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Wohnen im Alter: Treiber des Wohnflä­chen­konsums?

Letzte Aktualisierung: 22. April 2025

Die Schwei­ze­rinnen und Schweizer leben immer länger. Zu Beginn des 20. Jahrhun­derts lag die Lebens­er­wartung von Männern leicht unter, diejenige von Frauen bei rund 50 Jahren. Für das Jahr 2021 weist das Bundesamt für Statistik (BFS) für Frauen bei der Geburt eine Lebens­er­wartung von 85.7 Jahren und für Männer eine von 81.6 Jahren aus (Quelle: BFS). Unter anderem durch die stark gesunkene Säuglings­sterb­lichkeit ist die Lebens­er­wartung der in der Schweiz lebenden Personen also um über 30 Jahre gestiegen. Die Schweiz wächst nicht nur, sie wird auch immer älter.

So steigt die Anzahl der Haushalte in der Schweiz von rund 3’631’029 im Jahr 2015 auf rund 4’728’273 im Jahr 2045, wobei die Ein- und Zweiper­so­nen­haus­halte die höchsten Wachs­tums­raten aufweisen. 

Von der Pyramide zur Tanne

Als Folge der höheren Lebens­er­wartung, aber auch wegen der gesun­kenen Gebur­tenrate, hat sich die Verteilung der Bevöl­kerung auf die jewei­ligen Alters­ko­horten verschoben. Kann man für das Jahr 1900 noch von der klassi­schen Bevöl­ke­rungs­py­ramide mit vielen jungen und anteils­mässig weniger älteren Personen sprechen, zeigt sich heute ein ganz anderes Bild (Quelle: BFS). Einer­seits hat sich die gesamte Verteilung der Bevöl­kerung auf die unter­schied­lichen Alters­gruppen nach oben verschoben – dies eine Folge der höheren Lebens­er­wartung. Anderer­seits gleicht der Alters­aufbau der Bevöl­kerung nicht mehr einer Pyramide, sondern viel mehr einem Tannenbaum. Der dünne Stamm entspricht dem geringen Anteil von unter 30-Jährigen. Zwischen 30 und 45 beginnen die Äste der Tanne den Umfang des Stammes zu überragen. Am breitesten Punkt der Tanne, zwischen 45 und 60, lassen sich die sogenannten Babyboomer verorten, die zwischen 1946 und 1964 zur Welt gekommen sind. Nach dieser Alters­ko­horte wird die Tanne wieder dünner und ragt bis zum Tannen­spitz, der sich bei etwas über 100 Jahren befindet.

Anhand der Auswer­tungen und des Bevöl­ke­rungs­pro­gno­se­mo­dells von Wüest Partner mit Daten vom Bundesamt für Statistik (BFS) lässt sich die zukünftige demogra­fische Entwicklung schätzen. Der Anteil der Haushalte mit einem Durch­schnitts­alter der Haupt­per­sonen des Haushalts von über 65 Jahren lag im Jahr 2015 noch bei rund 25% und wird 2045 mit 31% auf knapp einen Drittel der Gesamt­be­völ­kerung steigen. 

Die Verän­derung der Alters­struktur der Schweizer Wohnbe­völ­kerung führt zu einer Verän­derung der Wohnbe­dürf­nisse. Die steigende Lebens­er­wartung und eine bessere Gesundheit im Alter ermög­lichen längeres selbstän­diges Wohnen in der eigenen Miet- oder Eigen­tums­wohnung. Für Akteure im Immobi­li­en­be­reich steht dabei eine Frage im Zentrum: In welche Richtung entwi­ckeln sich die Wohnbe­dürf­nisse einer älter werdenden Gesell­schaft?

Klein­haus­halte: 2045 schon über 70%

Haushalte mit älteren Personen leben meist in Klein­haus­halten. Wenn die gemein­samen Kinder ausge­zogen sind, leben Paare mehrheitlich nur noch zu zweit und im Todes- oder Pflegefall des Partners allein. Die durch­schnitt­liche Haushalts­grösse sinkt also mit zuneh­mendem Alter.
Der Anteil der Klein­haus­halte (1- und 2‑Personenhaushalte) wird von heute 68% bis ins Jahr 2045 auf über 70 % steigen, wobei dieses Wachstum vor allem auf die Zunahme des Anteils der über 50-Jährigen zurück­zu­führen ist.

Wohnflä­chen­konsum im Alter: 60 bis 70m2 pro Person

Bewohner von kleineren Haushalten konsu­mieren im Schnitt mehr Wohnfläche pro Kopf. Da die Haushalte mit steigendem Alter der Bewoh­ne­rinnen und Bewohner kleiner werden, erstaunt es daher nicht, dass die konsu­mierte Wohnfläche im Alter auf 60 bis 70 m2 pro Person ansteigt.

