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Kosten- und Nutzenoptimierung beim Bau und Betrieb von Immobilien

14. Juli 2022

Baustelle mit zwei Kränen und blauer Himmel im Hintergrund

Die Kosten- und Nutzenoptimierung beim Bau und Betrieb ist von jeher ein wichtiges Thema für alle Akteure auf dem Immobilienmarkt. Es mehren sich derzeit jedoch die Anzeichen, die darauf hindeuten, dass das Thema künftig noch weiter an Bedeutung gewinnen wird.

Eigentümer von Immobilien profitierten in den letzten Jahren von stetigen Preisanstiegen. Die Optimierung von Kosten wurde dadurch in vielen Fällen etwas vernachlässigt, da der Nachfrageüberhang nach Immobilien in den vergangenen Jahren eher wenig Preisdruck erzeugte. Nun aber sind die Zinsen allgemein und mit ihnen auch die Hypothekarzinsen gestiegen, und die weltweite Unsicherheit hat stark zugenommen. Stichworte dazu lauten: Krieg in der Ukraine, Coronapandemie, Lieferkettenprobleme, Inflation usw. Von diesen Veränderungen wird mittelfristig auch der Immobilienmarkt nicht unberührt bleiben. Obwohl für Immobilien an guten Lagen noch immer Rekordpreise bezahlt werden, so lassen einige Investoren doch bereits eine gewisse Vorsicht walten, da die aktuellen Preise nicht mehr in allen Fällen ihrer Immobilienstrategie bzw. ihren Renditeerwartungen entsprechen.

Aus der Industrie kennt man den Effekt, der eintritt, wenn die Preise wettbewerbsbedingt nicht mehr gesteigert werden können oder gar fallen: Es muss nach innen optimiert werden. Unternehmen, die unter Druck geraten, gelingt es oft, effizientere Produktionsverfahren zu entwickeln und generell innovativer und agiler zu wirtschaften, um trotz des Preisdrucks attraktive Margen zu erzielen. Auch im Immobilienmarkt tätige Unternehmen müssen wieder effizienter werden – in diesen unruhigen Zeiten erst recht.

Wohnen: Preisgünstig oder mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis?

Die Optimierung von Kosten war bisher vor allem für gemeinnützige Institutionen wie Genossenschaften oder Stiftungen wichtig, die preisgünstiges Wohnen anbieten, oft auf der Basis von Kostenmieten. Für Kostenmieten gilt, dass die Mieten die Kosten decken sollen, auf eine Rendite wird entweder ganz verzichtet oder es wird nur eine Minimalrendite angestrebt. Das bedeutet, dass Bau- und Betriebskosten direkt in die Kalkulation der Mieten einfliessen und eine entsprechend grosse Bedeutung haben. Beim preisgünstigen Wohnen werden die Kosten denn auch bewusst tief gehalten. Das Ziel dieser Institutionen besteht darin, die Grundbedürfnisse ihrer Mieter:innen zu decken – und dazu zählt auch eine möglichst tiefe Miete. Auf einen gewissen Komfort, an den Mieter:innen heutzutage gewöhnt sind, wird dennoch selten verzichtet.

Mit dem Ziel der baulichen Verdichtung nach innen vergeben viele Städte bei Aufzonierungen immer öfter Nutzungsboni, verbunden mit der Auflage, einen gewissen Anteil der Wohnungen «preisgünstig» anzubieten. Solche Auflagen betreffen alle Investor:innen, also auch solche, die nach Renditen streben und sich mit der Thematik des preisgünstigen Wohnens bisher nicht auseinandergesetzt haben. Zwischen preisgünstigen Wohnungen und Luxuswohnungen gibt es eine riesige Bandbreite. Dabei dürfte unter dem oben erwähnten steigenden Kostendruck eine Kategorie von Wohnungen an Bedeutung gewinnen, die sich an einem hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis orientiert. Investor:innen, die solche hinsichtlich Kosten und Nutzung optimierte Wohnungen auf den Markt bringen, möchten ihren Mieter:innen einen echten Mehrwert bieten und gleichzeitig die Kosten und damit auch die Mieten im Griff behalten. So ist zum Beispiel ein Wäscheturm in der Wohnung verhältnismässig günstig in der Anschaffung und wird von den meisten Mietern sehr geschätzt. Die Bedürfnisse der Mieter verändern sich aber auch mit der Zeit. Während in den 1980er-Jahren Cheminées in Eigentumswohnungen als unverzichtbar galten, ist dieses Bedürfnis heute weitgehend verschwunden. Die Evaluation von Mehrwerten hängt stark vom Mietersegment und dessen Zahlungsbereitschaft ab.

