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Kreis­lauf­wirt­schaft und Immobilien: Chance für innovative Investor:innen

Letzte Aktualisierung: 22. April 2025

Der Bau und Betrieb von Gebäuden und Infra­struk­turen ist verant­wortlich für rund 50 Prozent des Rohstoff­be­darfs, einen Drittel der CO2-Emissionen und über 80 Prozent des Abfall­auf­kommens in der Schweiz. Dies macht deutlich, wie gross die Verant­wortung ist, die die Bau- und Immobi­li­en­branche trägt, wenn es darum geht, Ressourcen zu schonen und Emissionen zu reduzieren. In diesem Zusam­menhang gewinnt die Trans­for­mation von einer linearen zu einem zirku­lären Wirtschafts­system stetig an Bedeutung. Wie aber steht es um die Kreis­lauf­wirt­schaft im Immobi­li­en­markt? Nutzen die Investor:innen die sich daraus ergebenden Chancen? Oder überwiegt angesichts der Komple­xität des Themas noch die Skepsis? Wüest Partner wollte es genauer wissen und hat die Entscheidungsträger:innen gefragt. Erfahren Sie mehr dazu in diesem Artikel.

Kreis­lauf­wirt­schaft gewinnt an Relevanz

Während langer Zeit richteten die meisten Investor:innen den Fokus auf die Optimierung des Energie­be­darfs von Immobilien bzw. auf die Reduktion der Emissionen, die in deren Betrieb anfallen. Nun jedoch gewinnt die Themen graue Energie und Kreis­lauf­wirt­schaft für eine wachsende Zahl an Investor:innen an Relevanz. Am 27. Juni 2023 hat eine Gruppe von insti­tu­tio­nellen Bauherr­schaften die Charta für kreis­lauf­ori­en­tiertes Bauen unter­zeichnet.

Handlungs­ma­ximen der Kreis­lauf­wirt­schaft

Kreis­lauf­wirt­schaft ist ein umfas­sendes Konzept. Für die Bauwirt­schaft ist das Thema Recycling heute schon sehr präsent. Das Thema Reuse, im Sinne einer Wieder­ver­wendung von Bauteilen, wird von einzelnen Akteuren aus Archi­tektur und Bauwirt­schaft voran getrieben, auch durch die zuneh­mende Etablierung von Bauteil­börsen. Aus der Sicht der Investor:innen besteht die Heraus­for­derung jedoch darin, den ganzen Lebens­zyklus einer Immobilie anhand zirku­lärer Prinzipien zu gestalten. Dafür reichen Reuse und Recycling nicht aus. Bis zu 10 mit «Re» begin­nende Grund­prin­zipien werden in diesem Zusam­menhang genannt. Wir konzen­trieren uns hier neben Reuse und Recycling auf die Handlungs­ma­ximen Refuse, Reduce und Rethink, die wir wie folgt in einer Pyramide anordnen können:



Handlungs­maxime der Kreis­lauf­wirt­schaft
Strategien im Umgang mit dem Gebäu­depark

Dabei gilt: Je höher eine Maxime angeordnet ist, desto wichtiger ist sie, um ein Immobi­li­en­port­folio im Sinne der Kreis­lauf­wirt­schaft nachhaltig zu bewirt­schaften.

Refuse

An oberster Stelle steht die Maxime «Refuse» und damit die Vermeidung von baulichen Massnahmen. Angesichts der Knappheit von Ressourcen und in Anbetracht der Energie, die bei Bauvor­haben verbraucht wird (Stichwort graue Energie), sollen bestehende Struk­turen möglichst lange weiter­ge­nutzt werden. Das bedeutet, dass alter­native Nutzungs­formen geprüft werden sollen, um den unnötigen Abriss von Gebäuden zu vermeiden und den Gebäu­de­be­stand zu schützen.

Reduce

Nicht immer lassen die Umstände die Weiter­nutzung eines Gebäudes zu, sei es aus techni­schen, funktio­nalen oder wirtschaft­lichen Gründen. Wenn bauliche Massnahmen unver­meidbar sind, soll der Ressour­cen­ver­brauch möglichst gering gehalten werden.

Rethink

Das Neu- und Umdenken von Konzepten im Umgang mit Immobilien ist ein weites Feld. So kann man neue Wohn- und Arbeits­formen entwi­ckeln, um Gebäude länger zu nutzen, dank innova­tiver Planungs­pro­zesse den Ressour­cen­ver­brauch verringern oder neue bioba­sierte Bauweisen erproben. Im Neu- wie auch im Umbau­be­reich gilt es, im Hinblick auf die Kreis­lauf­wirt­schaft Konzepte wie Nutzungs­fle­xi­bi­lität, die Zugäng­lichkeit von Bauteilen, eine schlanke Gebäu­de­technik oder die Trennung von Struktur und Technik schon in der Planungs­phase zu berück­sich­tigen.

