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Pflege­im­mo­bi­li­en­markt 2040: Trend zu kleineren Pflege­heimen setzt sich fort

Veröffentlicht am: 15. November 2021 Letzte Aktualisierung: 04. Juli 2025

Die Zahl der Pflege­be­dürf­tigen hat sich zwischen 2015 und 2019 um gut 44 Prozent auf 4,1 Millionen erhöht. Mit der Babyboomer-Generation tritt in den kommenden Jahren nun nach und nach eine weitere große Alters­ko­horte ins Renten­alter ein. Laut Prognose werden 2040 rund 5,1 Millionen Menschen pflege­be­dürftig sein. Daraus ergibt sich ein zusätz­licher Bedarf je nach Progno­se­sze­nario zwischen 185.000 und 230.000 Pflege­heim­plätzen. Demnach werden bis 2040 bis zu 2.300 zusätz­liche Pflege­heime benötigt.

Dies ist eines der zentralen Ergeb­nisse des aktuellen «Pflegeheim-Atlas Deutschland», der von Wüest Partner bereits zum vierten Mal heraus­ge­geben wird. Im Rahmen einer Online-Veranstaltung am 10. November stellte Karsten Jungk, Geschäfts­führer Wüest Partner Deutschland, weitere Inhalte des Reports vor und disku­tierte aktuelle Trends gemeinsam mit Thomas Flotow, Sprecher der Geschäfts­führung der PFLEGEN & WOHNEN HAMBURG GmbH, und Constantin Gutknecht, Geschäfts­führer der Quantum Medical Care GmbH.

Ambulante Pflege hat an Bedeutung gewonnen

Viele ältere Menschen haben den Wunsch im Alter möglichst lang in den eigenen vier Wänden bleiben zu können. Die Anstren­gungen der Bundes­re­gierung, diesem Wunsch durch bessere ambulante Versor­gungs­struk­turen nachzu­kommen, spiegelt sich in der Entwicklung der Versor­gungs­quoten wider. So hat die Anzahl an ambulant versorgten Pflege­be­dürf­tigen seit 2015 um 41,9 Prozent auf 983.000 zugenommen, wohin­gegen der Anstieg der Pflege­be­dürf­tigen in Pflege­heimen mit einem Plus von 22,2 Prozent im selben Zeitraum deutlich geringer ausfällt.

«Die Heimquote, also der Anteil an Pflege­be­dürf­tigen, die stationär im Heim versorgt werden, ist bedingt durch die Stärkung der ambulanten Pflege von 30 Prozent im Jahr 2015 auf 23,2 Prozent im Jahr 2019 gesunken», sagt Karsten Jungk, Geschäfts­führer und Partner bei Wüest Partner. «Wie sich die Heimquote zukünftig entwi­ckeln wird, ist derzeit schwer zu prgnos­ti­zieren. Faktoren wie die anhal­tende Stärkung der ambulanten Pflege, die Förderung von alters­ge­rechtem, barrie­re­freiem Wohnungsbau und die staat­liche Unter­stützung pflegender Angehö­riger sprechen jedoch für ein weiteres Absinken», so Jungk weiter.

«Wir stellen fest, dass sich die Nachfrage im Pflege­bedarf zusehends ausdif­fe­ren­ziert», ergänzt Constantin Gutknecht, Geschäfts­führer der Quantum Medical Care GmbH. «Die Wünsche und Ansprüche an das Wohnen im Alter sind deutlich gestiegen. Qualität, Indivi­dua­lität und Selbst­stän­digkeit haben eine hohe Priorität und die zukünftige Pflege­ge­neration besitzt auch das nötige Vermögen, sich solch eine Versorgung leisten zu können. Inves­toren müssen auf diese neue Bedarfs­si­tuation reagieren und den Fokus auf Konzepte legen, die die Formen der ambulanten und statio­nären Pflege intel­ligent mitein­ander vernetzen. Wir erwarten, dass sich entspre­chend auch das Angebot in den kommenden Jahren weiter ausdif­fe­ren­zieren wird», so Gutknecht.

