Weiterentwicklung der Modelle und Datensätze zum Schweizer Immobilienmarkt 2023
18. Juli 2023
Daten zu Angeboten und Transaktionen gehören zu den wichtigsten Grundlagen für Entscheide in der Immobilienwirtschaft. Neben einem wachsenden Datenbestand über den europäischen Immobilienmarkt verfügt Wüest Partner traditionellerweise über die umfangreichste Datenbasis zu Immobilienangeboten in der Schweiz. Die Daten reichen zum Teil zurück bis ins Jahr 1970 und stellen eine äusserst wichtige Basis für die Preisspektren und die Angebotspreisindizes von Wüest Partner dar. Darüber hinaus werden sie für die Messung der Angebotsquoten und der Vermarktungsdauern sowie für die Beobachtung der Marktanspannung eingesetzt.
Wüest Partner hat seine bewährten Angebotsdaten zum Schweizer Immobilienmarkt wie auch die Modelle für die Berechnung von Immobilienbeständen und Marktpreisen überarbeitet und weiterentwickelt. Stichdatum ist das 2. Quartal 2023. Das Ziel bestand darin, die bereits umfangreichen Datengrundlagen zu ergänzen, die Genauigkeit und Qualität der Daten weiter zu steigern, eine grössere Marktabdeckung zu erreichen und unseren Kundinnen und Kunden damit die bestmögliche Datengrundlage zu bieten. Ausserdem wurden neue technologische Möglichkeiten wie «Machine Learning» und «Web Crawling» in die Datenprozesse integriert. In diesem Beitrag zeigen wir die wichtigsten Änderungen und Verbesserungen der bestehenden Datensätze und Modelle auf.
Angebotsdaten
Die Angebotsdaten stützen sich auf eine Vollerhebung aller relevanten Printmedien und der wichtigsten Internetplattformen. Diese Daten werden genutzt, um repräsentative Miet- und Preisniveaus und deren Entwicklungen über die Zeit zu berechnen. Zudem ermöglichen sie einen Überblick über die Marktliquidität (inseriertes Angebot gemessen am Bestand), über die Marktanspannung (Vergleich der Nachfrage mit dem inserierten Angebot) sowie über die Insertionsdauern im Schweizer Immobilienmarkt.
Der umfassende Datensatz wurde per 2. Quartal 2023 ausgedehnt und um weitere Datenquellen ergänzt. Neu hinzugekommen sind beispielsweise Plattformen, die für städtische Mietermärkte relevant sind, oder solche, die Märkte für Luxusobjekte noch besser abdecken. Der neue Datensatz umfasst derzeit rund 40 Millionen Inserate und bietet nicht nur eine breitere Marktabdeckung, sondern dank einem präziseren Dublettenabgleich auch eine noch bessere Qualität.
Angebotsquoten
Durch eine Gegenüberstellung der Angebotsdaten mit den jeweiligen Beständen werden die Angebotsquoten – das Mass für die Marktliquidität – im Schweizer Wohn- und Geschäftsflächenmärkte berechnet. Anpassungen bei der Erhebung und bei der Modellierung der Daten bringen ab dem 2. Quartal 2023 diverse Veränderungen mit sich. So hatte einerseits der überarbeitete Prozess für den Dublettenabgleich zur Folge, dass insgesamt eine geringere Zahl an Immobilieninseraten in die Berechnung einfliesst. Andererseits haben sich aber auch die zugrunde liegenden Wohnungsbestände verändert, da auch das für deren Berechnung notwendige Wohnungsmodell überarbeitet wurde: Unter Einbezug der Daten aus der Gebäude- und Wohnungsstatistik (GWS), aus der Strukturerhebung des BFS und aus kantonalen Statistiken wurde die Datenbank neu aufgebaut und weist nun eine höhere Gesamtzahl an Gebäuden auf. Bei der Unterscheidung zwischen Miet- und Eigentumswohnungen wird zudem neu die Eigentümer- und nicht mehr die Nutzerperspektive berücksichtigt, was im Wohnungsbestand eine höhere Zahl an Mietwohnungen und eine geringere Zahl an Eigentumswohnungen zur Folge hat. Darüber hinaus sind Genossenschaftswohnungen nicht mehr im Mietwohnungsbestand enthalten und werden neu separat ausgewiesen.
Die oben genannten Verbesserungen bei der Erhebung und der Berechnung der Daten führen zu Veränderungen in den verschiedenen Marktsegmenten:
- Deutlich tiefere Angebotsmengen und Angebotsquoten bei Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern.
- Tiefere Angebotsquoten auch bei Mietwohnungen, jedoch weniger stark ausgeprägt als in den Eigenheimmärkten.
- Leicht höhere Angebotsquoten im Büromarkt und ebenfalls höhere Angebotsquoten im Verkaufsflächenmarkt.
- Die aktualisierten Angebotsquoten sind ab dem 1. Quartal 2013 als konsistente Zeitreihen verfügbar und werden quartalsweise aktualisiert. Die Angebotsdaten in Wüest Dimensions werden gegenwärtig monatlich aktualisiert.
Die aktuellen Angebotsquoten für die verschiedenen Nutzungen sowie die neu berechneten Wohnungsbestände sind in der folgenden Grafiken dargestellt:
Angebotsquoten Schweiz (Stand 2. Quartal 2023)
Abrufbar sind die Daten weiterhin über diverse Applikationen von Wüest Partner wie beispielsweise «Wüest Reports» sowie über die beiden Module «Market and Location Information» und «Investment Management» innerhalb der Plattform «Wüest Dimensions». Sie werden dort periodisch aktualisiert.