Reuse

Von Wieder­ver­wendung spricht man, wenn Materialien oder ganze Bauteile entweder in gleicher Funktion oder für einen neuen Zweck wieder­ver­wendet werden.

Recycle

Erst wenn sich ein Produkt nicht mehr länger nutzen lässt, wird es dem Recycling zugeführt. Beim Recycling werden Materialien gesammelt, teilweise oder vollständig aufbe­reitet und in neue Güter umgewandelt. So bleiben sie möglichst lange im Kreislauf. Recycling sollte jedoch die letzte Wahl sein: In fast allen Fällen ist es besser, Produkte möglichst lange zu nutzen, da Recycling wegen des Verbrauchs von Energie, Wasser oder Chemi­kalien die Umwelt belastet.

Umfrage zeigt: Inves­to­rinnen und Inves­toren setzen vermehrt auf Kreis­lauf­wirt­schaft

Die Umfrage

Im Auftrag der Senn Resources AG führte Wüest Partner im Herbst 2022 eine Umfrage durch. Dabei wurden über 300 Schweizer Unter­nehmen, die in Immobilien inves­tieren, befragt. Diese Umfrage wurde bereits zum zweiten Mal durch­ge­führt. Wie damals im Herbst 2020 wurde sie auch diesmal um 10 quali­tative Inter­views mit ausge­wählten Expert:innen ergänzt.

Ziel der Umfrage

Das Ziel der Umfrage bestand darin, heraus­zu­finden, welchen Stellenwert die Nachhal­tigkeit generell in der Schweizer Immobi­li­en­wirt­schaft geniesst. Ausserdem sollte die Frage beant­wortet werden, wie hoch die Zahlungs­be­reit­schaft für verschiedene Nachhal­tig­keits­aspekte ausfällt (mehr dazu im Blogar­tikel «Sind nachhaltige Immobilien wertvoller?»).

Rendite, Standort und Mikrolage ausschlag­gebend

Die Umfrage hat gezeigt, dass bei Akqui­si­ti­ons­ent­scheiden nach wie vor die klassi­schen Faktoren Rendite, Standort und Mikrolage ausschlag­gebend sind. Nur 31 Prozent der Investor:innen gaben an, dass das Thema Kreis­lauf­wirt­schaft beim Kauf einer Immobilie eine Rolle spielt. Damit bewegt sich das Thema bezüglich Relevanz auf einem ähnlichen Niveau wie die Themen Biodi­ver­sität, Klima­re­si­lienz und Aussenraum.

Mittel­fristig zuneh­mende Relevanz von ökolo­gi­schen Aspekten

Sobald die Investor:innen jedoch die mittel­fristige Relevanz von Nachhal­tig­keits­aspekten beurteilen, gewinnen diese deutlich an Gewicht. Dazu gehören Themen wie der ökolo­gische Fussab­druck, Lebens­zy­klus­kosten, Nutzungs­fle­xi­bi­lität und Klima­re­si­lienz. 65 Prozent der Investor:innen geben an, dass die Kreis­lauf­wirt­schaft mittel­fristig von Bedeutung sein wird. Für 19 Prozent ist das Thema mittel­fristig sogar ausschlag­gebend.





Lebens­zyklus: Flexible Nutzung besonders wertvoll

Die Umfrage hat gezeigt, dass mehr als jeder zweite Investor bei Akqui­si­tionen auf die Nutzungs­fle­xi­bi­lität achtet. Dabei geht es zum Beispiel um die Frage, ob Wohnungs­grössen verän­derbar sind oder wie flexibel das Steig­zo­nen­layout gestaltet ist, um künftige Nutzungs­än­de­rungen zu ermög­lichen. Ebenso ist für rund die Hälfte der Investor:innen eine schlanke Gebäu­de­technik entscheidend.

Mehr erfahren über Strate­gie­be­ratung bei Wüest Partner.

Zirkuläre Gebäude: Wachsende Zahlungs­be­reit­schaft

Die Umfrage von Herbst 2022 zeigte zwar, dass 38 Prozent der Investor:innen nicht bereit sind, mehr zu zahlen für ein Gebäude, das nach den Prinzipien der Kreis­lauf­wirt­schaft erstellt wurde. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass dieser Wert anlässlich der Umfrage 2020 noch bei 54 Prozent lag. Auf der anderen Seite hat der Anteil derje­nigen, die angaben, eine erhöhte Zahlungs­be­reit­schaft für zirkuläre Gebäude zu haben, zugenommen: Im Herbst 2020 waren es insgesamt noch 17 Prozent. Im Herbst 2022 gaben immerhin schon 20 Prozent der Investor:innen an, bereit zu sein, für ein zirku­läres Gebäude bis zu 3 Prozent mehr zu zahlen, 7 Prozent würden sogar mehr als 3 Prozent mehr zahlen.