Trend zu kleineren Pflege­heimen setzt sich fort

Die Zahl der Pflege­plätze je Pflegeheim ist seit Jahren rückläufig. Lag der Durch­schnitt 2005 noch bei 73 Plätzen pro Heim, sank der Wert 2015 auf 68 Plätze und 2019 auf 63. So hat sich auch die Zahl der Pflege­heime, die seit 2009 entstanden sind, mit einer Zunahme um 32,2 Prozent deutlich stärker erhöht als die Zahl der Pflege­plätze, deren Anzahl nur um 14,7 Prozent angestiegen ist. Gründe für diese Entwicklung liegen unter anderem im Bedarf nach kleineren Heimen sowie in den Landesheim-Gesetzen, die in einigen Bundes­ländern die Größe von Heimein­reich­tungen vorschreiben. So sieht beispielswese das 2014 in Nordrhein-Westfalen in Kraft getretene Wohn- und Teilha­be­gesetz (WTG) vor, dass ein neu errich­tetes Pflegeheim ausschließlich Einzel­zimmer und maximal 80 Plätze haben darf.

Trend zu kleineren Pflegeheimen setzt sich fort

Anteil der Älteren wird bis 2040 deutlich steigen

Gemäß der 14. Koordi­nierten Bevöl­ke­rungs­vor­aus­be­rechnung des Statis­ti­schen Bundes­amtes wird sich der demogra­fische Wandel in den kommenden zwei Dekaden stark in der Alters­ver­teilung der deutschen Gesell­schaft nieder­schlagen. Während die Gesamt­be­völ­kerung einen Rückgang verzeichnen wird, steigt die Zahl der älteren Menschen. Die Alters­gruppe der 65 bis 79-Jährigen wird sich demnach bis 2040 um knapp 2,44 Millionen erhöhen auf 14,9 Millionen Personen. Bei den 80- und über 80-Jährigen wird mit einem Wachstum um 1,25 Millionen auf 6,9 Mio. Menschen gerechnet. Macht die Alter­gruppe 65+ heute einen Anteil von 21,8% an der Gesamt­ge­sell­schaft aus, werden es 2040 voraus­sichtlich bereits 26,6% sein. Die demogra­fische Entwicklung und die Alterung in Deutschland sind ausschlag­gebend für die Prognose der Zahl künftiger Pflege­be­dürf­tiger.

185.000 zusätz­liche Pflege­heim­plätze bis 2040 benötigt

Auf Grundlage der Bevöl­ke­rungs­vor­aus­be­rechnung sowie der Annahme einer rückläu­figen Heimquote prognos­ti­ziert Wüest Partner für 2040 einen zusätz­lichen demogra­fisch bedingten Pflege­bedarf von rund 185.000 Pflege­heim­plätzen. «In den kommenden zwanzig Jahren werden somit rund 1.850 zusätz­liche Pflege­heime mit jeweils 100 Betten benötigt. Den absolut höchsten Bedarf verzeichnen dabei Berlin mit 6.022 Plätzen, gefolgt von Hamburg mit 2.148 Plätzen und der Region Hannover mit 1.989 Plätzen», so Jungk.

185.000 zusätzliche Pflegeheimplätze bis 2040 benötigt

Auf Ebene der Bundes­länder weisen die drei einwoh­ner­stärksten Länder auch den größten Bedarf auf: an oberster Stelle steht Bayern mit rund 33.500 benötigten Plätzen, auf Rang zwei folgt Nordrhein-Westfalen mit 32.300 Plätzen und auf Rang drei Baden-Württemberg mit 25.900 Plätzen. «Betrachtet man die regionale Verteilung nach dem Bedarf zusätz­licher Pflege­plätze, fällt auf, dass neben einzelnen Regionen und Kreisen in Ostdeutschland, wie dem Landkreis Rostock und Kreis Ludwigslust-Parchim, insbe­sondere westdeutsche Regionen einen erhöhten Bedarf an zusätz­lichen Pflege­plätzen aufweisen. Dies liegt daran, dass in den ostdeut­schen Ländern nach der Wieder­ver­ei­nigung und auch in den vergan­genen Jahren viele Heime errichtet wurden», erläutert Jungk.

