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Unter­schied­liche Entwick­lungen bei den Wohnungs­mieten

Letzte Aktualisierung: 12. September 2024

Die Wohnkosten stellen für die meisten Schweizer Haushalte den grössten Ausga­be­posten im Haushalts­budget dar. So liegt die mittlere Belastung für Einper­so­nen­haus­halte bei 35 Prozent, für Paarhaus­halte bei 25 Prozent und für Haushalte mit Kindern nur leicht tiefer bei 24 Prozent. Entspre­chend bedeutsam ist es zu wissen, wie sich die jewei­ligen Wohnungs­mieten entwi­ckeln.

Eine eindeutige Antwort dazu gibt es jedoch nicht. Prognosen sind ohnehin mit Unsicher­heiten behaftet. Aber auch rückbli­ckend hängt die die Antwort auf die Frage, ob die Wohnungs­mieten gestiegen oder gesunken sind, stark davon ab, was gemessen und welche Methode dabei einge­setzt wird. Bezogen auf den Einzelfall sind zudem nicht nur die Markt­ent­wick­lungen relevant, sondern vor allem auch die Lebens­um­stände, also welcher Standort und welche Art von Immobilie bewohnt wird und wie lange man in der gleichen Wohnung bleibt.

Wie unter­schiedlich sich die Mietkosten für ein und dieselbe Person in der gleichen Wohnge­meinde während der letzten Jahre entwi­ckelt haben könnten, zeigt folgendes (rein fiktives) Beispiel: Anna hat Anfang 2015 eine 2.5‑Zimmer Wohnung in einer typischen Agglo­me­ra­ti­ons­ge­meinde für 1300 Franken pro Monat (ohne Neben­kosten) gemietet. Damals war sie 23 Jahre alt und single. Nachdem nun fast 7 Jahre vergangen sind, stellt sich die Frage: Bezahlt Anna heute mehr oder weniger Miete?

Lebenslage 1

Anna ist im Jahr 2021 immer noch allein­stehend und bewohnt die gleiche Wohnung. Es gab während dieser Zeit keine wertver­meh­renden Sanie­rungen, welche auf den Mietpreis überge­wälzt worden wären. Auch die Neben­kosten sind unver­ändert geblieben.

In diesem Fall bezahlt Anna heute rund 110 Franken weniger, also 1190 Franken pro Monat. Das liegt daran, dass der für bestehende Mietver­träge massge­bende Referenz­zinssatz von 2 Prozent im März 2015 auf derzeit 1.25 Prozent gesunken ist und Anna jeweils ihre Ansprüche auf Mietzins­senkung geltend gemacht hat*. Damit konnte sie ihre monat­liche Miete um gut 8 Prozent reduzieren.

Lebenslage 2

Anna ist im Jahr 2021 in eine andere Altbau-Bestandeswohnung mit 2.5 Zimmern in der gleichen Gemeinde umgezogen. Die Wohnung hat den gleichen Ausbau­standard, dieselbe Grösse und eine vergleichbare Lagequa­lität wie die vorherige Wohnung. Wie sieht es nun mit der monat­lichen Belastung aus?

Am Markt für 2.5‑Zimmer Wohnungen sind annähernd gleich hohe Angebots­mieten zu beobachten wie im Jahr 2015. Demnach müsste Anna in etwa die gleiche Miete zahlen wie damals. Werden aller­dings die Quali­täts­merkmale der beiden Wohnungen berück­sichtigt, so ergibt sich ein anderes Bild. Basierend auf den Daten für effektive Mietab­schlüsse zeigt sich nämlich, dass heute für eine gleich grosse, vergleichbar ausge­stattete und gleich gut gelegene Mietwohnung im Schweizer Mittel rund 4 Prozent mehr bezahlt werden müssen als noch Anfang 2015. In der Region, in welcher die Wohnung von Anna gelegen ist, beträgt der Anstieg der Abschluss­mieten sogar 6 Prozent. Bei dieser Betrach­tungs­weise ist davon auszu­gehen, dass Anna heute eine höhere Belastung von gegen 1400 Franken Miete pro Monat hat als damals. Dieser Anstieg entspricht in etwa dem mittleren Lohnan­stieg in der Schweiz.

Lebenslage 3

Anna ist im Jahr 2021 glücklich liiert und hat soeben zusammen mit ihrem Partner eine 3.5‑Zimmer Wohnung bezogen. Was bezahlt das Paar und welchen hälftigen Anteil bezahlt Anna jetzt?

Im Bereich der mittel­grossen Wohnungen zeigt der Wüest-Partner-Angebotsmietpreisindex, dass die Mieten der inserierten Objekte in der Schweiz seit Anfang 2015 im Schnitt um 9 Prozent zurück­ge­gangen sind. Das hat in erster Linie mit dem grossen zusätz­lichen Angebot zu tun, das die rege Neubau­tä­tigkeit in den letzten Jahren mit sich gebracht hat. Anna und ihr Partner haben also gute Chancen, eine im Vergleich zu vor 6 Jahren deutlich günstigere Neubau­wohnung ergattert zu haben. In der Gemeinde, in welcher Anna vorher bereits lebte, bewegt sich der typische Mietpreis für eine neuwertige 3.5‑Zimmerwohnung bei 2000 Franken. In diesem Fall ist davon auszu­gehen, dass Anna’s anteils­mässige Belastung bei 1000 Franken pro Monat liegt. Hätte das Paar vor 5 oder 6 Jahren eine solche Wohnung gesucht, wäre die damals am Markt angebotene Miete wahrscheinlich höher gewesen.

Es zeigen sich im Mietwoh­nungs­markt sehr unter­schied­liche Mietpreis­ent­wick­lungen. Aus diesem Grund lässt es sich auch nicht einfach sagen, ob die Mieten sinken oder steigen. Klar ist: Die Entwick­lungen der letzten Jahre waren insbe­sondere für Miete­rinnen und Mieter vorteilhaft, die längere Zeit in der gleichen Wohnung gelebt haben. Die Zinsent­wicklung und das geltende Mietrecht haben die Mieten in laufenden Verträgen seit 2011 im Durch­schnitt sinken lassen. Aber nicht nur bei den bestehenden Mietver­trägen gingen die Mieten in der letzten Dekade mehrheitlich zurück, sondern auch beim ausge­schrie­benen Angebot zeigten sich in den vergan­genen Jahren zum Teil rückläufige Tendenzen – über diese Ausgangslage dürften sich vor allem dieje­nigen freuen, die auf der Suche nach einer neuen Wohnung mittlerer Grösse sind und ein gewisses Mass an Flexi­bi­lität bezüglich Standort und Wohnungs­ei­gen­schaften mitbringen.


* Für einen Rückgang des Referenz­zins­satzes um 0.25 Prozent­punkte besteht eine Mietsen­kungs­an­spruch von 2.91 Prozent.


Weitere detail­lierte Analysen rund um die Mietpreis­ent­wick­lungen finden Sie in der Frühlings­ausgabe des Immo-Monitorings 2021.

Die quartals­weise aktua­li­sierten Daten zu den Angebots­miet­preis­in­dizes finden Sie hier.

Auch der Mietpreis­index des Bundesamts für Statistik wird quartals­weise aktua­li­siert.