Aspekte der Kostenoptimierung

In der Folge sollen fünf Aspekte beleuchtet werden, die für Akteur:innen, die auf die Kategorien «preisgünstiges Wohnen» oder «Wohnungen mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis» setzen, wichtig sind:

  1. Flächeneffizienz und Grundrissqualität
  2. Umgang mit sanierungsbedürftigen Bestandesliegenschaften
  3. Nachhaltigkeit zahlt sich aus
  4. Den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie in Betracht ziehen
  5. Systembau

1. Flächeneffizienz und Grundrissqualität

Viele Mieter legen zunehmend Wert auf eine gute Grundrissqualität. Diese wird vermehrt auch höher gewichtet als die Gesamtfläche einer Wohnung. Folgende Aspekte können dabei eine Rolle spielen:

  • Kompakte Grundrisse: Vermeidung von Verkehrsflächen bei gleichzeitig guter Möblierbarkeit.
  • Mehrfachnutzung von Räumen: Mit wenigen Handgriffen kann ein Wohnzimmer zum Beispiel in ein Schlafzimmer, Büro oder Fitnessraum umfunktioniert werden.
  • Gemeinschaftsflächen: Flächen, die nicht permanent genutzt werden, werden mit anderen Mietern geteilt (Partyraum, Dachterrasse, Atelier, Büro).
  • Homeoffice muss nicht zwingend in der eigenen Wohnung stattfinden. Ein Co-Working-Space im Haus, in der Siedlung oder im Quartier kann diesen Zweck ebenso gut oder sogar besser erfüllen. So kann auf ein zusätzliches Zimmer für das Homeoffice verzichtet und die Kosten können tief gehalten werden.
  • Haustechnik: Die Haustechnik (z. B. Leitungsführung oder Schächte für die kontrollierte Lüftung) verdient ein spezielles Augenmerk, da sie oft in einem Zielkonflikt mit der Flächeneffizienz steht. Eine gut zugängliche Haustechnik vereinfacht zwar deren Unterhalt, benötigt aber mehr Platz, was wiederum die vermietbare Fläche verringert. Hier gilt es, die Vor- und Nachteile möglicher Lösungen gegeneinander abzuwägen.

Beispiel 1: Lymhof

Wüest Partner begleitete die Entwicklung des Lymhof. Die Wohnungen, die zu günstigen Preisen vermietet werden, zeichnen sich durch einen hohen Nutzwert bei gleichzeitig geringem Flächenbedarf aus.

Beispiel 2: Performatives Haus

Performatives Haus

In der Mitte des Raumes gibt es eine Wand, die sich drehen lässt. Je nach Drehung entstehen unterschiedliche Raumeinteilungen. Eine weitere Spezialität stellen die Stauräume in den Böden dar.

Weitere Informationen zum performativen Haus (externer Link)

2. Umgang mit sanierungsbedürftigen Bestandesliegenschaften

Viele Investor:innen wenden über ihr ganzes Portfolio hinweg einheitliche Sanierungsstrategien an. Es ist jedoch in den meisten Fällen sinnvoller, für jedes Objekt eine eigene Strategie zu entwerfen. Investor:innen, die über Erfahrungen mit unterschiedlichen Strategien und über das entsprechende Know-how verfügen, von der Pinselrenovation über umfassende Sanierungen bis zum Ersatzneubau, sind hier im Vorteil.

