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Was kostet ein Holzbau?

Letzte Aktualisierung: 22. April 2025

Mit der Studie «Holzbau­kenn­zahlen für Inves­toren» hat Wüest Partner im Auftrag des Bundes­amtes für Umwelt acht grosse Holzbau­pro­jekte der letzten Jahre ausge­wertet. Sie gibt erste Antworten auf die für Inves­toren wichtige Frage, was ein Holzbau kostet. Das Sample und der Studi­en­fokus sind noch zu klein, um alle Details zu klären, aber eine Grund­aussage kann man bereits machen: Der ökolo­gische Leader Holzbau kann auch ökono­misch mithalten.

Der konstruktive Holzbau ist weltweit auf dem Vormarsch. Dass sich Holz nicht nur auf Ein- und Mehrfa­mi­li­en­häuser beschränkt, zeigen eindrück­liche Bauten rund um den Globus. Das Wohnheim Brock Commons {1} für Studie­rende in Vancouver, Kanada, beispiels­weise weist 18 Geschosse und eine Gebäu­dehöhe von 53 Meter auf und bietet Platz für 404 Studie­rende. Bei der Fertig­stellung im Jahr 2017 war es das höchste Holzge­bäude der Welt. Es wurde mit einem hohen Grad an Vorfa­bri­kation in nur 70 Tagen errichtet. Im Jahr 2019 wurde der Rekord bereits um über 30 Meter überboten. Der Mjøsa Tower {2} in Brumunddal, Norwegen, stellt mit 85,4 Meter das derzeit höchste Holzhaus der Welt dar. Auf 18 Stock­werken wird eine gemischte Nutzung aus Hotel­be­trieb, Apart­ments, Büros, Restau­rants, einem Besucherdeck und diversen Konfe­renz­räumen angeboten. Während die Kernbe­reiche im Brock Commons in Massiv­bau­weise erstellt wurden, besteht die gesamte Tragkon­struktion des Mjøsa Towers aus Holz.

In der Schweiz könnte das derzeit höchste Holzge­bäude der Schweiz, das 60-Meter-Holzhochhaus «Arbo» auf dem Suurstoffi-Areal in Rotkreuz von Zug Estates, schon bald übertroffen werden. Seit 2018 wird in Zug ein 80-Meter-Hochhaus in Hybrid­bau­weise geplant, das 28 Geschosse mit fast 200 Wohnein­heiten – davon 173 im preis­güns­tigen Segment – umfassen soll. Fertig­ge­stellt wird das «Projekt Pi» voraus­sichtlich 2024. In den letzten Jahren wurden in der Schweiz vermehrt grosse Projekte in Holzbau­weise reali­siert. Der Anteil von Holz in Tragkon­struk­tionen befand sich im Jahr 2018 über alle Gebäu­de­ka­te­gorien bei dennoch nur rund 14.2%. Der Holzanteil in Mehrfa­mi­li­en­häusern machte dabei 10.7% und in Einfa­mi­li­en­häusern 18.8% aus. Der grösste Holzanteil fand sich in Landwirt­schafts­ge­bäuden mit 39.9%, aber auch in Unterrichts- und Bildungs­in­sti­tu­tionen wurden 24.8% einge­setzt. {3}

Holzbau: Anerkannter Spitzen­reiter in Sachen Ökologie

Die Klima­ziele der Schweiz nehmen den Bausektor in die Pflicht. Hier hat Holz einen Heimvorteil: Jeder Kubik­meter Holz bindet ungefähr eine Tonne CO2 verbautes Holz wirkt also als CO2-Senke. Der Einsatz von Holz anstelle anderer Materialien vermeidet zugleich CO2-Emissionen. Ausserdem steckt in Holz sehr wenig Grauenergie aus Ernte und Verar­beitung. Damit stellt sich die Holzbau­weise ökolo­gisch an die Spitze. Das unter­mauern verschie­denste Studien. Für eine Zukunft, in der energie­ef­fi­zi­entes und klima­scho­nendes Bauen gefordert ist, ist die Holzbau­weise also bestens gerüstet. Damit sie sich jedoch breit etablieren kann, müssen auch die wirtschaft­lichen Voraus­set­zungen gegeben sein.

