Beschäftigungsaussichten Schweiz
Veröffentlicht am: 27. November 2025 Letzte Aktualisierung: 27. November 2025
Die Beschäftigung in der Schweiz wächst weiter – allerdings langsamer als in den letzten zehn Jahren. Demografische Trends und technologischer Wandel wie beispielsweise Produktivitätsgewinne durch KI und Automatisierung verändern die Struktur der Wirtschaft. Das Beschäftigungswachstum verlagert sich zunehmend in dienstleistungsorientierte Branchen. Räumlich konzentriert sich das Wachstum auf die grossen Zentren und die wirtschaftlich diversifizierten Flachlandregionen rund um Zürich, Basel, Zug und Genf. Das zeigt die neu entwickelte Wüest-Partner-Beschäftigungsprognose, die Aussagen zur regionalen Branchen- und Beschäftigungsentwicklung liefert. In diesem Blogbeitrag beleuchten wir erstens das nationale Beschäftigungswachstum der Zukunft und zweitens regionale Ergebnisse.
Nationales Beschäftigungswachstum schwächt sich ab
In den kommenden Jahrzehnten dürfte sich das Beschäftigungswachstum in der Schweiz verlangsamen. Zwischen 2014 und 2023 nahm die Zahl der Vollzeitäquivalente durchschnittlich um 1.2 % pro Jahr zu. Gemäss unserer Prognosemodelle dürfte sich diese hohe Dynamik nun abflachen.
Kurzfristig belasten die Beschäftigungsentwicklung globale Unsicherheiten – etwa Handelskonflikte oder US-Zölle – sowie eine abgeschwächte Konjunktur infolge der schwächeren Weltnachfrage und des starken Frankens. Zudem hat der zunehmende Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) bereits erste Spuren im Schweizer Arbeitsmarkt hinterlassen und dürfte auch mittelfristig erheblichen Einfluss haben. KI, Automatisierung und Robotik erhöhen laufend die Produktivität und könnten dadurch den zusätzlichen Arbeitskräftebedarf dämpfen. Gleichzeitig entstehen jedoch in einzelnen Branchen neue Tätigkeiten und Berufsbilder – insbesondere in technologieintensiven Bereichen – sodass KI dort sogar zu zusätzlicher Beschäftigungsdynamik führen kann.
Langfristig wirken zudem demografische Faktoren bremsend. Die Alterung der Bevölkerung führt dazu, dass das Arbeitskräftepotenzial künftig weniger stark wächst als früher. Bis 2035 erwarten wir ein durchschnittliches Beschäftigungswachstum von 0.7 % pro Jahr. Die Schweiz tritt damit in eine Phase ein, in der der Arbeitsmarkt zwar stabil bleibt, aber nur noch moderat expandiert.
Zentren wachsen weiter – Peripherien geraten unter Druck
Die regionalen Unterschiede im erwarteten Beschäftigungswachstum zwischen 2026 und 2035 sind deutlich (Abbildung 2). Besonders dynamisch entwickeln sich die urbanen Zentren und ihre Agglomerationen – allen voran Zug, Zürich, Lausanne, Genf oder die Stadt Bern. Sie profitieren von einer hohen Branchenvielfalt, einem überdurchschnittlichen Anteil technologieorientierter Dienstleistungen sowie internationaler Verflechtung.
Viele ländliche und periphere Regionen – etwa im Jura, im Alpenraum oder in Teilen der Ost- und Zentralschweiz – entwickeln sich dagegen deutlich verhaltener oder verzeichnen gar negative Wachstumsraten. Die wirtschaftliche Konzentration auf die grossen Zentren verstärkt sich somit weiter, während strukturschwächere Gebiete zunehmend mit stagnierender oder rückläufiger Beschäftigung konfrontiert sind.
Regional breit abgestützte Abschwächung der Dynamik
Der Vergleich mit der vergangenen Dekade zeigt eine flächendeckende Verlangsamung (Abbildung 3). Nahezu alle MS-Regionen wachsen künftig langsamer als zwischen 2014 und 2023. Wirtschaftsstarke Regionen wie Zug, Zürich, Genf oder Lausanne bleiben zwar Wachstumsstandorte, doch die Dynamik nimmt auch dort ab.
