehr tiefem Niveau befindet.

Stärkerer Rückgang bei den Mietwoh­nungen

Weiter beschleunigt hat sich der Leerstand­abbau im Segment der Mietwoh­nungen mit einem Minus von 15.9 Prozent gegenüber Vorjahr (2022: –13.5 Prozent 2021: –8.4 Prozent). Gegen­wärtig entfällt 80.7 Prozent des Leerstandes auf Mietwoh­nungen (44’213 Einheiten). Im Segment der Eigen­tums­woh­nungen hat die Zahl der leeren Objekte im Jahres­ver­gleich um 18% (+1612 Einheiten; 10’552 leere Objekte) zugenommen. Zudem wurden 6124 unbewohnte Einfa­mi­li­en­häuser gezählt. Das entspricht gegenüber dem Vorjahr einer Zunahme von 795 Einheiten (+14.9%).



Leerstand in Zahlen

Leerstand in Zahlen

Vielerorts unter dem optimalen Wohnungs­leer­stand

Eine jüngst durch­ge­führte Unter­su­chung von Wüest Partner zeigt, dass die optimale Leerstands­quote, also die Quote, die für eine stabile Entwicklung der realen Mieten und Preise sorgen würde, in der Schweiz bei 1.27 Prozent liegt. Es zeigen sich dabei grosse kantonale Unter­schiede. In eher ländlichen Kantonen wie Thurgau, Glarus, Jura oder Solothurn gibt es eine ausge­prägte Hetero­ge­nität sowohl in Bezug auf die Stand­ort­qua­lität der einzelnen Bezirke als auch in Bezug auf die Qualität der Wohnungen. Demnach ist eine grössere Anzahl an leer stehenden Wohnungen erfor­derlich, damit jede und jeder eine Wohnung finden kann, die den eigenen Bedürf­nissen entspricht. In stark urbani­sierten Kantonen wie Genf und Zürich dagegen reicht eine vergleichs­weise geringe Leerstands­quote von 0.75 bezie­hungs­weise 0.77 Prozent aus, um einen funktio­nie­renden Markt zu gewähr­leisten.

Aktuell liegt die Leerstands­quote in 20 von 26 Kantonen unter dem optimalen Level. Dies illus­triert, dass das Thema der Wohnungs­knappheit nicht mehr nur ein städti­sches Phänomen, sondern eine Heraus­for­derung in vielen Regionen ist.




Vielfältige Gründe für den Wohnungs­leer­stand

Zu den Haupt­gründen für den starken Rückgang der Markt­li­qui­dität zählt die geringe Neubau­tä­tigkeit. Seit 2018 nimmt die Zahl der Neubau­be­wil­li­gungen ab. Im letzten Jahr wurden Neubau­be­wil­li­gungen für lediglich 42’200 Wohnein­heiten gezählt − dies entspricht dem niedrigsten Wert seit 2003.

Dass in der Schweiz immer weniger Wohnungen gebaut werden, hat verschiedene Ursachen. Die Umsetzung der revidierten Raumplanung gehört mit dazu. Obwohl in den meisten Regionen der Schweiz genügend Bauland­re­serven und Verdich­tungs­po­ten­ziale vorhanden sind, bremsen recht­liche Proble­ma­tiken die Neubau­tä­tigkeit. Viele Gemeinden haben erst in jüngster Zeit begonnen, ihre Bau- und Zonen­ord­nungen anzupassen, was einige Inves­toren zum Abwarten veran­lasst. Auch kompli­zierte Vorschriften, langwierige Baube­wil­li­gungs­pro­zesse und häufige Einsprachen sorgen für Unsicherheit und verzögern grosse Projekte. Zu diesen generellen Heraus­for­de­rungen gesellen sich aktuell erschwerend hohe Baupreise, steigende Finan­zie­rungs­kosten und wieder attrak­tiver werdende Alter­na­tiven zu Immobi­li­en­in­vest­ments, was seit Anfang 2022 zusätzlich auf die Neubau­tä­tigkeit drückt.

Nachfrage: Vielschichtige Dynamik

Neben der abneh­menden Bautä­tigkeit trägt auch die verän­derte Nachfrage entscheidend zum derzei­tigen Wohnungs­mangel in der Schweiz bei. Der erhöhte Bedarf an Wohnungen wird meist mit dem dynami­schen Bevöl­ke­rungs­wachstum in Zusam­menhang gebracht, und dieses ist auch tatsächlich einer der Haupt­gründe für die grosse Nachfrage. Die folgenden Faktoren spielen hier jedoch ebenfalls eine wesent­liche Rolle:

  • Haushalts­grösse: Je kleiner die Haushalte, desto mehr Wohnungen werden nachge­fragt.
  • Verän­de­rungen in der Gesell­schafts­struktur: Wenn mehr Menschen sich scheiden lassen oder eine Beziehung beenden, kann dies einen Anstieg der Anzahl Haushalte nach sich ziehen.
  • Demogra­fische Entwicklung: Die Zunahme der Lebens­er­wartung und die Alterung der Bevöl­kerung führen dazu, dass mehr Menschen in Ein- oder Zweiper­so­nen­haus­halten leben.
  • Migration: Je niedriger die Arbeits­lo­sen­quote, desto stärker wird auf das Arbeits­kräf­te­po­tenzial im Ausland zurück­ge­griffen, und desto stärker ist die Migration. Und wenn mehr Menschen in eine bestimmte Region ziehen, erhöht dies dort die Anzahl Haushalte.
  • Wohlstand: Wenn mehr Menschen es sich leisten können, alleine oder in kleinen Haushalten zu leben, führt dies zu einem Anstieg der Anzahl Haushalte.
  • Wohnkos­ten­be­lastung: Fallende oder steigende Wohnkosten in einer Region können zur Folge haben, dass mehr Menschen zu- oder wegziehen.
  • Angebot schafft Nachfrage: Der Bau von neuen Wohnungen kann eine zusätz­liche Nachfrage auslösen, sowohl bei Personen, die von anderswo zuziehen möchten, als auch bei Personen, die in einem kleineren Haushalt leben möchten.

Weitere Infor­ma­tionen zu den aktuellen Entwick­lungen im Wohnungs­markt finden Sie im Immo-Monitoring.