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Zunehmende Mietregulierungen in Städten: Die grosse Übersicht

09. November 2023

Auch wenn staatliche Eingriffe zur Regulierung des Schweizer Wohnungsmarkt schon immer ein Thema waren, wurde jüngst der Ruf nach ihnen lauter. In der Vergangenheit standen die Bereitstellung und Förderung von preisgünstigen Wohnungen über eine aktive Bodenpolitik, vergünstigte Darlehen und Fördergelder sowie die Formularpflicht im Fokus. Neue Vorstösse und Ansätze zielen nun auf direkte Vorschriften bei den Mieten im Neubau, im Ersatzneubau, bei Umbauten oder nach Sanierungen ab. Grundeigentümer sind vor allem in den Städten zunehmend mit Mietpreisvorschriften konfrontiert. In den Grossstädten kennt man entsprechende Gesetze schon mehr (Genf) oder weniger lange (Lausanne, Basel, Bern und Zürich). Inzwischen ist eine Vielzahl an neuen Regelungen in Kraft oder geplant (siehe nachfolgende Übersicht).

Zunehmende Markteingriffe in mittleren und kleinen Städten

Mietregulierungen bei Neubauten und vermehrt auch bei Erneuerungen und Erweiterungen, wie man sie in der Romandie seit Längerem kennt, sind inzwischen auch in der Deutschschweiz im Vormarsch. Prominentes Beispiel im laufenden Jahr 2023 ist die Stadt Zug, wo nach der jüngsten Annahme einer Volksinitiative in verdichteten Gebieten ein Mindestanteil von 40 Prozent der neu erstellten Wohnungen im preisgünstigen Segment gefordert wird. Und auch im Kanton Zürich rumort es: Die noch laufende Wohnschutz-Initiative würde es den Gemeinden erlauben, eine Bewilligungspflicht für Abbrüche, Umbauten und Renovationen einzuführen – einhergehend mit (temporären) Mietregulierungen. Vermehrt dürften also auch Bestandesliegenschaften in den Fokus neuer Regulierungen kommen. 

Fehlleitung des Wohnungsbaus

Eine weitere Ausdehnung von staatlichen Eingriffen insgesamt und eine Zunahme in mittleren und kleineren Städten ist feststellbar. Das Interesse an Investitionen, welche durch steigende Zinsen, erhöhte Baukosten, vermehrte Einsprachen und verschärfte Baugesetze ohnehin schon getrübt ist, dürfte damit weiter gedämpft werden. Die Erneuerung und der Ausbau des Wohnungsbestandes in den Städten wird zunehmend bedrängt, der Zustand des Wohnungsbestandes gerät unter Druck. Vor allem aber wird das Gros der Wohnungsnachfrage fehlgeleitet in Gebiete, die weniger gut erschlossen und versorgt sind als die Städte. Aus raumplanerischer und volkswirtschaftlicher Sicht eine problematische Entwicklung.

Übersicht sämtlicher Schweizer Städte mit mehr als 20’000 Einwohner



Zürich

Während Mietpreisregulierungen bislang in der Stadt Zürich noch eine untergeordnete Rolle spielen, übt die Stadt schon seit Langem eine aktive Wohnpolitik aus und investiert selber in Grundstücke und Liegenschaften zur Bereitstellung von preisgünstigem Wohnraum. Diese Stossrichtung wurde mit der Errichtung eines 300-Millionen-Wohnraumfonds im 2023 weiter gestärkt. Mietvorschriften kommen gegenwärtig bei Arealüberbauungen zur Anwendung, welche den 10-prozentigen Ausnützungsbonus beanspruchen: Die Hälfte des Bonus (5 Prozentpunkte) muss als preisgünstiger Wohnraum in Kostenmiete erstellt werden.

Noch offen:

  • Kantonale Wohnschutz-Initiative: Gemeinden sollen ermächtigt werden, Renovationen und Umbauten, Abbrüche und Ersatzneubauten einer Bewilligungspflicht zu unterstellen. Obergrenzen für Mietzinse können dann festgesetzt werden (bis maximal 10 Jahre).
  • Kantonale Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen im Kanton Zürich» sieht ein Vorkaufsrecht für die Gemeinden vor.