Dominanz des Themas Energie­ef­fi­zienz über graue Energie

Das Thema Kreis­lauf­wirt­schaft hat es noch nicht ganz auf den Radar aller Investor:innen geschafft: Nur 27 Prozent geben eine erhöhte Zahlungs­be­reit­schaft an für Gebäude, die nach den Prinzipien der Kreis­lauf­wirt­schaft erstellt wurden. Themen, die sich auf den Betrieb und die energe­tische Perfor­mance beziehen, haben derzeit noch einen gewissen Vorsprung: Bei Gebäuden, die mehr Energie produ­zieren als sie verbrauchen, oder bei besonders energie­ef­fi­zi­enten Gebäuden mit einem hohen Anteil erneu­er­barer Energie (Minergie) sind 41 Prozent der Investor:innen bereit, einen höheren Preis zu berappen.

Sie wollen mehr über das Thema Wertre­levanz erfahren? Lesen Sie dazu den Blogar­tikel «Sind nachhaltige Immobilien wertvoller?».






Drei Haltungen zur Nachhal­tigkeit: Erfüllen, Mitdenken, Umdenken

Die Haltung von Schweizer Immobi­li­en­in­ves­toren bei ihrem Umgang mit Nachhal­tigkeit lässt sich den folgenden drei Kategorien zuordnen:

Erfüllen

Eine erste Gruppe von Investor:innen orien­tiert sich an gewohnten Prozessen. Das Nachhal­tig­keits­ver­ständnis wird durch Geset­zes­grund­lagen und Normen bestimmt. Innovation oder nachhal­tiges Bauen haben einen eher geringen Stellenwert, es fehlt oft an Wissen oder an Fachkräften.

Mitdenken

Eine zweite Gruppe von Investor:innen geht davon aus, dass nachhal­tiges Bauen mittel- oder langfristig die Risiken minimiert. Auch der Anleger­druck spielt eine Rolle: Ihre Liegen­schaften orien­tieren sich an aktuellen Nachhal­tig­keits­stan­dards, um nicht zu «stranded assets» zu verkommen. Diese Gruppe möchte sich abheben von der Konkurrenz, indem sie ihr Bewusstsein für Nachhal­tig­keits­themen anhand von beson­deren Pilot- oder Leucht­turm­pro­jekten signa­li­siert, Erfah­rungen sammelt, sich am Diskurs beteiligt.

Umdenken

Eine wachsende Gruppe von Investor:innen ist bereit, einen Schritt weiter­zu­gehen und umzudenken. Sie streben nach Innovation und entwi­ckeln neue Konstruk­ti­ons­weisen, Prozesse, Wohnformen mit dem Ziel, eine neue, radikale Nachhal­tigkeit zu etablieren. Diese Gruppe engagiert sich am stärksten für Themen der Kreis­lauf­wirt­schaft.

Wüest Partner und Durable unter­stützen Kund:innen bei der Trans­for­mation hin zur Kreis­lauf­wirt­schaft

Dienst­leis­tungen

Wir bieten unseren Kund:innen folgende Dienst­leis­tungen:

  • Entwicklung von Leitfäden und Konzepten zur Kreis­lauf­wirt­schaft
  • Definition von Anfor­de­rungen im Bereich Kreis­lauf­wirt­schaft für die Projekt­ent­wicklung und Planung
  • Strategien zum Erhalt von bestehenden Gebäuden und Gebäu­de­er­neuerung
  • Imple­men­tierung von Massnahmen der Kreis­lauf­wirt­schaft in den Prozess­ab­läufen einer Organi­sation
  • Szena­rio­ana­lysen für konkrete Baupro­jekte

Unser Nachhaltigkeits-Angebot in der Übersicht.

Entwick­lungs­part­ner­schaft

Wir sind auf der Suche nach inter­es­sierten Kund:innen, die als Entwicklungspartner:innen davon profi­tieren wollen, dass neue Produkte auf Ihre Bedürf­nisse zugeschnitten werden. Dabei handelt es sich um folgende Angebote:

  • Portfo­lio­analyse hinsichtlich Ressourcen/Baumaterialien: Erstellung von Gebäu­deres­sour­cen­pässen als Erwei­terung des Gebäu­de­mo­dells in «Wüest Dimen­sions»
  • Monitoring des Ressour­cen­ver­brauchs (bei Sanie­rungen und Neubauten) und der grauen Emissionen
  • Circu­larity Reporting (Beurteilung von Rückbau­barkeit, Trenn­barkeit, Rezyklier­fä­higkeit etc. basierend auf dem Gebäu­deres­sour­cenpass)

Treten Sie in Kontakt mit uns.