  • Lage: Die Qualität der Lage und, damit verbunden, die Nachfrage und die Zahlungsbereitschaft vor Ort sollten bei der Festlegung des Investitionsumfanges eine wichtige Rolle spielen. Zentral dabei ist der Betrag, der auf die Mieter überwälzt werden kann. Typischerweise kann an hochpreisigen Lagen mehr investiert werden, da hier einerseits höhere Beträge auf die Mieter überwälzt werden können und andererseits die Ansprüche an den Standard der Wohnungen höher sind. An preissensitiven Lagen kann es geschehen, dass die Marktmiete durch zu hohe Investitionen überschritten wird, sodass der Eigentümer einen Grossteil der Kosten selbst tragen muss. In vielen Investitionsplänen wird die Lagequalität zu wenig berücksichtigt, man rechnet mit fixen Sanierungskosten pro Quadratmeter oder pro Wohnung. Es ist jedoch sinnvoll, nach Standort zu differenzieren und an preissensitiven Lagen durchaus einmal nur das Nötigste zu sanieren.
  • Eingriffstiefe: Grundrissanpassungen in Bestandesobjekten sind verhältnismässig teuer und lohnen sich oft nicht. So sind die Kosten meist nur unwesentlich tiefer als im Falle eines Neubaus – und in manchen Fällen sogar deutlich höher. Ein weiterer Nachteil von Objekten, bei denen nebst einer umfassenden Sanierung auch Grundrissanpassungen vorgenommen werden, besteht darin, dass sie in vielen Fällen trotz der hohen Kosten nicht als komplett «neuwertig» wahrgenommen werden (und es auch in vielen Fällen nicht sind). Eine grosse Ausnahme gilt es hier jedoch zu beachten: Die Bau- und Zonenordnung kann dazu führen, dass bei einem Neubau die Ausnützung deutlich tiefer ausfallen würde als beim ursprünglichen Gebäude; gerade bei Hochhäusern kommt dies öfter vor.

3. Nachhaltigkeit zahlt sich aus

  • Umwelt: Die Schweiz will bis 2050 klimaneutral werden. Immobilien müssen einen entscheidenden Beitrag zur Erreichung dieses Ziels leisten – schliesslich ist der Schweizer Gebäudepark derzeit für rund ein Viertel der hiesigen CO2-Emissionen verantwortlich.
  • Eigentümer:innen: Dass Investitionen in die Nachhaltigkeit von Gebäuden Kosten verursachen, liegt auf der Hand – und höhere Kosten, für sich genommen, führen zu einem tieferen Marktwert. Für Eigentümer:innen können sich Investitionen in die Nachhaltigkeit ihrer Immobilien jedoch auf unterschiedlichen Ebenen finanziell auszahlen: So wird die Attraktivität einer Immobilie durch eine nachhaltige Bauweise gesteigert, was sich in einer tieferen Diskontierung und höheren Nettomieterträgen widerspiegeln kann. Ausserdem fallen in der Regel geringere Nebenkosten für die Mieter:innen sowie tiefere Instandhaltungskosten für die Eigentümer:innen an. Die Bauteile sind langlebiger, und zu guter Letzt können Förderbeiträge beantragt werden. Dass es daher in vielen Fällen tatsächlich gelingt, trotz höherer Kosten den Marktwert einer nachhaltig betriebenen Liegenschaft zu steigern, zeigt die Studie «Die Wirkung von Nachhaltigkeit auf Immobilienwerte», die Wüest Partner kürzlich im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) verfasst hat. Grundsätzlich gilt, dass eine ökologische Bauweise schon lange nicht mehr im Widerstreit zu wirtschaftlicher Rentabilität steht. Im Gegenteil: Dass sich Investitionen in die Nachhaltigkeit langfristig lohnen, gilt für die meisten Bauteile.
  • Mieter:innen: CO2-frei beheizte Mehrfamilienhäuser können bedeutend günstiger betrieben werden. Die Nebenkosten zum Beispiel sinken beim Umstieg von einer Öl- oder Gasheizung zu einer Wärmepumpe so stark, dass sich die Bruttomiete auch nach Überwälzung der Investitionskosten auf die Mieter:innen oft nur wenig verteuert; in manchen Fällen können die Wohnkosten sogar sinken, wie die 2020 von Wüest Partner durchgeführte Studie «Energetische Sanierungen: 3 Gewinner» zeigte.