Projekt­ent­wick­lungen in Holzbau­weise stossen bei Inves­toren zunehmend auf Interesse, seit der Holzbau aufgrund der überar­bei­teten Brand­schutz­vor­schriften von 2015 in allen Gebäu­de­ka­te­gorien und Nutzungen angewendet werden kann. Dass die Holzbau­weise im grossen Massstab nicht nur praxis­tauglich ist, sondern auch ökono­misch bestehen kann, zeigen verschiedene anspruchs­volle Referenz­ob­jekte, die bereits reali­siert wurden oder sich aktuell in Planung oder im Bau befinden – eines dieser Projekte ist das Wohnge­bäude 3Johann der SBB Immobilien in Basel.

Holzbau: Bedürfnis nach Kennzahlen für Inves­toren

Jedoch fehlten bislang Kennzahlen, die aus einem grösseren Sample stammen und den Holzbau über den Einzelfall hinaus in Relation zum Massivbau stellen. Solche Kennzahlen als Entschei­dungs­grundlage für den Einsatz von Holz zu erarbeiten, stand im Zentrum der Studie «Holzbau­kenn­zahlen für Inves­toren» {4}, die Wüest Partner 2020 im Auftrag des Bundesamts für Umwelt BAFU erstellte. Dafür wurden acht reali­sierte Holzbau­pro­jekte in der Deutsch­schweiz ausge­wertet und die Ergeb­nisse in anony­mi­sierter Form aufge­ar­beitet. Bei den unter­suchten Projekten handelt es sich durchwegs um Wohnüber­bau­ungen. Die Gebäude sind alle nach der letzten Jahrtau­send­wende reali­siert worden und sind mit einer Ausnahme weniger als zehn Jahre alt, weisen also fast alle noch Neubau­cha­rakter auf. Ihre Erstel­lungs­kosten übertreffen CHF 10 Mio. und liegen damit in einem Bereich, der für Inves­toren inter­essant ist. Vertreten sind sowohl Rahmen- als auch Skelett- und Massiv­holzbau. Alle unter­suchten Fallbei­spiele sind Hybrid­bauten: Treppen­häuser und Unter­ge­schosse sind betoniert. Sie wurden alle an sehr guten bis exzel­lenten Makro­lagen in der Deutsch­schweiz reali­siert. Alle Liegen­schaften sind sehr hochwertig ausgebaut, und einige der Projekte weisen energe­tisch Pionier­cha­rakter auf.

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Gute Qualität bei hoher Kosten­si­cherheit

Die Kosten­kenn­werte der Fallbei­spiele wurden mit dem Baukos­ten­da­tensatz von Wüest Partner verglichen, der gleich parame­tri­siert ist wie die Fallbei­spiele. Er umfasst 171 Gebäude, von denen 23 energe­tisch zerti­fi­ziert sind. Die Auswertung zeigt auf, dass die acht unter­suchten Holzbauten etwas teurer abschneiden: Der Median liegt beim 70%-Quantil der Referenz­mengen mit Massiv­bauten. Das erstaunt indessen nicht, denn alle Fallbei­spiele weisen wie oben erwähnt eine sehr hohe bauliche und energe­tische Qualität auf.

Auffällig ist: Die Streuung der Kosten­kenn­werte fällt bei den Holzbauten sehr viel kleiner aus als diejenige der Referenz­da­ten­sätze. Das liegt zum Teil an den ausge­wer­teten Holzbauten selbst, verdankt sich aber auch ganz generell dem hohen Detail­lie­rungsgrad der Planung im Holzbau, welche die Kosten- und Termin­si­cherheit enorm verbessert. Die Holzbau­weise erreicht dank hohem Vorfer­ti­gungsgrad nicht nur eine sehr gute Qualität, sondern lässt sich auch optimal in einen BIM-Planungsprozess einbinden. Ein Einfluss der verschie­denen Holzbau­kon­struk­ti­ons­arten Rahmenbau, Skelettbau und Massiv­holzbau auf die Baukosten lässt sich aus den Ergeb­nissen nicht herleiten. Für verläss­liche Aussagen diesbe­züglich ist das unter­suchte Sample zu klein. Gemäss Wüest Partner kann man davon ausgehen, dass insbe­sondere die Wahl der Gebäu­de­hülle einen wesentlich höheren Einfluss auf die Kosten hat als die Wahl der Primär­kon­struktion. Die energe­ti­schen Anfor­de­rungen des Minergie-P-Standards schlagen sich beispiels­weise in hohen Kosten für Fenster, Lüftung und Wärme­dämmung nieder.

