Weiter zum Ihnhalt

Umfrage bei Investor:innen: Sind nachhaltige Immobilien wertvoller?

Letzte Aktualisierung: 09. Mai 2025

Erstel­lungs­datum: 24. August 2023

Wie hoch ist der Stellenwert von Nachhal­tigkeit in der Schweizer Immobi­li­en­wirt­schaft? Und sind Investor:innen bereit, höhere Preise für nachhaltige Immobilien zu bezahlen? Diese und weitere Fragen stellten wir den Entscheidungsträger:innen von über 300 Unter­nehmen, die in Immobilien inves­tieren.

Im Auftrag der Senn Resources AG führte Wüest Partner im Herbst 2022 eine Umfrage durch. Dabei wurden über 300 Schweizer Unter­nehmen, die in Immobilien inves­tieren, befragt. Diese Umfrage wurde bereits zum zweiten Mal durch­ge­führt. Wie im Herbst 2020 wurde sie auch diesmal um quali­tative Inter­views mit ausge­wählten Expert:innen ergänzt.

Vorab die 5 wichtigsten Erkennt­nisse:

  1. Nachhal­tig­keits­themen gewinnen im Rahmen von Akqui­si­tionen an Relevanz – besonders dann, wenn die Investor:innen eine mittel­fristige Perspektive einnehmen und den Blick bewusst in die Zukunft richten.
  2. Beim Akqui­si­ti­ons­prozess fokus­sieren 70 Prozent der Investor:innen auf erneu­erbare Energien sowie auf die Energie­ef­fi­zienz von Gebäuden. Das Thema graue Energie spielt nur für 11 Prozent der Befragten eine Rolle.
  3. Für besonders flexible Gebäude, die gut umgenutzt werden können, zeigt jede:r zweite Investor:in eine erhöhte Zahlungs­be­reit­schaft.
  4. Für besonders energie­ef­fi­ziente Gebäude (Minergie‑A/-P) sind 42 Prozent der Investor:innen bereit, tiefer in die Tasche zu greifen.
  5. Für Gebäude, die auf eine besonders ökolo­gische Art und Weise erstellt wurden (bioba­sierte Materialien, Berück­sich­tigung zirku­lärer Prinzipien, tiefe Treib­haus­gas­emis­sionen bei der Erstellung), zeigen nur 25 Prozent der Investor:innen eine erhöhte Zahlungs­be­reit­schaft.

In der Folge stellen wir Ihnen die Ergeb­nisse der Umfrage vor. Dabei folgen wir dem Aufbau der Umfrage, die in vier Kapitel unter­teilt war:

  1. Ausle­ge­ordnung
  2. Energie
  3. Treib­haus­gas­emis­sionen
  4. Kreis­lauf­wirt­schaft

Als Fazit stellen wir uns am Ende dieses Artikels die Frage «Wie relevant sind Nachhal­tig­keits­themen für die Bewertung von Immobilien?». Vor allem das 1. Kapitel sowie das Fazit wird mit vielen Erkennt­nissen aus den quali­ta­tiven Inter­views angerei­chert.

1. Ausle­ge­ordnung

Wachsende Bedeutung von Nachhal­tigkeit

Die Klima­krise, die zuneh­mende Unsicherheit im Immobi­li­en­markt und das sich wandelnde politisch-rechtliche Umfeld fordern Immobilieninvestor:innen zunehmend dazu auf, sich mit Fragen der Nachhal­tigkeit ausein­an­der­zu­setzen. Die Zahl der Unter­nehmen, die eigene Fachstellen für Nachhal­tigkeit oder für ESG-Themen einrichten, steigt laufend. Bei Finanz­in­sti­tu­tionen ist zu beobachten, dass die interne Aus- und Weiter­bildung der Mitar­bei­tenden auf breiter Basis voran­ge­trieben wird.

Rund 45 Prozent der befragten Immobilieninvestor:innen haben auf Unter­neh­mens­ebene Zielvor­gaben zur Nachhal­tigkeit von Akqui­si­ti­ons­ob­jekten festgelegt. Rund 30 Prozent verwenden ein ESG-Rating.

Die Umfrage unter­sucht unter anderem die Frage, wie unter­schiedlich hoch die Relevanz einzelner Entschei­dungs­kri­terien bei einer Akqui­sition von Investor:innen einge­schätzt wird. Die folgende Grafik stellt mögliche Entschei­dungs­kri­terium als Blasen dar, wobei die Grösse der Blasen den Anteil der Befragten wider­spiegelt, für die das jeweilige Kriterium ausschlag­gebend für die Akqui­sition ist. Je grösser die Blase, desto entschei­dender ist das Kriterium.



