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Schweizer Wohnzufriedenheit: Trends und Einflussfaktoren im Fokus

16. November 2023

Residential area with apartment buildings in the city, Europe

Wie steht es um die Wohnzufriedenheit der Schweizer Haushalte? Welche Wohnfaktoren werden als besonders wichtig erachtet, und wie haben sich diese in den vergangenen Jahren verändert? Wüest Partner führte auch in diesem Jahr mit der Unterstützung des Hauseigentümerverbandes Schweiz (HEV) und des Schweizerischen Verbands der Immobilienwirtschaft (SVIT) die Haushaltsbefragung «Immo-Barometer» (siehe Infobox) zu den Wohnbedürfnissen in der Schweiz durch. Aus den Umfrageresultaten liessen sich spannende neue Erkenntnisse gewinnen.

Hohe Wohnzufriedenheit in der Schweiz

Die Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz sind weiterhin sehr zufrieden in ihren vier Wänden. Über 90 Prozent der Mietenden gefällt es aktuell in ihrer Wohnung gut (48 Prozent) oder sogar sehr gut (44 Prozent). Noch höher ist die Zufriedenheit bei den Eigentümerinnen und Eigentümern. Hier sind es gar 76 Prozent, denen es aktuell sehr gut gefällt, und weitere knapp 23 Prozent, denen es ziemlich gut gefällt. Damit sind die Zufriedenheitswerte weiterhin sehr hoch, dennoch lässt sich ein leichter Abwärtstrend über die vergangenen Jahre ausmachen: Sowohl bei den Mieterinnen und Mietern als auch bei den Eigentümerinnen und Eigentümern haben sich die Anteile der Befragten, welchen es in ihrem derzeitigen Zuhause sehr gut gefällt, von einem hohen Niveau ausgehend leicht reduziert.

Wie gefällt es Ihnen aktuell in Ihrer Wohnung / in Ihrem Haus?

Leicht rückläufige Tendenz auf hohem Niveau

Bei den Mietenden setzte dieser Trend bereits etwas früher ein und es fällt auf, dass es nicht einzelne Faktoren sind, mit denen sich die Mietenden weniger zufrieden zeigen. Vielmehr führt die Summe von leicht tieferen Werten – wenn auch auf immer noch sehr hohem Niveau – bei verschiedenen Wohnfaktoren zu diesem Resultat. Bei den Eigentümerinnen und Eigentümern erfolgte die Verschiebung der Anteile von «Sehr gut» zu «Ziemlich gut» erst ab 2022. Dies dürfte unter anderem von den höheren Hypothekarkosten und den gestiegenen Energiekosten ausgelöst worden sein.

Mit dem moderaten Rückgang der Zufriedenheitswerte hat folgerichtig auch die Umzugswahrscheinlichkeit zugenommen: Seit dem Jahr 2018 ist der Anteil der Befragten, der sicher nicht umziehen will, bei den Mietenden um rund 3 Prozentpunkte auf gut 32 Prozent und bei den Eigentümerinnen und Eigentümern um rund 4 Prozentpunkte auf eine weiterhin deutliche Mehrheit von 68 Prozent gesunken.

Veränderung der Zufriedenheitswerte hängt vor allem bei den Eigentümern vom Alter ab

Bei der Unterscheidung nach Altersklassen zeigen sämtliche Kategorien eine sehr hohe Wohnzufriedenheit. Der kleinste Anteil der Befragten, denen es in der aktuellen Wohnung ziemlich gut oder sogar sehr gut gefällt, findet sich bei den Mietenden zwischen 35 und 49 Jahren. Aber auch in dieser Altersklasse liegt er im Mittel der Jahre 2022 und 2023 weiterhin deutlich über 90 Prozent und damit bereits sehr hoch. Noch besser gefällt es den Eigentümerinnen und Eigentümern in ihren eigenen vier Wänden. Hier ist jedoch im mittleren Alterssegment ein leichter Rückgang zwischen den Jahren 2016 bis 2021 und im Schnitt der vergangenen 2 Jahre festzustellen.

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Finanzierungskonditionen dürften mitentscheidend sein

Ein möglicher Grund für diese Tendenz könnte sein, dass die gestiegenen Finanzierungskosten in dieser Altersklasse erheblich stärker ins Gewicht fallen, da hier noch weniger Personen Amortisationszahlungen getätigt haben. Im Gegensatz dazu dürften die über 50-Jährigen bereits einen beträchtlichen Teil des Kredites zurückgezahlt haben, womit die Zinsanstiege zwar weiterhin spürbar sein dürften, jedoch deutlich weniger Einfluss auf das Haushaltsbudget haben. Bei den unter 35-jährigen Eigentümerinnen und Eigentümern ist festzuhalten, dass die Fallzahl relativ gering ausgefallen ist. Dies weil sich viele Schweizerinnen und Schweizer Wohneigentum in diesem Alter noch nicht leisten können. Die Gründe für die niedrige Eigentumsquote der jüngeren Schweizerinnen und Schweizer und mögliche Lösungsansätze wurden ausführlich in der «Immo-Monitoring»-Herbstausgabe (2024 | 1) beschrieben.

Generell ist die Wohnzufriedenheit in der Schweiz also sehr hoch. Sie hat aber leicht abgenommen, weshalb die Umzugswahrscheinlichkeiten zugenommen haben. Doch auf welche Kriterien achten Herr und Frau Schweizer besonders, wenn sie auch der Suche nach einem Domizil sind?