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Holzbau: Renditen entsprechen Inves­to­re­ner­war­tungen

Die Rendi­te­er­wartung für die unter­suchten Holzbauten wurde von Wüest Partner anhand der Trans­ak­tionen von Wohnlie­gen­schaften im Jahr 2019 an sehr guter bis exzel­lenter Makrolage einge­schätzt. Die unter­suchten Holzbauten weisen im Median eine Brutto­an­fangs­rendite von 3.2% auf. Der 50%-Quantil-Wert der vergleich­baren Wohnlie­gen­schaften für 2019 liegt mit 3.6% etwas höher. Das 30%-Quantil der vergleich­baren Wohnlie­gen­schaften beträgt jedoch ebenfalls 3.2%.

Da die Auswertung der Holzbauten auf Modell­an­nahmen von Wüest Partner beruht, kann sie vom wirklichen Wert etwas abweichen. Die Auswertung zeigt jedoch, dass alle Holzbauten zum heutigen Zeitpunkt eine Rendite aufweisen, welche den Erwar­tungen von insti­tu­tio­nellen Inves­toren voll und ganz entspricht (Abbildung 4). Dies liegt laut Wüest Partner unter anderem auch an den hohen Bauland­preisen an begehrten Makro­lagen, die den Einfluss der Baukosten in der Rendi­te­be­trachtung minimieren.

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Faktor Bauzeit und Ausblick

Der Einfluss der Bauzeit auf die Kosten wurde für die acht Fallbei­spiele nicht unter­sucht. Für Inves­toren kann dies jedoch ein entschei­dender Aspekt sein. Denn aufgrund des Zeitvor­teils der Holzbau­weise wird eine frühere Vermietung oder Veräus­serung möglich. Um die Grössen­ordnung dieses Aspekts aufzu­zeigen, hat Wüest Partner mit einer Modell­rechnung für ein typisches Mehrfa­mi­li­enhaus an verschie­denen Stand­orten die Auswir­kungen der kürzeren Bauzeit eines Holzbaus gegenüber einem konven­tio­nellen Gebäude in Bezug auf Marktwert und Finan­zie­rungs­kosten berechnet. Diese Ergeb­nisse und die nun vorlie­genden Kosten­kenn­werte finden Sie im Gesamt­be­richt. Wünschbar wäre, dass das Sample der unter­suchten Bauten künftig laufend erweitert wird – auch hinsichtlich peripherer Lagen, kosten­güns­tigen Holzbaus und anderer Nutzungen als Wohnungsbau. Denn je grösser die Anzahl unter­suchter Beispiele wird, desto grösser ist die Aussa­ge­kraft der Kennzahlen.

Wüest Partner setzt die Veran­stal­tungs­reihe «Stadt aus Holz» fort. Die Veran­stal­tungen finden in exklu­sivem Rahmen mit ausge­wählten insti­tu­tio­nellen Inves­toren und Experten aus der Bau- und Immobi­li­en­branche statt und bietet die Möglichkeit zu einem inten­siven Austausch zwischen den Akteuren und Teilnehmern. Melden Sie sich hier an.


Weitere Infor­ma­tionen zum Holzbau

{1} HK Archi­tekten, Brock Commons Tallwood House, Vancouver,

Abfra­ge­datum 12.03.2020, www.hkarchitekten.at/de/projekt/student-residence-at-brock-commons/

{2} Mjøsa Tower (Mjøstarnet), Design Build Network,

Abfra­ge­datum 12.03.2020, www.designbuild-network.com/projects/mjosa-tower-mjostarnet/

{3} Auswertung der Materi­al­an­teile für Baube­wil­li­gungen. Im Jahr 2018 wurden insgesamt 3055 Baube­wil­li­gungen mit Tragwerk Holz erteilt. Quelle: Jahres­be­richt 2018/2019, Holzbau Schweiz, 8050 Zürich

{4} Der Schluss­be­richt der Studie «Holzbau­kenn­zahlen für Inves­toren» kann auf der Webseite des Bundesamt für Umwelt BAFU herun­ter­ge­laden werden.

Dieser Blogbeitrag wurde im Lignum publi­ziert. Hier kann das PDF runter­ge­laden werden.

Einen weiteren Blogbeitrag zum Holzbau finden Sie hier: Stadt aus Holz – Die Hotspots des Holzbaus.