Akquisitionsentscheiden


Die Umfrage hat gezeigt, dass bei Akqui­si­ti­ons­ent­scheiden nach wie vor die klassi­schen Faktoren Rendite, Standort und Mikrolage ausschlag­gebend sind. Wenn die Investor:innen jedoch die mittel­fristige Relevanz von Nachhal­tig­keits­aspekten beurteilen, gewinnen diese deutlich an Gewicht. Dazu gehören Themen wie Kreis­lauf­wirt­schaft, ökolo­gi­scher Fussab­druck, Lebens­zy­klus­kosten, Nutzungs­fle­xi­bi­lität und Klima­re­si­lienz. Das relative Wachstum der Gruppe, die das Kriterium mittel­fristig als ausschlag­gebend beurteilt, wird hierbei prozentual in der Grafik angegeben.

Externe Treiber

Damit das von vielen Insti­tu­tionen dekla­rierte Netto-Null-Ziel bis 2050 erreicht werden kann, muss der Gebäu­depark in den kommenden Jahren energe­tisch saniert und nachhaltig weiter­ge­dacht werden, sodass Energie­bedarf, Ressour­cen­ver­brauch und Emissionen drastisch reduziert werden können.

Die Befragten gaben an, dass höhere Energie­preise und CO2-Abgaben, regula­to­rische Anfor­de­rungen, gesell­schaft­licher Druck und techno­lo­gische Fortschritte als stärkste Treiber für die Errei­chung der Klima­ziele verstanden werden.

Heraus­for­de­rungen

Die grösste Heraus­for­derung im Bereich Nachhal­tigkeit sehen die Befragten bei deren Folgen für die Wirtschaft­lichkeit. Aber auch die grosse Zahl an Produkten, Ratings und Zerti­fi­katen stellt einige von ihnen vor Schwie­rig­keiten, sie haben zunehmend Mühe, sich in diesem «Dschungel» zurecht­zu­finden.

Ökolo­gi­scher Fussab­druck: Relevanz und Verständnis

Für rund 20 Prozent der Befragten ist der ökolo­gische Fussab­druck eines Gebäudes ein ausschlag­ge­bendes Kriterium bei Akqui­si­ti­ons­ent­scheiden, weitere 50 Prozent wählten in der Umfrage die Antwort «auch noch von Bedeutung». Wenn sie eine mittel­fristige Perspektive einnehmen, nennen jedoch doppelt so viele, nämlich rund 40 Prozent der Befragten, den ökolo­gi­schen Fussab­druck als ausschlag­ge­bendes Kriterium bei Kauf von Immobilien.

Unter dem Begriff «ökolo­gi­scher Fussab­druck» werden die Themen erneu­erbare Energien, energe­tische Gebäu­de­ef­fi­zienz, Treib­haus­gas­emis­sionen im Betrieb sowie poten­zielle Gebäu­de­schad­stoffe und Altlasten als besonders wichtig beurteilt. Weniger relevant waren in diesem Zusam­menhang Energie­mo­ni­toring, Materialien und Konstruktion, graue Energie, Wasser und Abfall­ver­wertung.

2. Energie

Beim Thema Energie stehen die Nutzung von erneu­er­baren Energien sowie die energe­tische Gebäu­de­ef­fi­zienz im Vorder­grund. Die graue Energie spielt eine unter­ge­ordnete Rolle. Die Analyse der Zahlungs­be­reit­schaft von Investor:innen zeigt, dass vor allem besonders energie­ef­fi­ziente Gebäude ein grosses Interesse hervor­rufen. Für Gebäude, die mit Vorgaben von Minergie, Minergie‑P und Minergie‑A kompa­tibel sind, zeigen je nach Zerti­fikat 41 bis 44% der Investor:innen eine höhere Zahlungs­be­reit­schaft. Diese Gruppe ist im Vergleich zu 2020 um durch­schnittlich 15 Prozent­punkte gewachsen. Bei Gebäuden mit Minergie-ECO, das die drei Minergie-Baustandards mit den Themen Gesundheit und Bauöko­logie (u.a. graue Energie) ergänzt, liegt dieser Anteil leicht tiefer bei 30 Prozent.

3. Treib­haus­gas­emis­sionen

Beim Thema Treib­haus­gas­aus­stoss liegt der Fokus weiterhin auf den Emissionen, die beim Betrieb der Gebäude anfallen: 35 Prozent der Befragten gaben an, dass ihre Zahlungs­be­reit­schaft höher ist, wenn ein Gebäude im Betrieb wenig Treib­hausgase ausstösst. Emissionen, die bei der Erstellung anfallen, haben eine leicht geringere Relevanz: 27 Prozent der Befragten erklären sich bereit, für ein in dieser Hinsicht sparsames Gebäude mehr zu bezahlen.

