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Nachhal­tiges Bauen folgt kanto­nalen Regelungen

Veröffentlicht am: 24. März 2023 Letzte Aktualisierung: 22. April 2025

Der Ukraine-Krieg und seine Konse­quenzen haben uns die Abhän­gigkeit von fossilen Brenn­stoffen eindrücklich vor Augen geführt. Ein wesent­licher Bestandteil einer zukunfts­ori­en­tierten Energie­po­litik ist die Nachhal­tigkeit im Bauwesen. 

Aufgrund der verfas­sungs­mäs­sigen Zustän­digkeit der Kantone gibt es in diesem Bereich schweizweit unter­schied­liche Regelungen. Dafür hat die Konferenz der kanto­nalen Energie­di­rek­toren (EnDK) deshalb die Muster­vor­schriften der Kantone im Energie­be­reich (MuKEn) des Jahrgangs 2014 verab­schiedet, welche auf eine grösst­mög­liche Harmo­ni­sierung und damit Verein­fa­chung der Bauplanung und der entspre­chenden Bewil­li­gungs­ver­fahren abzielen. 

Wir haben unter­sucht, wie nahe die Umsetzung ausge­wählter kanto­naler Nachhal­tig­keits­re­ge­lungen gemäss MuKEn sind. Die vollständige Analyse kann hier herun­ter­ge­laden werden. Die Auswertung zeigt: Basel-Stadt, Luzern, Jura und Freiburg orien­tieren sich bei ihrer Energie­ge­setz­gebung relativ stark an den Muster­vor­schriften und gehen teilweise sogar darüber hinaus. Am anderen Ende stehen Aargau, Uri und Zug, wo entspre­chende Umsetzung in Planung sind, sowie Solothurn, das in abseh­barer Zukunft über am wenigsten Regeln verfügen wird.

Das Setting: kantonale Zustän­digkeit, inter­kan­tonale Koordi­nation

Gemäss Bundes­ver­fassung liegt die Energie­po­litik im Bauwesen im Zustän­dig­keits­be­reich der Kantone. Sie sind damit befähigt, im Rahmen des bundes­ge­setz­lichen Rahmens eigene energie- und klima­po­li­tische Ziele zu definieren und umzusetzen.

Diese Aufga­ben­zu­teilung macht durchaus Sinn: Kantonale Behörden sind mit der Infra­struktur, der Bevöl­kerung und den Befind­lich­keiten ihrer Region bestens vertraut. Sie können baurecht­liche Massnahmen damit sachge­recht, effizient und breit unter­stützt planen und umsetzen.

Das Resultat ist aber auch ein Gefüge von verschie­denen Regimes mit unter­schied­lichen Ausprä­gungen und Schwer­punkten. Das sorgt etwa bei überre­gional agierenden Immobi­li­en­ak­teuren zuweilen für Verwirrung. Da Skalen­ef­fekte erschwert werden, führt die födera­lis­tische Rollen­teilung zu Effizi­enz­ein­bussen.

Das hat auch die Politik begriffen. In den zustän­digen kanto­nalen Konfe­renzen entwi­ckeln und koordi­nieren die zustän­digen Regie­rungs­rä­tinnen und Regie­rungsräte und Sachver­stän­digen deshalb gemeinsame energie- und klima­po­li­tische Ziele und Strategien, die sie beispiels­weise in den bereits erwähnten MuKEn 2014 festhielten. Hierfür relevant sind die 

  • Konferenz der kanto­nalen Energie­di­rek­toren (EnDK),
  • Energie­fach­stel­len­kon­ferenz (EnFK),
  • Bau‑, Planungs- und Umwelt­di­rek­to­ren­kon­ferenz (BPUK),
  • Konferenz der Vorsteher der Umwelt­schutz­ämter (KVU).

Ausge­wählte Aspekte der kanto­nalen Nachhal­tig­keits­re­ge­lungen

Aktuell haben 21 Kantone die MuKEn in ihre Energie­ge­setz­gebung überführt, in weiteren vier Kantonen ist der entspre­chende Prozess im Gang. Einzig im Kanton Solothurn finden die MuKEn 2014 aufgrund eines ableh­nenden Volks­ent­scheids kaum Anwendung. 