4. Den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie in Betracht ziehen

Über den ganzen Lebenszyklus einer Immobilie betrachtet, machen die Erstellungskosten nur rund einen Drittel der gesamten Kosten aus. Das bedeutet, dass zwei Drittel auf die operative Phase fallen. Entsprechend weitreichend können die Folgen sein, wenn bei der Erstellung einer Immobilie am falschen Ort gespart wird. So ist eine Wärmepumpe zwar in der Anschaffung teurer als eine Ölheizung, im Betrieb jedoch so viel günstiger, dass sich der Entscheid für eine Wärmepumpe auf lange Sicht auch finanziell lohnt – ganz abgesehen von den positiven Folgen für die Umwelt.

Der Handlungsspielraum ist bei einem Bauprojekt naturgemäss im Planungsstadium am grössten. Je weiter ein Projekt fortschreitet, desto kleiner wird er (vgl. Abbildung). Parallel zum Handlungsspielraum sinkt auch die Beeinflussbarkeit der künftig anfallenden Kosten. Eine sorgfältige strategische Planung lohnt sich also auch finanziell. Ausserdem haben im Verlaufe eines Bauprojekts vorgenommene Anpassungen oft hohe Mehrkosten zur Folge. Ebenso wichtig ist eine sorgfältige Qualitäts- und Kostenkontrolle während der gesamten Planungs- und Bauphase, um dafür zu sorgen, dass Termine eingehalten und Baukosten nicht aus dem Ruder laufen.

Projektrisiko

5. Systembau

Der Systembau ist ein Bauverfahren, bei dem das Gebäude aus vorgefertigten Bauteilen oder Modulen zusammengesetzt wird. Die Bauteile werden in einem Werk gefertigt, zur Baustelle transportiert und nach dem Baukastenprinzip zusammengesetzt. Die Systembauweise hat viele Vorteile:

  • Kürzere Bauzeit
  • Tiefere Kosten
  • Langjährige Erfahrungswerte
  • Witterungsunabhängigkeit während der Vorfertigungsphase
  • Hohe Präzision der oft seriell gefertigten Bauteile
  • Bessere Planbarkeit, Verringerung von Unvorhergesehenem
  • Auch individuelle Architektur möglich

Ein im Systembau produziertes Gebäude ist in der Herstellung tendenziell günstiger als eine konventionell gebaute Immobilie. Der grösste Vorteil jedoch besteht im Zeitgewinn durch die kürzere Bauzeit: Eine schnellere Realisierung bedeutet frühere Mietzinseinnahmen.

In der Schweiz wird die Systembauweise derzeit meist für Provisorien und Gewerbebauten genutzt und kommt bei Wohnliegenschaften eher selten zum Einsatz. Andere Länder, zum Beispiel Deutschland oder die Niederlande, sind diesbezüglich schon etwas weiter. Die Zeichen stehen gut, dass der Einsatz von Systembauweisen oder die Kombination von Systembauweisen mit konventionellen Bauverfahren auch hierzulande populärer werden könnten. Derzeit ist die Reputation von Systembauweisen noch etwas lädiert, da sie oft mit Plattenbauten aus den 1970er-Jahren assoziiert wird. Dieses Image könnte sich aber ändern, wenn immer sichtbarer wird, dass der Systembau auch eine moderne und individuelle Architektur ermöglicht.

Fazit

In der aktuellen Zeit mit einer hohen Inflation und Bauteuerung sowie gestiegenen Zinsen gewinnt die Optimierung hinsichtlich Kosten und Nutzen von Wohnungen an Bedeutung. Die fünf hier vorgestellten Aspekte stellen Optionen dar, an denen Eigentümer:innen die Stellschrauben ansetzen können. Zum Schluss sei hier festgehalten: Gebäude sind da für die Menschen, die sie bewohnen. Und genau für diese Zielgruppen sollten die Gebäude bezüglich Kosten und Nutzen optimiert werden.

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