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Nachhaltig Wohnen: Trends und Unterschiede

23. November 2023

Apartment Building, Architecture, Building

Angesichts der wachsenden Bedeutung umweltfreundlicher Lebensweisen wird auch das ökologische Bewusstsein bei der Wahl des Wohnraums immer entscheidender. Doch wie wichtig ist Nachhaltigkeit bei der Auswahl eines neuen Daheims? Welche Unterschiede gibt es diesbezüglich zwischen Mietenden und Eigentümerinnen und Eigentümern? Und welche Faktoren entscheiden darüber, ob Personen mit selbst genutztem Wohneigentum eine Sanierung in Angriff nehmen oder nicht? Diese Fragen beantworten die hier vorgestellten Ergebnisse unserer Haushaltsbefragung «Immo-Barometer» (siehe Infobox):

Nachhaltigkeit ist bei der Wohnungswahl ein Thema

Für rund ein Viertel der Befragten ist der Faktor Nachhaltigkeit ausschlaggebend bei der Auswahl des Wohnobjektes. Und für etwas mehr als die Hälfte der Befragten wäre er von Bedeutung, wenn sie heute umziehen würden. Besonders gewichtig ist die Bedeutung der Nachhaltigkeit für Eigentümerinnen und Eigentümern. Die Thematik geniesst insgesamt zwar nicht denselben Stellenwert wie zum Beispiel das Preis-Leistungs-Verhältnis der Objekte, rangiert aber im Schnitt aller Umfrageteilnehmenden im oberen Mittelfeld der abgefragten Objekteigenschaften.

Festzuhalten ist, dass sich die Wichtigkeit des Faktors Nachhaltigkeit in den vergangenen Jahren im Vergleich zur Relevanz anderer Faktoren stark erhöht hat. Dies dürfte zum einen auf eine zunehmende Sensibilisierung der Gesellschaft für die Thematik zurückzuführen sein. Zum andern ist es sehr wahrscheinlich, dass auch die hohen Energiepreise im vergangenen Jahr einen Einfluss auf den Stellenwert des Energieverbrauchs bei der Wohnungswahl gehabt haben. Doch obwohl die Tendenz bei den Mietenden und den Eigentümerinnen und Eigentümern in eine ähnliche Richtung geht, gibt es doch auch erhebliche Unterschiede.

Wie wichtig ist / wäre Ihnen die Nachhaltigkeit bei der Objektauswahl ?

Klarer Fokus auf energetischen Themen

Vier von fünf befragten Eigentümerinnen und Eigentümer geben an, dass für sie die Energieeffizienz des Gebäudes bei der Auswahl des Objektes von Bedeutung oder sogar ausschlaggebend ist. Der Anteil der befragten Eigentümerinnen und Eigentümer, welche die Energieeffizienz als ausschlaggebendes Gebäudemerkmal bezeichneten, ist seit dem letzten Jahr konstant geblieben. Der Anteil jener Befragten, welche mit «Auch noch von Bedeutung» antworteten, hat hingegen im Vergleich zum Vorjahr um 10 Prozentpunkte zugenommen.

Hier dürften sich die gestiegenen Energiekosten besonders deutlich zeigen, denn bei den Mietern und Mieterinnen blieb eine vergleichbar signifikante Veränderung aus. Obwohl auch bei Letzteren die energetischen Themen im Vordergrund stehen, haben sie generell einen tieferen Stellenwert, als dies bei den Eigentümerinnen und Eigentümern der Fall ist. Dafür legen Mietende mehr Wert auf jene Themen, die insgesamt eine geringere Zustimmung erhalten – so beispielsweise die begrünten Fassaden und Dachflächen sowie die Zertifizierung von Gebäuden. Die autofreie Siedlung gewinnt zwar marginal an Bedeutung, bleibt aber für die meisten Schweizerinnen und Schweizer bei der Objektsuche eher nebensächlich (rund 37 Prozent) oder sogar komplett irrelevant (41 Prozent).