Höhere Kostensensitivität im Umfeld steigender Wohnkosten

Wie schon in den Vorjahren wird die Liste der wichtigsten Faktoren bei der Wohnungswahl von den Kosten (Mietzins resp. Hypothekarzins) und vom Preis-Leistungs-Verhältnis angeführt. Für fast alle befragten Mietenden ist der Mietzins ausschlaggebend oder «auch noch von Bedeutung». Eine ähnlich hohe Relevanz geniesst das Preis-Leistungs-Verhältnis. Bei den Eigentümerinnen und Eigentümern fallen diese Werte nur leicht tiefer aus. Über alle Nutzertypen hinweg hat die Wichtigkeit der finanziellen Faktoren im Vergleich zu den Vorjahren nochmals zugenommen. Hauptgrund dafür dürfte wiederum das gegenwärtige Umfeld sein, welches von Hypothekar- und Mietzinserhöhungen geprägt ist. Denn die Umfrage zeigte auch, dass ein Grossteil der Mietenden und zwei Drittel der Eigentümerinnen und Eigentümer eine leicht höhere oder gar eine stark höhere Wohnkostenbelastung erwarten.

Wie wichtig sind/wären die folgenden Punkte für Sie bzw. für Ihren Haushalt aktuell bei der Objektauswahl?

Höhere Qualitätsansprüche an die Innenräume

Ein auffallend starker Anstieg des Stellenwerts war auch beim Komfort und vor allem bei der Lärmisolation der Wohnung festzustellen. Das erstaunt nicht, da Homeoffice seit der Pandemie stark zugenommen hat. Es wird mehr Zeit zu Hause verbracht, vor allem auch tagsüber. Lärm in der Wohnumgebung, sei es durch Nachbarn, Bauarbeiten oder wegen höheren Verkehrsaufkommens etwa während der Rushhour, können dadurch als viel störender wahrgenommen werden. Besonders bei den Mietenden, die Lärmemissionen oftmals stärker ausgesetzt sind, als dies bei den Eigentümerinnen und Eigentümern der Fall ist, ist ein auffallender Anstieg der Wichtigkeit dieses Faktors seit 2021 festzustellen. Doch nicht nur die Ansprüche an die Lärmisolation sind gestiegen, auch die Wohnfaktoren «Komfort», «vorhandener Platz» oder «Raumeinteilung» haben nochmals an Bedeutung gewonnen und rangieren allesamt unter den wichtigsten Punkten bei der Auswahl einer geeigneten Wohnung oder eines geeigneten Einfamilienhauses.

Wie wichtig ist / wäre ihnen die Lärmisolation bei der Objektauswahl ?

Steigende Mobilitätsansprüche

In der diesjährigen Umfrage geben rund 88 Prozent der Befragten an, dass die Nähe von öffentlichen Verkehrsmitteln von Bedeutung oder sogar ausschlaggebend bei der Objektauswahl ist. Während der Coronapandemie büssten bei der Auswahl einer Wohnung Mobilitätsfaktoren wie die Nähe zu Anschlüssen des öffentlichen Verkehrs oder auch die Länge des Arbeitsweges an Wichtigkeit ein. Homeoffice ist zwar heute nicht mehr wegzudenken, dennoch dient es vielerorts mittlerweile eher als Ergänzung zum klassischen Büro denn als durchgehend genutzte Alternative. Die Tatsache, dass wieder vermehrt im Büro vor Ort gearbeitet wird, plausibilisiert, dass die Mobilitätskriterien stark an Bedeutung zurückgewinnen. So ist beispielsweise auch der Faktor «öffentliche Verkehrsmittel in der Nähe» wieder auf das Vorkrisenniveau gestiegen.

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Fazit

Obwohl viele Schweizerinnen und Schweizer aktuell in ihren vier Wänden sehr zufrieden sind, hat die Wohnzufriedenheit auf hohem Niveau leicht ab- und die Umzugsbereitschaft eher zugenommen. Im aktuellen Umfeld steigender Zinsen erstaunt es nicht, dass den Wohnkosten grosses Gewicht bei der Auswahl eines geeigneten Wohnobjekts zukommt. Zudem lässt sich im Zeitvergleich feststellen, dass sowohl die Qualitätsansprüche an die Wohnung als auch die Mobilitätsansprüche einen deutlichen Anstieg verzeichneten. In den weiteren Teilen dieser Blogtrilogie leuchten wir die Themen Nachhaltigkeit (Teil 2, 23. November 2023) und Wohnzufriedenheit in Zusammenhang mit der Überbauungsdichte (Teil 3, 30. November 2023) weiter aus.

Der «Immo-Barometer» von Wüest Partner
Der «Immo-Barometer» ist eine gesamtschweizerische Umfrage zu den Themen Wohnzufriedenheit und Wohnbedürfnisse, welche Wüest Partner auch im Jahr 2023 mit der Unterstützung des Hauseigentümerverbandes Schweiz (HEV) und des Schweizerischen Verbandes der Immobilienwirtschaft (SVIT Schweiz) durchführte. Dabei werden jeweils rund 1000 repräsentativ ausgewählte Haushalte in der deutsch- und französischsprachigen Schweiz ausführlich zur aktuellen Wohnsituation und zu allfälligen Veränderungsabsichten befragt. Es handelt sich beim «Immo-Barometer» um eine Langzeitstudie, die erstmals im Jahr 1988 und seither mindestens alle zwei Jahre erhoben wurde.

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