In Anbetracht der sinkenden Bereit­schaft der Schweizer Bevöl­kerung umzuziehen (Quelle: MOVU), liegt der Schluss nahe, dass der Wohnflä­chen­konsum pro Kopf nach einer Phase der Stagnation in den vergan­genen Jahren künftig wieder zunehmen dürfte (Quelle: UZH).

Ob die steigende Nachfrage nach Wohnfläche im Alter einem Bedürfnis entspricht, ist zu bezweifeln. Der Haupt­grund für den mit dem Alter steigenden Wohnflä­chen­konsum ist vor allem der fehlende Anreiz für einen Umzug: Dieser führt angesichts der aktuell steigenden Mieten in der Regel zu höheren Wohnkosten. Zudem sinkt die Umzugs­be­reit­schaft mit steigendem Alter generell.

Alters­ge­rechte Wohnan­gebote mit «durch­läs­sigen» Betreu­ungs­formen anstelle von «klassi­schen» Alters­heimen

Nicht zuletzt als Folge der Covid-19-Pandemie stehen die Betreu­ungs­kon­zepte herkömm­licher Alters- und Pflege­heime auf dem Prüfstand. Durch die höhere Lebens­er­wartung haben immer mehr Menschen die Möglichkeit, auch nach der Pensio­nierung selbst­be­stimmt zu leben. Angebote wie die Spitex ermög­lichen alters­ge­rechtes Wohnen in den eigenen vier Wänden auch bei Pflege­be­dürf­tigkeit. Die Angebote der Pflege­heime werden in Zukunft vor allem die in den letzten Lebens­jahren entste­henden Bedürf­nisse abdecken, die eine engma­schigere Betreuung erfordern. Ein Aussterben dieser Angebote ist insofern nicht zu erwarten, auch wenn der Trend in Richtung selbstän­diges Wohnen bis ins hohe Alter geht. Gefragt sind sowohl Angebote, die ein selbst­be­stimmten Wohnen im Alter ermög­lichen, als auch Pflege­plätze, also alters­ge­rechte Wohnungen sowie «durch­lässige» Wohnan­gebote und Betreu­ungs­formen.

Steigende Nachfrage nach alters­ge­rechten
Wohnformen – nicht nur in den urbani­sierten Regionen der Schweiz

Urbani­sierte Regionen sind für Inves­toren besonders attraktiv

Gemäss dem Rating für Alters­wohnen von Wüest Partner schneiden vor allem die urbani­sierten MS-Regionen im Mittelland zwischen Ostschweiz und Genf gut ab. Das Rating ist so zu inter­pre­tieren, dass je besser das Rating für eine MS-Region ausfällt, desto attrak­tiver oder geeig­neter ist die MS-Region für Inves­toren im Alters­wohn­be­reich (Skala: 1 = sehr ungeeignet; 5 = sehr geeignet). Das Rating umfasst verschiedene Parameter wie die bestehende und die geplante Konkurrenz in jeder der 106 MS-Regionen sowie die zukünftige Nachfrage nach Angeboten im Bereich Alters­wohnen. Je höher die Nachfrage im Vergleich zum Angebot, desto positiver fällt der Rating-Wert aus.

Inves­ti­tionen in Alters­wohnen sind besonders in den urbani­sierten Regionen in und rund um die grösseren Städte im Mittelland attraktiv. In diesen Gebieten (zum Beispiel Bern, Genf und Zürich) ist die grösste künftige Nachfrage zu erwarten, weshalb diese Regionen im Rating so gut abschneiden. Zudem verzeichnen viele Agglo­me­ra­tionen und periurbane Gebiete im Vergleich zu den Kernstädten aktuell noch einen Mangel an Angeboten und bieten somit Potenzial für Inves­ti­tionen im Alters­wohn­be­reich.
Festzu­halten gilt, dass die demogra­fische Entwicklung der Schweiz in fast allen Regionen eine Alterung der Gesell­schaft erwarten lässt. Wenn eine MS-Region im Vergleich zu anderen MS-Regionen gemäss Rating schlechter abschneidet, bedeutet dies nicht, dass es dort keinen Bedarf an Angeboten im Alters­wohn­be­reich gibt.

Umzugs­be­reit­schaft und Umzugs­radius sinken mit steigendem Alter

Trotz eher tiefen Ratings im Bereich Alters­wohnen wird die Nachfrage nach Angeboten für Wohnen im Alter auch in weniger urbani­sierten Regionen künftig ansteigen. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Umzugs­wahr­schein­lichkeit sowie der Umzugs­radius mit steigendem Alter abnimmt. Die heute in ländli­cheren Regionen der Schweiz wohnhaften älteren Personen werden Angebote für alters­ge­rechtes Wohnen in ihrer näheren Umgebung suchen und dürften kaum in urbane Gebiete umziehen.
Auswer­tungen von Wüest Partner auf der Basis von Daten des Bundesamts für Statistik (BFS) zeigen, dass die Umzugs­wahr­schein­lichkeit von Personen im Alter von 20 bis 35 Jahren sehr hoch ist. Danach nimmt die Umzugs­wahr­schein­lichkeit sukzessive ab und ist im Alter von 70 bis 80 Jahren sehr tief:

Nach 75 steigt die Umzugs­wahr­schein­lichkeit wieder leicht, was damit zu tun hat, dass Personen ab diesem Alter beginnen, in eine alters­ge­rechte Wohnform umzuziehen. Dies bedeutet mangels Alter­na­tiven nach wie vor häufig den Umzug in ein Alters- oder Pflegeheim. Gefragt wären aber zeitge­mässe, diffe­ren­zierte Wohnkon­zepte, die verschiedene Ausprä­gungen – vom selbst­be­stimmten Wohnen bis zur Pflege­ab­teilung – beinhalten.

