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Rückläufiger Wohnungsleerstand in der Schweiz

13. September 2021

Stadtbild eines modernen Wohngebiets mit Mehrfamilienhäusern, neue grüne Stadtlandschaft in der Stadt

Das erste Mal seit 12 Jahren ist der Wohnungsleerstand gesunken. Im Juni 2021 wurden gemäss dem Bundesamt für Statistik (BFS) 71’365 Wohnungen als leer gezählt, was einem Rückgang von 7’467 Einheiten entspricht (-9.5 Prozent). Die Leerwohnungsziffer ist innert Jahresfrist von 1.72 Prozent auf 1.54 Prozent zurückgegangen. Auf welche Ursachen ist dieser Richtungswechsel zurückzuführen?

Rückläufiger Wohnungsleerstand in der Schweiz

Bevölkerungwachstum (Wohnungsnachfrage)

Die ständige Wohnbevölkerung hat im letzten Jahr um 62’200 Personen zugenommen (Stand Ende 2020: 8.668 Mio.). Das entspricht in etwa dem Anstieg, der bereits im 2019 zu verzeichnen war.
Gleichzeitig ist die Zahl der nicht ständigen Wohnbevölkerung (Personen mit einer Aufenthaltsbewilligung von maximal 12 Monaten, z.B. Expats) spürbar zurückgegangen. Dies ist vor allem auf zwei Punkte zurückzuführen: Einerseits haben im Vergleich zu den Vorjahren überdurchschnittlich viele Kurzeitaufenthalter eine langfristige Aufenthaltsbewilligung beantragt und erhalten. Dadurch werden sie dann zur ständigen Wohnbevölkerung gezählt. Andererseits wurden im letzten Jahr aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheiten nur wenige neue Stellen für Kurzeitaufenthalter geschaffen.
Fazit: Die gleichmässig wachsende ständige Wohnbevölkerung und die parallel weniger stark zunehmende nicht ständige Wohnbevölkerung können damit den Rückgang beim Wohnungsleerstand nicht erklären.

Zusammensetzung der Haushalte (Wohnungsnachfrage)

Trotz der ausbleibenden Dynamik beim Bevölkerungswachstum werden immer mehr zusätzliche Wohnungen in der Schweiz benötigt, denn die Belegungsdichte pro Wohnung nimmt bei den zusätzlich entstehenden Haushalten stark ab. Dadurch werden mehr Wohnungen bei einem gleichbleibenden Bevölkerungswachstum benötigt.
Dass die Belegungsdichte pro Wohnung abnimmt, ist eng mit der zunehmenden Alterung der Bevölkerung verbunden. Bei einer Auswertung nach Lebensphasen zeigt sich, dass ab einem Alter von 55 Jahren die Belegungsdichte in einem Mieterhaushalt stark abnimmt. Oft trifft dies dann zu, wenn die Kinder ausziehen und einen eigenen Haushalt gründen oder in einen anderen Haushalt einziehen. Den höchsten Wohnflächenverbrauch pro Kopf verbuchen Personen ab 75 Jahren – dies vor allem deshalb, weil der Anteil Einpersonenhaushalte in dieser Altersklasse stark überdurchschnittlich ist.
Fazit: Die sich spürbar verändernde Haushaltszusammensetzung (u.a. im Zuge der Alterung der Gesellschaft) ist ein wesentlicher Grund für die rückläufige Leerstandszahl.

Neubautätigkeit (Wohnungsangebot)

85 Prozent aller Leerwohnungen können dem Mietwohnungsmarkt zugeordnet werden. Deshalb ist gerade in diesem Segment die Neubautätigkeit für die Leerstandsentwicklung relevant.
Insbesondere im Jahr 2019 wurden weniger Baugesuche eingereicht und bewilligt im Vergleich zu den davorliegenden Jahren. Dies hat dazu geführt, dass Ende 2019, im 2020 sowie Anfang 2021 weniger gebaut wurde als in den Vorjahren. Gleichzeitig kam es im letzten Jahr aufgrund der Corona-Pandemie zu einigen Bauverzögerungen.
Fazit: Zu einem kleinen Teil trägt die geringere Neubautätigkeit infolge der temporär weniger eingereichten Baugesuche zum Rückgang beim Wohnungsleerstand bei.

Art der Neubautätigkeit (Wohnungsangebot)

Vor rund 10 Jahren wurden die meisten Neubauprojekte auf der grünen Wiese realisiert. Heute ist dies anders: In den Grossstädten werden mittlerweile bei mehr als der Hälfte aller Projekte zuerst Mietwohnungen abgebrochen, bevor die neuen erstellt werden können. Und da gerade in diesen Städten von jeher dicht gebaut wurde, sind die Ausnützungsreserven gering. Dementsprechend ist der Nettozuwachs an Wohnungen deutlich geringer, als es die Neubautätigkeit suggeriert. In den kleineren Zentren und in den Agglomerationsgemeinden machen die Wohnersatzneubauprojekte im Mietwohnungssegment mittlerweile ebenfalls über 30 Prozent aus.
Fazit: Weil heute immer häufiger erst alte Wohnungen abgebrochen werden müssen, bevor neue erstellt werden, entstehen im Saldo weniger zusätzliche Wohnungen als wenn auf der grünen Wiese gebaut würde. Dies ist ein wesentlicher Grund für den Rückgang beim Wohnungsleerstand.

Wohnungsleerstand: Regionale Unterschiede

Noch immer zeigen sich deutliche Unterschiede beim Leerstand. Am stärksten ist er in den Kantonen Aargau (–1724), Bern (–1366), Zürich (–1331) und Graubünden (–912) zurückgegangen.  Der grösste Anstieg wurde im Kanton Tessin (+378) verbucht. Nach dem Kanton Solothurn (3.15 Prozent) ist denn auch die Leerstandsziffer im Tessin (2.83 Prozent) am zweithöchsten.

Ausblick

Gemessen an den Baubewilligungszahlen ist wieder mit einer dynamischeren Neubautätigkeit in der nahen Zukunft zu rechnen. Das Volumen der Neubaubewilligungen stieg im Mietwohnungssegment zwischen dem 2. Quartal 2020 und dem 2. Quartal 2021 um 7.2 Prozent. Nach rückläufigen Tendenzen im Zeitraum 2019 bis Anfang 2020 erhält der Mietwohnungsmarkt damit neue Impulse; mittelfristig dürfte die Produktion von Mietwohnungen also hoch bleiben.

Unterschiedliche Entwicklung beim Wohnungsleerstand in den Kantonen
Unterschiede Quote beim Wohnungsleerstand in der Schweiz.

Weitere Informationen zum Leerstand finden Sie beim Bundesamt für Statistik (BFS).

Weitere Informationen rund um die aktuelle Situation im Immobilienmarkt finden Sie im Immo-Monitoring.