4. Kreis­lauf­wirt­schaft

Nutzungs­fle­xi­bi­lität steht an der Spitze

Die Analyse zeigt, dass Gebäude, die sich durch eine sehr hohe Nutzungs­fle­xi­bi­lität auszeichnen, die grösste Zustim­mungsrate erreichten: Knapp die Hälfte der Investor:innen sieht in der Nutzungs­fle­xi­bi­lität einen guten Grund, tiefer in die Tasche zu greifen.

Zirku­läres Bauen

27 Prozent der Investor:innen bekunden eine höhere Zahlungs­be­reit­schaft für ein Gebäude, das nach den folgenden Prinzipien der Kreis­lauf­wirt­schaft erstellt worden ist: einfache Zugäng­lichkeit, schlanke Gebäu­de­technik, System­trennung für selektive Rückbau­barkeit. Dieser Wert ist im Vergleich zur Umfrage vor zwei Jahren um 10 Prozent­punkte gestiegen. Jedoch zeigt weiterhin knapp 40 Prozent der Befragten keine erhöhte Zahlungs­be­reit­schaft.

Baustoffe und Bauteile

Für bioba­sierte Materialien und minera­lische Recycling-Baustoffe zeigen rund 20 Prozent der Investor:innen eine höhere Zahlungs­be­reit­schaft. Die Zahlungs­be­reit­schaft für Gebäude, die mit wieder­ver­wen­deten Bauteilen und Kompo­nenten erstellt worden sind, fällt am tiefsten aus.

Mehr zum Thema Kreis­lauf­wirt­schaft erfahren Sie im Blogar­tikel «Kreis­lauf­wirt­schaft und Immobilien: Chance für innovative Investor:innen»

Wie relevant sind Nachhal­tig­keits­themen für die Bewertung von Immobilien?

Begrenzte Datenlage

Immer mehr Eigentümer:innen erarbeiten CO2-Absenk­pfade, die als Leitlinie für ihre Sanie­rungs­stra­tegie dienen. Die Datenlage bei Nachhal­tig­keits­themen sei jedoch oft mangelhaft oder zumindest begrenzt. Dies betrifft sowohl Immobilien, die sich im eigenen Bestand befinden, als auch solche, deren Kauf ins Auge gefasst wird. Die Investor:innen sind jedoch zunehmend bestrebt, umwelt­re­le­vante Kennwerte (KPI) zu monitoren, um sie dann zum Beispiel in Jahres- oder Nachhal­tig­keits­be­richten zu veröf­fent­lichen. Diese Tendenz hängt auch mit den immer stren­geren Offenlegungs- und Bericht­erstat­tungs­pflichten zusammen.

Nachhal­tigkeit in der Immobi­li­en­be­wertung

Aufgabe von Immobilienbewerter:innen ist es, die Einschätzung der Marktteilnehmer:innen abzubilden. Viele Nachhal­tig­keits­aspekte sind heute bereits eindeutig wertre­levant und werden in der Bewertung von Immobilien berück­sichtigt. Bei anderen Faktoren (graue Energie oder bestimmte externe Effekte wie Biodi­ver­sität oder Wasser­ver­brauch) kann heute noch keine Wertre­levanz nachge­wiesen werden. Daher werden sie noch nicht einge­preist. Wüest Partner geht jedoch davon aus, dass diese Faktoren in den nächsten Jahren stetig an Bedeutung gewinnen werden.

Preis­auf­schlag für nachhaltige Gebäude

Besonders nachhaltige Gebäude können im aktuellen Markt­umfeld aufgrund des geringen Angebots einen Preis­auf­schlag erzielen. Sobald sich die Anzahl nachweislich nachhal­tiger Immobilien auf dem Markt erhöht, kann sich dieser Aufschlag reduzieren und sich dann mit der Zeit in einen Wertab­schlag für nicht nachhaltige Immobilien umkehren.

Angaben zur Umfrage

Befragt wurden 307 Repräsentant:innen von Schweizer Unter­nehmen, die in Immobilien inves­tieren. Mehrheitlich arbeiten sie bei Banken, Immobi­li­en­ak­ti­en­ge­sell­schaften, Pensi­ons­kassen, Anlage­stif­tungen, Versi­che­rungen und Immobi­li­en­fonds. Die Mehrzahl der vertre­tenen Unter­nehmen verfügt über ein Immobi­li­en­port­folio mit einem Wert von mehr als 1 Milliarde Franken. Bei mehr als der Hälfte der befragten Unter­nehmen ist das Thema «Nachhal­tigkeit» in der Geschäfts­leitung angesiedelt. Knapp 10 Prozent der Befragten gaben an, vor Kurzem eine eigene Abteilung dafür geschaffen zu haben.






Kontak­tieren Sie unsere Expert:innen für weitere Insights.