Genf

Auch die Stadt Genf übt eine aktive Wohn- und Bodenpolitik aus und kennt darüber hinaus bereits ein Vorkaufsrecht für Grundstücke. Die Genfer Gesetze LDTR (Loi sur les démolitions, transformations et rénovations de maisons d’habitation) und LEn (Loi sur l’énergie) sehen eine Plafonierung der Mieten nach Renovationsarbeiten vor. Das LEn legt Grenzwerte für den Wärmeverbrauch fest, nach denen ein Gebäude saniert werden muss. Bei umfassenden Sanierungen sind die Mieten auf maximal CHF 3’528 pro Zimmer und Jahr inkl. Nebenkosten (ohne Heizkosten) beschränkt, wobei die Küche im Kanton Genf auch als Zimmer gerechnet. Projekte in der zone de développement sind bezüglich Wohnungsmix, Mietpreise, Baukosten und Nettorendite reglementiert und unterstehen einem Vorkaufsrecht durch die Stadt Genf. Auch in Genf existiert eine sogenannte Airbnb-Regelung: Wohnungen dürfen maximal während 90 Tagen an Kurzzeit-Mieter vermietet werden.


Basel

Das Basler Wohnraumfördergesetz (WRFG) ist in der gegenwärtigen Fassung seit 2022 in Kraft: Bei einem Leerwohnungsstand von unter 1.5 Prozent besteht für die Sanierung, den Umbau oder Abbruch von Häusern eine zusätzliche Bewilligungspflicht gekoppelt mit einer Mietzinskontrolle für fünf Jahre. Gemäss Richtplan sind bei Arealentwicklungen bei denen neuer Wohnraum geschaffen wird, 33% günstiger Wohnraum vorzusehen.  

Noch offen:

  • Die kantonale Initiative «Basel baut Zukunft» geht noch weiter und verlangt bei Transformationsarealen die Vermietung von 50 Prozent der nutzbaren Bruttogeschossfläche zur Kostenmiete. Der Regierungsrat lehnt diese Initiative ab, da befürchtet wird, dass auf den Entwicklungsarealen Klybeckplus und Dreispitz der Wohnungsbau über Jahre verzögert oder gar verhindert würde. Er hat ihr einen Gegenvorschlag gegenübergestellt, der besagt, dass auf jenem Teil eines Transformationsareals, der für die Wohnraumentwicklung vorgesehen ist, 33 Prozent der Wohnungen in Kostenmiete vermietet werden müssen. 
  • Eine neue Volksinitiative, lanciert im Juni 2023, will den Abbruch von Liegenschaften erschweren («Sistierungsinitiative»). 

Lausanne

Das kantonale «Loi sur la préservation et la promotion du parc locatif» (LPPPL) soll der Wohnraumerhaltung dienen und wird auch in Lausanne angewendet. Es sieht für Sanierungsprojekte, bei denen die Gesamtkosten 20 Prozent des Gebäudeversicherungswertes übersteigen eine Plafonierung der Mieten vor. Diese wird in der Baugenehmigung individuell geregelt. Mit dem LPPPL wurden per 1.1.2018 zudem zwei neue Instrumente zur Wohnbauförderung eingeführt: Neue Wohnungskategorie in den «Logement d’utilité publique» (LUP) mit den «Logements à loyer abordable» (LLA) für die Mittelklasse (ohne kantonale Subventionen) und Einführung von LUP-Quoten durch Gemeinden bei neuen Zonenplänen, welche eine höhere Ausnützung erlauben. In bestehenden Zonen können ebenfalls LUP-Wohnungen zusätzlich erstellt werden, welche eine höhere Ausnützung zulassen. Eine Wohnung, die als LUP kategorisiert wird, muss mindestens während 25 Jahren ab der Erstvermietung den vorgegebenen Kriterien entsprechen (Maximalmieten, Wohnungsgrössen). Seit 2020 ist im Kanton Waadt ausserdem ein Vorkaufsrecht bei einem Leerstand von unter 1.5 Prozent im Distrikt im Gesetz verankert. Die Stadt Lausanne wendet dieses regelmässig an. 