Welche der folgenden Nachhaltigkeitsthemen sind / wären Ihnen bei der Auswahl eines Wohnobjekts wichtig?

Mietende: Werden Nachhaltigkeit und Energieeffizienz unterschätzt?

Bei den Mieterinnen und Mietern hat in den letzten Jahren die Bedeutung des Faktors Nachhaltigkeit bei der Wohnungssuche zwar ebenfalls zugelegt, dennoch geniesst der Faktor in dieser Suchgruppe einen spürbar tieferen Stellenwert als bei den Eigentümerinnen und Eigentümern. Einer der Hauptgründe dafür dürfte sein, dass die Mietenden schlichtweg weniger Möglichkeiten haben, an der Liegenschaft etwas zu verändern, und sich daher eher dem Markt ausgeliefert sehen.

Weiter ist es denkbar, dass Mieterinnen und Mieter nicht daran glauben, von einer energetischen Sanierung zu profitieren. Ein Beispiel dafür wäre, dass bei einem Heizungsersatz in erster Linie die Investoren von den positiven finanziellen Effekten profitieren, während sich für die Mietenden lediglich die Mietzinsen aufgrund der Überwälzung der Investitionskosten erhöhen. Dieser Gedanke wäre dann aber zu kurz gefasst, denn durch den Heizungsersatz würden sich wiederum die Nebenkosten für die Mietenden deutlich verringern. Im Endeffekt dürfte bei einer gezielten Sanierung auch für die Mieterinnen und Mieter ein positiver Effekt resultieren, wie beispielsweise die Wüest-Partner-Studie «Energetische Sanierungen: 3 Gewinner» aufgezeigt hat.

Welche Faktoren motivieren zu einer energetischen Sanierung?

Weil für die Erreichung der Netto-Null-Ziele energetische Sanierungen im Bestand ein grosses Gewicht haben, haben wir nachgefragt, was denn tatsächlich zu Sanierungen motiviert. Gemäss den Ergebnissen unserer «Immo-Barometer»-Befragung waren bei den Eigentümerinnen und Eigentümern die Reduktion der Energiekosten und das vorhandene Eigenkapital in rund einem Drittel der Fälle ausschlaggebend und in einem weiteren Drittel von Bedeutung für die geplante Sanierung. Damit steht die finanzielle Komponente über der Verbesserung der ökologischen Nachhaltigkeit. Ebenfalls relevant sind sowohl für Stockwerkeigentümerinnen als auch für Eigentümerinnen und Eigentümer von Einfamilienhäusern in über der Hälfte der Fälle Fördergelder, steuerliche Abzüge und günstige Finanzierungsbedingungen.

Wie wichtig sind/waren die nachfolgenden Faktoren für die geplanten Instandhaltungsprojekte?

Wieso werden nicht noch mehr Sanierungen vorgenommen?

Jene Personen, die keine oder nur kleine Sanierungen planen, wurden nach den Gründen dafür gefragt. Wenig erstaunlich gibt ein Grossteil der Befragten an, dass eine Sanierung ihres Objekts aktuell nicht nötig sei. Diese Resultate sind allerdings mit Vorsicht zu geniessen. Denn die Frage wurde so gestellt, dass sie eher auf den subjektiv wahrgenommenen Handlungsbedarf und den Sanierungszyklus abzielte als auf die ökologischen und ökonomischen Effekte der Sanierung. Während eine Sanierung vielleicht nicht in allen Fällen als nötig erscheint, kann sie dennoch nebst dem ökologischen Nutzen im Betrieb auch finanzielle Vorteile mit sich bringen. So hat beispielsweise die Analyse von Wüest Partner aus dem Jahr 2023 («Immo-Monitoring 2023 | 2») ergeben, dass Einfamilienhäuser mit erneuerbaren Heizsystemen und Solaranlagen höhere Verkaufspreise erzielen. Der Preis eines Hauses mit Wärmepumpe und Solaranlage in der Schweiz kann im Mittel um 4.6 Prozent (55'000 Franken bei 1.2 Millionen Franken Durchschnittspreis) höher ausfallen als jener von vergleichbaren Objekten mit fossilen Heizungen und ohne Photovoltaikanlagen. Bei einer modernen Holzheizung in Kombination mit einer Photovoltaikanlage steigt der Preis sogar um 5.4 Prozent. Bei Eigentumswohnungen ist der Preiszuwachs durch erneuerbare Energien etwas geringer. Die Vor- und Nachteile einer energetischen Sanierung müssen aber jeweils von Fall zu Fall geprüft werden. Eine Hilfestellung bietet in diesem Zusammenhang «Wüest Refurb» (siehe Infobox).

