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Kann der stationäre Detail­handel den Heraus­for­de­rungen trotzen?

Letzte Aktualisierung: 20. Dezember 2024

Der Schweizer Detail­handel hat nach dem ersten Lockdown von Mitte März bis Anfang Mai eine sehr erfreu­liche Entwicklung erlebt. Gemessen am Zahlungs­vo­lumen mit Bargeld, Debit- und Kredit­karten gab die Schweizer Bevöl­kerung seither durch­schnittlich 7.0 Prozent pro Woche mehr aus als noch in den ersten 11 Wochen dieses Jahres. Wird dabei die Saiso­na­lität von Konsum­aus­gaben mit Bargeld und Debit­karten berück­sichtigt – von Januar bis Mitte März werden mit diesen Zahlungs­mitteln durch­schnittlich knapp 6 Prozent weniger als im Jahres­schnitt ausge­geben –, resul­tiert ein Plus von gut 2 Prozent. Welche Bereiche haben von der Konsum­freude der Schweizer Bevöl­kerung überdurch­schnittlich profi­tiert, und wer hat Anteile einge­büsst?

Hohe Auslastung beim Versand­handel

Ausgelöst durch den Lockdown erlebte der Online­handel im März und April 2020 ein ausser­or­dent­liches Hoch. Dieses war stark im Nahrungs­mit­tel­be­reich zu spüren, wo sich die Liefer­zeiten zwischen­zeitlich um mehrere Tage verlän­gerten. Aber auch die Paket­lie­fer­dienste, die den Versand anderer Waren­gruppen übernahmen, waren mehr als ausge­lastet, wodurch die Online­kon­su­menten deutlich länger als üblich auf die bestellten Produkte warten mussten. In dieser Zeit wurde in der Schweiz das erste Mal überhaupt kurzzeitig mit den Kredit­karten mehr Geld für den Online­handel ausge­geben als im statio­nären Handel und für persön­liche Dienst­leis­tungen (siehe Abbildung).

«Ferien zu Hause» stützt die Konsum­aus­gaben

Trotz des zusätz­lichen Booms im Online­handel, der in der letzten Dekade auch so schon jedes Jahr Wachs­tums­raten von durch­schnittlich 8 Prozent erzielte, hat sich der stationäre Handel eindrucksvoll erholt: Seit der ersten Maihälfte 2020 wurden hier im Wochen­mittel rund 376 Millionen Franken mit Kredit­karten ausge­geben (Stand: 19. November 2020). Die durch­schnittlich ausge­gebene Summe im Online­handel lag seither im Schnitt bei 127 Millionen Franken.
Es gibt primär zwei Gründe dafür, dass der stationäre Detail­handel bisher ohne einschnei­dende Verluste durch die Corona-Pandemie gekommen ist: Erstens wurde weniger Ware im auslän­di­schen E‑Commerce bestellt; die Ausgaben über diesen Bestellweg liegen derzeit um 29 Prozent tiefer als noch vor der Krise. Zweitens wurde auch weniger im auslän­di­schen statio­nären Detail­handel gekauft, da Einkaufs­tou­rismus teilweise nicht möglich war und die Schwei­ze­rinnen und Schweizer in diesem Jahr weniger Ferien im Ausland gemacht haben. Statt­dessen wurden die Gelder vorwiegend für den privaten Konsum diesseits der Landes­grenzen einge­setzt.

Die Konsum­freu­digkeit der Schwei­ze­rinnen und Schweizer sorgt also für hohe Einnahmen bei vielen Detail­listen, persön­lichen Dienst­leistern und Gastro­be­trieben. In dieses Fazit ist aber mitein­zu­be­ziehen, dass die wichtigen Einnahmen durch die auslän­di­schen Touristen und Touris­tinnen vielerorts wegge­brochen sind. Die Zahl der Logier­nächte von Gästen aus dem Ausland lag im Juni und Juli 2020 rund 78 Prozent tiefer als in den beiden entspre­chenden Vorjah­res­mo­naten. In vielen Städten und Touris­mus­de­sti­na­tionen, die im Sommer üblicher­weise auslän­dische Touris­tinnen und Touristen anziehen, fehlen wichtige Einnahmen.

Die Ausnah­me­si­tuation in diesem Jahr hat dazu geführt, dass bei verschie­denen Waren­gruppen besonders viel konsu­miert wurde. So haben Detail­händler, die Informations- und Kommu­ni­ka­ti­ons­tech­nik­geräte anbieten, mit 12.4 Prozent ein besonders grosses Umsatzplus erzielt. Auch der Verkauf von Haushalts­ge­räten, Textilien, Heimwerker- und Einrich­tungs­ar­tikeln ist um 10.0 Prozent angestiegen. Einbussen mussten dagegen vor allem Bekleidungs‑, Schmuck- und Uhren­läden (–8.8 Prozent) sowie Verlags­pro­dukte, Sport­aus­rüs­tungen und Spiel­waren (–3.3 Prozent) verzeichnen.

E‑Commerce fordert den statio­nären Detail­handel weiter heraus, ersetzt ihn aber nicht

Während sich der stationäre Detail­handel immerhin schon wieder erholt hat, wird der Online­handel in diesem Jahr sogar ein grosses Umsatzplus verbuchen können. Neben dem Trend­wachstum kommen die Mehrein­nahmen zur Zeit des Lockdowns dazu. Das Wachstum könnte zudem an Dynamik gewinnen, sind doch viele Personen in den vergan­genen Monaten erstmals mit dem E‑Commerce in Kontakt gekommen und haben erfahren, dass das Bestellen von Waren im Internet sehr bequem sein kann. Nichts­des­to­trotz wurde in den letzten Monaten deutlich, dass der stationäre Detail­handel seine Daseins­be­rech­tigung nicht verloren hat. Seine Vorzüge – die Schaffung von Erleb­nissen, die Möglichkeit der physi­schen Begut­achtung sowie der soziale Nutzen – wurden nach dem Lockdown von vielen Konsu­menten wieder speziell wertge­schätzt.

Our next topic: Welche Erfolgs­fak­toren für den statio­nären Detail­handel aktuell besonders wichtig sind und welche Faktoren auch langfristig weiter an Bedeutung zulegen könnten, haben wir am 9. Dezember 2020 im Rahmen von «Our next topic» mit Experten disku­tiert. Schauen Sie sich hier die Aufzeichnung an.

Detail­handel: Weitere Infor­ma­tionen

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