Bern

Die städtische Initiative «Für bezahlbare Wohnungen» ist seit dem 1. Januar 2020 in Kraft. Die Initiative umfasst eine Einführung eines neuen Artikels 16b in der Bauordnung der Stadt Bern zum preisgünstigem Wohnungsbau und gemeinnützigen Wohnbauträgern. Dieser umfasst eine Preisgünstigkeitsverpflichtung: Bei Um- und Neueinzonungen von Wohnzonen (Wohnzone W, gemischte Wohnzone WG, Kernzone K) soll mindestens ein Drittel der Wohnnutzung mit preisgünstigen Wohnungen bebaut oder an gemeinnützige Wohnbauträger abgegeben wird. Die Wohnungen sind nach WFV in Kostenmiete zu erstellen und zu vermieten. Darüber hinaus soll im Rahmen eines Ausnutzungsbonus für Neu- und Umbauten von Gebäuden das Nutzungsmass um 20 Prozent erhöht werden, wenn dies städtebaulich verträglich ist und alle Wohnungen im Gebäude preisgünstig oder durch eine gemeinnützige Trägerschaft erstellt werden (ebenfalls in Kostenmiete).




Winterthur

Im Juli 2022 wurde die städtische Volksinitiative «Wohnen für alle» gültig erklärt. Der Stadtrat beschloss jedoch einen unterstützenden Gegenvorschlag. Der Stadtrat teilt die Ziele der Initiative, aber das Ziel von 25% gemeinnützigen Mietwohnungen bis 2040 erscheint ihm unrealistisch. Stattdessen schlägt er vor, jährlich durchschnittlich 120 neue solcher Wohnungen bis 2040 zu schaffen. Die Entscheidung darüber liegt beim Stadtparlament bis zum 3. Juli 2024. 

Noch offen:

  • Kantonale Wohnschutz-Initiative: Siehe Ausführungen unter Stadt Zürich.
  • Kantonale Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen im Kanton Zürich» sieht ein Vorkaufsrecht für die Gemeinden vor. 

Luzern

Die Initiative «Wohnraum schützen – Airbnb regulieren» wurde im März 2023 angenommen, Wohnungen sollen damit nur noch während 90 Tagen pro Jahr an Kurzzeit-Aufenthalter vermietet werden dürfen. In der Initiative wurde angeregt, die Beschränkung mit einer Änderung der Bau- und Zonenordnung zu regeln. Der Stadtrat wird nun prüfen, wie dies umgesetzt werden kann und dem Grossen Stadtrat innerhalb eines Jahres einen Vorschlag zur Umsetzung der Initiative vorlegen.

Noch offen:

  • Luzern soll gemäss einem dringlichen Bevölkerungsantrag vom September 2023 an den Stadtrat dem «Gesetz über die Erhaltung von Wohnraum» unterstellen. Dieses hat zum Zweck, preisgünstigen Wohnraum zu erhalten. Während der Unterstellung dürfen Wohnräume nur mit Bewilligung der kommunalen Exekutive abgebrochen, umgebaut oder ihrem Zweck entzogen werden.

St. Gallen

Bis dato keine Mietregulierungen bekannt.


Lugano

Lex Airbnb: Seit  2022 gilt im gesamten Tessin die sogenannte Lex Airbnb. Das kantonale Baugesetz sagt neu, dass Online-Vermietungen von privaten Wohnungen und Häusern (mit weniger als 4 Wohnungen) von mehr als 90 Tagen pro Kalenderjahr an Touristen als gewerbliche Vermietung gilt und die Liegenschaft entsprechend umgenutzt werden muss (bewilligungspflichtig). 


Biel/Bienne

Die Stadt Biel will bis 2035 den Anteil gemeinnütziger Wohnungsbestand auf 20% aller Wohnungen erhöhen.