Preis­güns­tiges Wohnen im Alter – ein gesell­schafts­po­li­tisch zunehmend wichtiges Thema

Die steigende Wohnkos­ten­be­lastung ist aufgrund der hohen Nachfrage, der sinkenden Neubau­tä­tigkeit und des abseh­baren Anstiegs des hypothe­ka­ri­schen Referenz­zins­satzes in fast allen Teilen der Schweiz ein heraus­for­derndes Thema. Besonders anspruchsvoll ist die Situation dabei für Wohnungs­su­chende in höherem Alter, die in einem Umfeld mit knappem Wohnungs­an­gebot leben. Die folgende Grafik zeigt, wie hoch die durch­schnitt­liche Wohnkos­ten­be­lastung (in Verhältnis zum verfüg­baren Einkommen) für eine Person ab 65 Jahren ist, wenn sie heute am Markt in der entspre­chenden MS-Region eine 2‑Zimmerwohnung finden müsste:

Wenn eine pensio­nierte Einzel­person heute beispiels­weise eine 2‑Zimmerwohnung in der Stadt Zürich sucht, muss sie im Schnitt knapp 47% ihres verfüg­baren Einkommens aufwenden, um sich eine Wohnung leisten zu können. Vor dem Hinter­grund des aktuellen Wohnungs­mangels und im Zusam­men­spiel mit den relativ tiefen Renten­leis­tungen wird die finan­zielle Wohnkos­ten­be­lastung für Pensio­nierte in Zukunft weiter steigen. Zudem wird das zur Verfügung stehende knappe Wohnungs­an­gebot für Betagte durch den einge­schränkten Umzugs­radius noch knapper.
Durch die in den ländlichen und periur­banen Gemeinden eher schwä­cheren finan­zi­ellen Ausstattung und tieferen Einkommen der Haushalte im Vergleich zu den urbani­sierten Regionen wird das preis­günstige Wohnen im Alter auch in diesen Regionen in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Würde eine Einzel­person heute beispiels­weise im Oberen Baselbiet am Markt eine 2‑Zimmerwohnung suchen, würde sie im Schnitt fast 33% und somit ein Drittel ihres verfüg­baren Einkommens für die neue Wohnung aufwenden müssen.
Bedarfs­ge­rechten, preis­güns­tigen Wohnraum für betagte Personen zur Verfügung zu stellen, dürfte in naher Zukunft auch in der gesell­schafts­po­li­ti­schen Diskussion mehr und mehr an Relevanz gewinnen. Und diese Entwicklung wird sich immer mehr nicht nur in den Städten, sondern auch im periur­banen und ländlichen Raum zeigen.

Grosse Inves­ti­ti­ons­po­ten­ziale für bedürf­nis­ge­rechte und zukunfts­ge­richtete Angebote

Zentral bleibt demnach die Frage, ob die spezi­fi­schen Bedürf­nisse der einzelnen Haushalte durch die bestehenden und zukünf­tigen Produkte auf dem Markt abgedeckt werden können. Denn letzt­endlich ist aus Sicht eines möglichen Investors primär relevant, ob die Angebote von den Haushalten tatsächlich nachge­fragt werden. Bedürf­nis­ge­rechte und zukunfts­trächtige Angebote zu schaffen, sollte sowohl aus gesamt­wirt­schaft­licher und gesell­schaft­licher Sicht als auch als Inves­to­ren­sicht angestrebt werden.
Für Inves­toren bestehen grosse Poten­ziale im Hinblick auf Wohnen im Alter. Im Vorder­grund stehen dabei Angebote, die ein selbst­be­stimmtes Wohnen im Alter ermög­lichen, «durch­lässige» Wohnan­gebote sowie Betreu­ungs­formen bis hin zur umfas­senden Pflege­ein­richtung.
Auf dem Weg zu einer erfolg­reichen Projekt­ent­wicklung bietet Wüest Partner umfang­reiche Beratungs­dienst­leis­tungen an. Hierzu gehören unter anderem Standort‑, Markt- und Bedürf­nis­ana­lysen, Nutzungs­kon­zep­tionen und Produkt­de­fi­ni­tionen sowie Wirtschaft­lich­keits­prü­fungen und Projekt­be­wer­tungen.

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