In Teilen der Nordschweiz – insbesondere in den Agglomerationen von Zürich und Basel – kann der Beschäftigungsrückgang relativ klein gehalten werden. Ein höheres durchschnittliches Beschäftigungswachstum dürften lediglich die MS-Regionen Basel-Stadt, Stadt Bern, Baden, Zimmerberg und Brugg-Zurzach erreichen.
Zunehmende Divergenz zwischen den Kantonen
Abbildung 4 zeigt das prognostizierte Beschäftigungswachstum ausgewählter Kantone im Vergleich zum Landesdurchschnitt. Zug zählt zusammen mit Zürich, Genf und Basel-Stadt zu den dynamischsten Kantonen. Er profitiert von einer hohen Dichte internationaler Unternehmen – insbesondere in den Bereichen Finanzdienstleistungen, ICT und Unternehmensberatung – sowie von grosser Innovationskraft. Dies führt bis 2055 zu einem überdurchschnittlichen Beschäftigungszuwachs. Aufgrund seines starken Dienstleistungsfokus ist der Kanton jedoch stärker von KI betroffen, was mittelfristig gewisse Risiken birgt.
Auch die Waadt dürfte ein überdurchschnittliches Beschäftigungswachstum verzeichnen. Der Kanton profitiert von einer diversifizierten Wirtschaftsstruktur mit einem starken Gesundheits‑, Bildungs- und Forschungssektor – etwa durch die EPFL und den Biotech-Cluster Biopôle in Épalinges bei Lausanne.
Der Kanton Bern wächst dagegen nur moderat. Der grosse öffentliche Sektor wirkt stabilisierend, erzeugt jedoch wenig zusätzliche Impulse. Die Schwäche konzentriert sich vor allem auf die peripheren Gebiete des Kantons, während die Stadt Bern selbst robust wächst.
Ländlich geprägte Kantone wie Appenzell Innerrhoden, Graubünden oder Obwalden verzeichnen aufgrund ihrer starken Ausrichtung auf das verarbeitende Gewerbe rückläufige Beschäftigung. Der Strukturwandel hin zu einer technologie- und dienstleistungsorientierten Wirtschaft führt hier zu Arbeitsplatzverlusten, die nur teilweise kompensiert werden können.
Insgesamt verstärkt sich die Divergenz zwischen den Regionen: Urbane, gut vernetzte Kantone wie Zug und Waadt wachsen überdurchschnittlich, während periphere und industriell geprägte Gebiete zurückfallen.
Fazit
Die Beschäftigung in der Schweiz wächst weiter, doch das Tempo verlangsamt sich deutlich. Technologischer Wandel, Automatisierung und der zunehmende Einsatz von KI dämpfen den zusätzlichen Arbeitskräftebedarf, während die demografische Alterung das inländische Potenzial begrenzt. Gleichzeitig verstärkt sich die regionale Divergenz: Zentren und gut vernetzte Kantone bleiben Wachstumspole, während periphere und industriell geprägte Regionen zurückfallen. Die Schweiz tritt damit in eine Phase ein, in der der Arbeitsmarkt stabil bleibt, sich aber strukturell stark wandelt – mit erheblichen Auswirkungen auf Branchen, Regionen und zukünftige Standortentscheidungen von Unternehmen.
Mehr über das neue Wüest-Partner-Beschäftigungsprognosemodell
Wüest Partner schätzt die künftige Beschäftigung für jede Gemeinde der Schweiz bis 2055 – differenziert nach neun Branchengruppen. Das Modell kombiniert kurzfristige Arbeitsmarktsignale mit langfristigen Strukturtrends und gemeindespezifischen Faktoren. Damit bietet es eine in der Schweiz einzigartige Grundlage für Standortplanungen, Marktpotenzialanalysen und strategische Entscheide von Investor:innen, Entwickler:innen oder der öffentlichen Hand.