Marktpreise
Das ebenfalls per 2. Quartal 2023 aktualisierte Preismodell von Wüest Partner berechnet Immobilienpreisquantile (Marktpreise) für verschiedene Nutzungen sowie für zahlreiche Regionalisierungsstufen (Gemeinden, Stadtkreise usw.) in der Schweiz. Dabei werden, wo möglich, die gegenwärtigen Angebote mit Preisinformationen in einem Preisspektrum direkt abgebildet. Wenn Informationen fehlen, werden zeitlich zurückliegende Vergleichspreise sowie Angebote aus vergleichbaren nahen Gebieten verwendet und auf das Niveau der Gemeinde normalisiert. Die Inserate werden genutzt, um ein «Machine Learning»-Modell zu trainieren, mit dem Ziel, die Preise aus Nachbargemeinden auf das Preisniveau der Zielgemeinde zu bringen und die Quadratmeterpreise auf bestimmte Wohnflächen zu standardisieren.
Die Marktpreise basieren auf dem oben genannten überarbeiteten Datensatz der Immobilienangebote, wobei die neu berechneten Preisspektren in einer Zeitreihe ab dem 1. Quartal 2005 verfügbar sind. Zu den wichtigsten Qualitätsmerkmalen des überarbeiteten Preismodells zählen:
- Es stehen sowohl Preisspektren nach Wohnungsgrössen als auch differenzierte Quadratmeterpreise für jede Wohnungsgrösse zur Verfügung. Der typische Quadratmeterpreis bildet weiterhin eine 4-Zimmer-Wohnung ab.
- Einführung von sechs zusätzlichen Regionalisierungen: Stadtquartier, Stadtteil, WP-Ortschaft, Arbeitsmarktregion, Kanton, Gemeindetyp.
- Neu beinhaltet das Preismodell eine Differenzierung zwischen Industrie- und Lagernutzungen, was nicht nur die Datenqualität verbessert, sondern auch zu höheren Preisen für industrielle Nutzungen geführt hat.
- Insgesamt fallen die Mediane in allen Nutzungen leicht höher aus als bisher, und die Preisbandbreiten sind im Mittel etwas enger.
- Die neu berechneten Preisspektren stehen in einer konsistenten Datenreihe ab 1. Quartal 2005 zur Verfügung und werden quartalsweise aktualisiert.
Marktpreise für Eigentumswohnungen
(Stand: 2. Quartal 2023) in CHF pro Quadratmeter Hauptnutzfläche (Median)
Zu den Anwendungsgebieten von Marktpreisen gehören zum Beispiel die Festlegung von Mietpreispotenzialen und allgemeine Marktanalysen. Ausserdem fliessen sie in die Bewertungsmodelle ein und werden in verschiedenen Applikationen periodisch aktualisiert und bereitgestellt (Wüest Dimensions, Wüest Reports etc.).
Marktmieten
Marktpreise Wohneigentum
(Stand: 2. Quartal 2023) in CHF pro Quadratmeter Hauptnutzfläche (Median) Schweiz
Marktanspannung und Nachfragedaten im Wohnbereich
Der Datensatz zu Immobilien-Suchabos (Quelle: Realmatch360), der Informationen über die Art und Menge der gesuchten Wohnungen und Häuser in der Schweiz enthält, wurde ebenfalls aktualisiert und erweitert. In Kombination mit den Angebotsdaten von Wüest Partner wird die Marktanspannung in den einzelnen Wohnsegmenten sowie Grössen- und Preisklassen errechnet, ausgedrückt in der Anzahl gesuchter Wohnungen oder Häuser im Vergleich zum inserierten Angebot. Die Marktanspannung fällt durch die erweiterte Datenbasis (sowohl in Bezug auf die Nachfrage als auch in Bezug auf das Angebot) insgesamt markant höher aus als bisher. So stehen in sämtlichen Nutzungen einer deutlich höheren Anzahl Suchabos nun etwas tiefere Angebotsmengen gegenüber. Die wichtigsten Änderungen im neuen Datensatz sind die folgenden:
- Die Zahl der in den Daten berücksichtigten Suchabos fällt durch den Einbezug von Suchabos aus Immobilien-Apps markant höher aus.
- Im Zusammenhang mit der geringeren Anzahl Angebote führt dies zu einer deutlich höheren Marktanspannung in allen Segmenten des Schweizer Wohnungsmarktes.
- Die Datenreihe steht ab März 2021 zur Verfügung und wird monatlich aktualisiert.
Marktanspannung Schweiz: Anzahl Suchabos gegenüber inserierten Angeboten (Stand Mai 2023)
Die Anwendungsbereiche umfassen die Analyse der Wohnungsnachfrage und der Marktanspannung sowie den Vergleich der Anzahl Suchabos mit der Zahl der angebotenen Objekte über verschiedene Wohnkategorien und Sucharten hinweg. Die Kennzahlen werden in verschiedenen Applikationen periodisch aktualisiert und bereitgestellt (Wüest Dimensions, Wüest Reports etc.).
Fazit
Die Neuerungen bei den Datensätzen und den Immobilienmodellen wurden durch ein grosses Team aus der Data Analytics und Technology Division von Wüest Partner erarbeitet. Sie verbessern die verfügbare Datengrundlage sowie die Analysemöglichkeiten weiter. Insbesondere bieten die neuen Datensätze eine breitere Marktabdeckung, eine bessere Qualität und eine noch genauere Einschätzung der Preise, des Angebots und der Nachfrage auf dem Immobilienmarkt. Monatliche respektive quartalsweise Aktualisierungen sind weiterhin gewährleitest. Diese Neuerungen werden für Fachpersonen, die sich professionell auf dem Immobilienmarkt bewegen, die Marktanalysen und Immobilienbewertungen durchführen und die bei ihrer Arbeit auf fundierte Entscheidungsgrundlagen angewiesen sind, von grossem Nutzen sein.