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Unterschiedliche Entwicklungen bei den Wohnungsmieten

18. August 2021

Grafik zu den Entwicklungen der Wohnungsmieten.

Die Wohnkosten stellen für die meisten Schweizer Haushalte den grössten Ausgabeposten im Haushaltsbudget dar. So liegt die mittlere Belastung für Einpersonenhaushalte bei 35 Prozent, für Paarhaushalte bei 25 Prozent und für Haushalte mit Kindern nur leicht tiefer bei 24 Prozent. Entsprechend bedeutsam ist es zu wissen, wie sich die jeweiligen Wohnungsmieten entwickeln.

Eine eindeutige Antwort dazu gibt es jedoch nicht. Prognosen sind ohnehin mit Unsicherheiten behaftet. Aber auch rückblickend hängt die die Antwort auf die Frage, ob die Wohnungsmieten gestiegen oder gesunken sind, stark davon ab, was gemessen und welche Methode dabei eingesetzt wird. Bezogen auf den Einzelfall sind zudem nicht nur die Marktentwicklungen relevant, sondern vor allem auch die Lebensumstände, also welcher Standort und welche Art von Immobilie bewohnt wird und wie lange man in der gleichen Wohnung bleibt.

Wie unterschiedlich sich die Mietkosten für ein und dieselbe Person in der gleichen Wohngemeinde während der letzten Jahre entwickelt haben könnten, zeigt folgendes (rein fiktives) Beispiel: Anna hat Anfang 2015 eine 2.5-Zimmer Wohnung in einer typischen Agglomerationsgemeinde für 1300 Franken pro Monat (ohne Nebenkosten) gemietet. Damals war sie 23 Jahre alt und single. Nachdem nun fast 7 Jahre vergangen sind, stellt sich die Frage: Bezahlt Anna heute mehr oder weniger Miete?

Lebenslage 1

Anna ist im Jahr 2021 immer noch alleinstehend und bewohnt die gleiche Wohnung. Es gab während dieser Zeit keine wertvermehrenden Sanierungen, welche auf den Mietpreis übergewälzt worden wären. Auch die Nebenkosten sind unverändert geblieben.

In diesem Fall bezahlt Anna heute rund 110 Franken weniger, also 1190 Franken pro Monat. Das liegt daran, dass der für bestehende Mietverträge massgebende Referenzzinssatz von 2 Prozent im März 2015 auf derzeit 1.25 Prozent gesunken ist und Anna jeweils ihre Ansprüche auf Mietzinssenkung geltend gemacht hat*. Damit konnte sie ihre monatliche Miete um gut 8 Prozent reduzieren.

Lebenslage 2

Anna ist im Jahr 2021 in eine andere Altbau-Bestandeswohnung mit 2.5 Zimmern in der gleichen Gemeinde umgezogen. Die Wohnung hat den gleichen Ausbaustandard, dieselbe Grösse und eine vergleichbare Lagequalität wie die vorherige Wohnung. Wie sieht es nun mit der monatlichen Belastung aus?

Am Markt für 2.5-Zimmer Wohnungen sind annähernd gleich hohe Angebotsmieten zu beobachten wie im Jahr 2015. Demnach müsste Anna in etwa die gleiche Miete zahlen wie damals. Werden allerdings die Qualitätsmerkmale der beiden Wohnungen berücksichtigt, so ergibt sich ein anderes Bild. Basierend auf den Daten für effektive Mietabschlüsse zeigt sich nämlich, dass heute für eine gleich grosse, vergleichbar ausgestattete und gleich gut gelegene Mietwohnung im Schweizer Mittel rund 4 Prozent mehr bezahlt werden müssen als noch Anfang 2015. In der Region, in welcher die Wohnung von Anna gelegen ist, beträgt der Anstieg der Abschlussmieten sogar 6 Prozent. Bei dieser Betrachtungsweise ist davon auszugehen, dass Anna heute eine höhere Belastung von gegen 1400 Franken Miete pro Monat hat als damals. Dieser Anstieg entspricht in etwa dem mittleren Lohnanstieg in der Schweiz.

Lebenslage 3

Anna ist im Jahr 2021 glücklich liiert und hat soeben zusammen mit ihrem Partner eine 3.5-Zimmer Wohnung bezogen. Was bezahlt das Paar und welchen hälftigen Anteil bezahlt Anna jetzt?

Im Bereich der mittelgrossen Wohnungen zeigt der Wüest-Partner-Angebotsmietpreisindex, dass die Mieten der inserierten Objekte in der Schweiz seit Anfang 2015 im Schnitt um 9 Prozent zurückgegangen sind. Das hat in erster Linie mit dem grossen zusätzlichen Angebot zu tun, das die rege Neubautätigkeit in den letzten Jahren mit sich gebracht hat. Anna und ihr Partner haben also gute Chancen, eine im Vergleich zu vor 6 Jahren deutlich günstigere Neubauwohnung ergattert zu haben. In der Gemeinde, in welcher Anna vorher bereits lebte, bewegt sich der typische Mietpreis für eine neuwertige 3.5-Zimmerwohnung bei 2000 Franken. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass Anna’s anteilsmässige Belastung bei 1000 Franken pro Monat liegt. Hätte das Paar vor 5 oder 6 Jahren eine solche Wohnung gesucht, wäre die damals am Markt angebotene Miete wahrscheinlich höher gewesen.

Es zeigen sich im Mietwohnungsmarkt sehr unterschiedliche Mietpreisentwicklungen. Aus diesem Grund lässt es sich auch nicht einfach sagen, ob die Mieten sinken oder steigen. Klar ist: Die Entwicklungen der letzten Jahre waren insbesondere für Mieterinnen und Mieter vorteilhaft, die längere Zeit in der gleichen Wohnung gelebt haben. Die Zinsentwicklung und das geltende Mietrecht haben die Mieten in laufenden Verträgen seit 2011 im Durchschnitt sinken lassen. Aber nicht nur bei den bestehenden Mietverträgen gingen die Mieten in der letzten Dekade mehrheitlich zurück, sondern auch beim ausgeschriebenen Angebot zeigten sich in den vergangenen Jahren zum Teil rückläufige Tendenzen – über diese Ausgangslage dürften sich vor allem diejenigen freuen, die auf der Suche nach einer neuen Wohnung mittlerer Grösse sind und ein gewisses Mass an Flexibilität bezüglich Standort und Wohnungseigenschaften mitbringen.


* Für einen Rückgang des Referenzzinssatzes um 0.25 Prozentpunkte besteht eine Mietsenkungsanspruch von 2.91 Prozent.


Weitere detaillierte Analysen rund um die Mietpreisentwicklungen finden Sie in der Frühlingsausgabe des Immo-Monitorings 2021.

Die quartalsweise aktualisierten Daten zu den Angebotsmietpreisindizes finden Sie hier.

Auch der Mietpreisindex des Bundesamts für Statistik wird quartalsweise aktualisiert.