Im Folgenden wird die Umsetzung von zwei ausge­wählten Bestim­mungen der MuKEn aufge­zeigt mit dem Ziel, einen Überblick über die kanto­nalen Nachhal­tig­keits­re­ge­lungen zu geben. 

Anfor­de­rungen beim Heizkes­sel­ersatz

Dieser Gedanke dürfte in den letzten Monaten wohl so einigen Hausbe­sit­ze­rinnen und ‑besitzern durch den Kopf gegangen sein: der Ersatz eines Öl- oder Gasheiz­kessels durch ein Heizsystem, welches nicht von fossilen Brenn­stoffen abhängig ist. In praktisch allen Kantonen gilt dabei: Zumindest ein Teil der neu gewon­nenen Wärme muss zwingend aus erneu­er­baren Energien stammen. In den Kantonen Basel-Stadt, Zürich und Genf liegt dieser Prozentsatz gar bei 100%, und zwar bei sämtlichen Bauten. Aller­dings kann etwa beim Zürcher Kosten­modell ein Nachweis erfolgen, dass die Heizträ­ger­sub­sti­tution zu erheb­lichen Mehrkosten im Lebens­zyklus führt. In den Kantonen Neuenburg und Glarus ist diese Vorschrift nur auf Wohnbauten anwendbar, während andere Kantone einen Anteil von 10% oder 20% vorsehen. Im Kanton Solothurn existiert heute keine entspre­chende Regelung.

Nachhaltigkeit Bauen
Nachhaltigkeit Bauen

Mit Photovoltaik-Anlagen können Neubauten heute einen Teil ihres Strom­ver­brauchs selbst­ständig decken. Mit den MuKEn 2014 einigte sich die kantonale Energie­di­rektion auf einen entspre­chenden verbind­lichen Mindest­anteil. Voraus­setzung ist dabei eine Kapazität von mindestens 10 Watt pro Quadrat­meter Energie­be­zugs­fläche (EBF). Die gesamte Liegen­schaft muss dabei höchstens eine Leistung von 30 Kilowatt produ­zieren, was der elektri­schen Leistung von 15 Backöfen, 2’500 LED-Glühbirnen oder 6’000 Handy-Ladegeräten entspricht. Alter­nativ können Hausei­gen­tü­me­rinnen und ‑eigen­tümer eine Ersatz­abgabe leisten. Auch hier spielt der Kantön­li­geist: Deren Höhe wird von jedem der 20 Kantone, die die entspre­chende Muster­vor­schrift bereits umgesetzt haben, indivi­duell festgelegt. Seit Anfang Januar aufgrund des Bundes­be­schlusses für dring­liche Massnahmen zur kurzfris­tigen Sicher­stellung der Strom­ver­sorgung im Winter vom letzten Herbst müssen Kantone, welche die MuKEn 2014 nicht gemäss dem entspre­chenden Artikel umgesetzt haben, nun bei Neubauten ab 300 Quadrat­metern auch Solar­an­lagen an der Gebäu­de­hülle instal­lieren.

Diese Neure­gelung bei der Photo­voltaik zeigt die Dynamik in der Gesetz­gebung. So debat­tiert Mitte März der Natio­nalrat über nationale Vorgaben bezüglich Photo­vol­ta­ik­an­lagen. Auch auf Anfang 2023 traten gewisse Neuerung in Kraft. So ist das neue Energie­gesetz des Kanton Glarus seit dem 1. Januar 2023 rechts­kräftig, das einem Verbot des Einbaus von fossilen Energie­trägern sehr nahe kommt. 

Entspre­chend wird es auch in Zukunft lokale Unter­schiede in der Gesetz­gebung geben. Die Unter­schiede gibt es nicht nur bei den Vorschriften, sondern auch bei den Förder­mass­nahmen. So gibt es kantonale Unter­schiede über die Höhe der Abzüge, die für energe­tische Massnahmen beim steuer­baren Einkommen geltend gemacht werden können. Bei den Förder­geldern gibt es sogar gemein­de­spe­zi­fische Unter­schiede. Mehr dazu dann in einem späteren Blogbeitrag.

Mehr zur Regulierung im Nachhal­tig­keits­be­reich erfahren Sie beim Fachkurs «Nachhal­tigkeit für Immobi­li­en­profis».

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