Wieso werden nicht noch mehr oder keine Sanierungen durchgeführt?

Fazit

Die Nachhaltigkeit gewinnt also weiter an Bedeutung und hat bei der Wohnungssuche als nicht mehr wegzudenkender Faktor Einzug gehalten. Der Stellenwert der Thematik fällt bei den Eigentümerinnen und Eigentümern deutlich höher aus als bei den Mietenden. Einerseits, weil der Handlungsspielraum von Ersteren grösser ist, und andererseits, weil bei ihnen die damit verbunden Kosten direkter spürbar sind.

Die Herausforderungen zur Erreichung des Netto-Null-Zieles bleiben weiterhin bestehen, die Umfrage stimmt jedoch insofern zuversichtlich, als sich der Trend eines zunehmenden Stellenwerts der Themen Nachhaltigkeit und Energieverbrauch am Immobilienmarkt weiter fortsetzt. Die Umfrage zeigt aber auch, dass bei energetischen Sanierungen, gerade im aktuellen Umfeld von steigenden Finanzierungskosten, der Kostenkomponente eine tragende Rolle zukommt.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um den zweiten Teil der Blogtriologie zur «Immo-Barometer»-Befragung. Im ersten Teil «Schweizer Wohnzufriedenheit: Trends und Einflussfaktoren im Fokus» wurden die generelle Wohnzufriedenheit und wichtige Faktoren bei der Objektauswahl aufgezeigt. Im dritten und letzten Teil (30. November 2023) wird das Thema Wohnzufriedenheit in Zusammenhang mit der Überbauungsdichte vertieft behandelt.

Der «Immo-Barometer» von Wüest Partner
Der «Immo-Barometer» ist eine gesamtschweizerische Umfrage zu den Themen Wohnzufriedenheit und Wohnbedürfnisse, welche Wüest Partner auch im Jahr 2023 mit der Unterstützung des Hauseigentümerverbandes Schweiz (HEV) und des Schweizerischen Verbandes der Immobilienwirtschaft (SVIT Schweiz) durchführte. Dabei werden jeweils rund 1000 repräsentativ ausgewählte Haushalte in der deutsch- und französischsprachigen Schweiz ausführlich zur aktuellen Wohnsituation und zu allfälligen Veränderungsabsichten befragt. Es handelt sich beim «Immo-Barometer» um eine Langzeitstudie, die erstmals im Jahr 1988 und seither mindestens alle zwei Jahre erhoben wurde.

Sanierungsrechner «Wüest Refurb»
Das Tool «Wüest Refurb» bietet eine Schätzung und Hilfestellung für viele der oben genannten Entscheidungsgrundlagen für eine Sanierung. So können im Tool beispielsweise die Reduktion der Energiekosten, die Reduktion des CO2-Austosses und die Fördergelder für ein bestimmtes Sanierungsprojekt berechnet werden. Wüest Partner hat das Thema Fördergelder in der Frühlingsausgabe des «Immo-Monitorings» (2023|2) und die Effizienz von Sanierungen (Fokus Mehrfamilienhäuser) in der diesjährigen Herbstausgabe des «Immo-Monitorings» (2024|1) ausführlich behandelt.

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