Neuenburg

Die Stadt Neuenburg fördert den preisgünstigen Wohnungsbau unter anderem über das Loi sur l’aide au logement zur Förderung von Sozialwohnungen und bezahlbaren Mietwohnungen.


Bellinzona

Bis dato keine Mietregulierungen bekannt.


Thun

Mit der 2022 genehmigten Ortsplanrevision wird ein Mindestanteil von 25% preisgünstigen Wohnen bei Ein- und Umzonungen von Wohnzonen vorgeschrieben (Artikel 6 Baureglement).

Noch offen:

  • «Initiative für bezahlbare Wohnungen» (Thuner Wohn-Initiative) sieht einen Mindestanteil preisgünstiges Wohnen von 15% in der Stadt insgesamt vor. 

Chur

Bis dato keine Mietregulierungen bekannt.


Schaffhausen

Die städtische Volksinitiative in Schaffhausen zur Förderung des gemeinnützigen Wohnraums mit mindestens 10% der vermieteten Wohnungen im Eigentum gemeinnütziger Träger ist noch offen.


Fribourg

Bis dato keine Mietregulierungen bekannt.


La Chaux-de-Fonds

Bis dato keine Mietregulierungen bekannt.


Sion

Bis dato keine Mietregulierungen bekannt.


Zug

Die Initiative «2000 Wohnungen für den Zuger Mittelstand» wurde im Juni 2023 knapp angenommen. Sie fordert einen 40% Anteil an preisgünstigen Wohnungen für zusätzlich erstellten Wohnraum in dicht verdichteten Gebieten gemäss Richtplan. Darüber hinaus muss die Stadt Zug unverzüglich preisgünstigen Wohnraum erstellen und soll aktiv Land aufkaufen. Bis 2040 sollen mindestens 20 Prozent aller Wohnungen preisgünstig sein. Nach dem Ja mussten nun die Bebauungsplan-Verfahren sofort stoppen, da die Initiative keine Übergangsfrist vorsieht und per sofort in Kraft tritt. Die Stadt Zug hat in ihrem Zonenplan überlagernde Zonen für den preisgünstigen Wohnungsbau ausgewiesen. Gemäss Bauordnung sind in diesen Zonen mindestens 50% für den preisgünstigen Wohnungsbau reserviert. Die dazugehörige Verordnung regelt unter anderem die Obergrenzen der zulässigen Nettomietzinse und Verkaufspreise je nach Wohnungstyp.


Yverdon-les-Bains

Die kantonalen Gesetze LPPPL und LLA gelten auch in Yverdon-les-Bains. Siehe Lausanne.


Rapperswil-Jona

Vorläufig sind keine Mietregulierungen geplant. Initiative für bezahlbares Wohnen in Rapperswil-Jona: 10 Mio. CHF Fonds zur Unterstützung preisgünstiges Wohnen angenommen und in Kraft.


Montreux

Die kantonalen Gesetze LPPPL und LLA gelten auch in Montreux. Siehe Lausanne.


Frauenfeld

Bis dato keine Mietregulierungen bekannt.


Wetzikon (ZH)

Die Initiative «Bezahlbare Wohnungen in Wetzikon» sieht einen Mindestanteil preisgünstiges Wohnen von 20% in der Stadt insgesamt vor.

Noch offen:

  • Kantonale Wohnschutz-Initiative: Siehe Ausführungen unter Stadt Zürich
  • Kantonale Initiative «Mehr bezahlbare Wohnungen im Kanton Zürich» sieht ein Vorkaufsrecht für die Gemeinden vor. 

Bulle

Bis dato keine Mietregulierungen bekannt.


Wil (SG)

Bis dato keine Mietregulierungen bekannt.


Kreuzlingen

Bis dato keine Mietregulierungen bekannt.


Aarau

Die Behandlung einer Motion mit Forderung nach Transparenz bei Mietzinsen ist noch offen, Gemeinde soll Vorkaufsrecht erhalten.


Martigny

Bis dato keine Mietregulierungen bekannt.



Falls Sie Fragen oder Anregungen zu den im Blogbeitrag erwähnten Themen haben, stehen wir Ihnen sehr gerne zur Verfügung.

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