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Nachfra­ge­überhang sorgt für sinkende Renditen

Das Trans­ak­ti­ons­ge­schehen am Markt für Pflege­heim­im­mo­bilien wird maßgeblich durch insti­tu­tio­nelle Inves­toren geprägt. Im Zuge der Corona-Pandemie hat das Interesse an Inves­ti­tionen in Objekte mit stabilen Miet- und Pacht­ein­künften noch einmal deutlich zugenommen. So ist auch die Nachfrage nach Gesundheits- und Pflege­im­mo­bilien gestiegen.

«Ein wesent­licher Aspekt, warum insti­tu­tio­nelle Inves­toren gerade verstärkt in diesen Markt eintreten, ist das Thema Resilienz», erläutert Constantin Gutknecht. «Die geringe Konjunk­tur­ab­hän­gigkeit der Asset­klasse gepaart mit langlau­fenden Pacht­ver­trägen ist für viele Inves­toren intressant, die eine Income-Strategie verfolgen. Durch alle Rezes­si­ons­phasen der vergan­genen 30 Jahre hinweg sind die Gesund­heits­aus­gaben stetig gestiegen. Diese Robustheit ist einer der Haupt­gründe, warum der Markt für Gesund­heits­im­mo­bilien in den vergan­genen Jahren und auch aktuell solch eine hohe Dynamik aufweist. Im Zuge dessen hat eine Konso­li­dierung und Profes­sio­na­li­sierung aufseiten der Betreiber eingestzt. Zudem gibt es im Vergleich zu anderen, etablierten Immobi­li­en­seg­menten ein Rendi­teplus von rund 100 Basis­punkten.»

Jedoch mangelt es auch in dieser Asset­klasse an adäquaten Angeboten. Der Nachfra­ge­überhang sorgt für rückläufige Rendite. In den vergan­genen Jahren war ein Absinken um 100 bis 200 Basis­punkte zu verzeichnen. Die Anfangs­ren­diten für langjährig vermietete, reine Pflege­heime variieren derzeit zwischen 4,0 und 7,0 Prozent.

Flächen- und Fachkräf­te­mangel lassen Neubau stocken

«Es ist sehr schwer an geeignete Flächen für den Neubau von Pflege­im­mo­bilien zu gelangen. Insbe­sondere in den deutschen Metro­polen und Großstädten. Beispiels­weise stehen wir bei uns in Hamburg auch in Konkurrenz zum Wohnungsbau», berichtet Thomas Flotow, Sprecher der Geschäfts­führung von PFLEGEN & WOHNEN HAMBURG GmbH. «Das größere Problem bei der Ausweitung des Pflege­an­ge­botes ist jedoch die mangelnde Verfüg­barkeit von Fachkräften. Die Rekru­tierung von Personal gestaltet sich nicht nur in ländlichen Regionen, sondern auch in Ballungs­zentren immer schwerer.»

Fachkräfte aus dem Ausland eigneten sich dabei nur bedingt die bestehende Lücke zu schließen. «Wir merken immer wieder, dass im Ausland ausge­bil­detes Pflege­per­sonal aufgrund der anderen Quali­fi­ka­ti­ons­struk­turen und Tätig­keits­er­fah­rungen in ihrem Heimatland eine andere Vorstellung des Pflege­berufs haben. Aufgrund des Kranken­pfle­ge­hin­ter­grunds der Ausbildung im Ausland wechseln sie häufig in den Kranken­haus­dienst. Hinzu kommt, dass die Sprach­bar­rieren für viele eine große Hürde darstellen», so Flotow.

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