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Gastrobetriebe als Erfolgsgarant?

19. Juni 2018

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Das Essen und Trinken ausserhalb der eigenen vier Wände ist bei der hiesigen Wohnbevölkerung ungebrochen beliebt. Mehr als 22 Milliarden Franken werden jedes Jahr für die Gastronomie ausgegeben (Stand 2016). Die positive Wirtschaftsentwicklung in den letzten zehn Jahren mit relativ tiefen Arbeitslosenquoten haben zur Folge, dass es sich viele Personen leisten können, ausser Haus zu essen. Dabei steht ihnen ein immer reichhaltigeres Angebot zur Auswahl: Zu den traditionellen Gasthäusern gesellen sich mehr und mehr länderspezifische Lokale, Szenebeizen, Pop-up-Restaurants, Imbissstuben und Take-aways sowie Food-Trucks und Street-Food-Festivals.

Die Anziehungskraft gastronomischer Betriebe auf die Schweizer Wohnbevölkerung wird im Immobilienmarkt mit regem Interesse verfolgt. Erstens könnte zumindest ein Teil der leer stehenden Detailhandels- und Gewerbeflächen temporär oder dauerhaft mit Restaurants, Cafés und Bars gefüllt werden. Zweitens werden Gastrounternehmen als zunehmend wichtige Mieter in den Shoppingcentern, Einkaufspassagen oder Innenstädten angesehen. So sollen durch ihre vermehrte Integration Einkaufserlebnisse geschaffen werden, die sich eine möglichst zahlreiche Kundschaft regelmässig gönnen mag. Und drittens erhoffen sich die Entwickler neuer Quartiere unter anderem durch Restaurants, Cafés und Bars aktives Leben in Strassen und auf Plätzen.

Vordergründig scheint die Gastrobranche geradezu prädestiniert zu sein, um die erhoffte Wirkung zu erzielen. Es zeigt sich aber auch, dass in den letzten zehn Jahren die mittleren monatlichen Haushaltsausgaben für den Besuch von Gaststätten stagniert haben, obwohl in der gleichen Zeitspanne die verfügbaren Haushaltseinkommen deutlich angestiegen sind. Grundsätzlich ist das Umfeld in den letzten Jahren nicht einfacher geworden, wie folgende Fakten zeigen:

  • Starker Schweizer Franken: Ausländische Touristen kommen aufgrund des starken Frankens im Schnitt seltener oder für eine kürzere Zeit in die Schweiz. Viele von ihnen geben hier auch weniger Geld aus als noch vor ein paar Jahren. Unter dem starken Franken leiden vor allem die Gastronomen in Grenzgebieten wie den Ostschweizer Regionen Rheintal, Werdenberg oder Untersee sowie in den Kantonen Jura und Neuenburg; hier ist der Gastronomietourismus ins benachbarte Ausland besonders verbreitet.
  • Standortgebundenheit: Zwar profitieren Gastronomen mit grösserer Entfernung von der Landesgrenze vom Charakter der Ortsgebundenheit der Gastronomiebranche. Jedoch sind aufgrund der Standortgebundenheit die Möglichkeiten zur Optimierung der Gestehungskosten für Essen und Trinken begrenzt.
  • Tiefe Markteintrittsbarrieren: Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen sind die regulatorischen Anforderungen und die notwendigen finanziellen Mittel, um einen Betrieb zu eröffnen, bescheiden. Dies führt zu einer sehr hohen Zahl an Neugründungen in jedem Jahr und in der Folge zu einer grossen Konkurrenz innerhalb der Branche.
  • Lieferdienste und Event-Caterer: In diesen Bereichen hat sich die Unternehmenszahl deutlich stärker erhöht als bei den stationären Gastronomiebetrieben. Zwischen 2011 und 2015 ist sie um 21.5 Prozent gestiegen, was die grosse Beliebtheit von qualitativ hochwertigem, vorgefertigtem Essen daheim, am Arbeitsplatz oder anderen Orten der Wahl illustriert. Viele Start-up-Unternehmen haben die neuen technologischen Möglichkeiten genutzt und attraktive digitale Plattformen geschaffen.

In Anbetracht dieser Gegebenheiten erstaunt es nicht, dass die «Lebenszeit» eines Gastronomiebetriebs relativ kurz ist. Gemäss dem Statistischen Amt des Kantons Zürich erreicht er im Mittel ein Alter von sechs Jahren. Somit ist der Wechsel bei Gastronomieflächen häufiger als im Mietwohnungsmarkt, wo die Objekte im Gesamtschweizer Mittel während 7.5 Jahren vom gleichen Haushalt genutzt werden. Nur zehn Prozent der Gastrobetriebe sind älter als 17 Jahre. Für die anderen Branchen beträgt das Alter der zehn Prozent ältesten Unternehmen mindestens 31 Jahre.

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Hohe Angebotsziffern bei der Gastronomie

Die kurze Halbwertszeit von Gastronomieunternehmen ist denn auch der Hauptgrund, weshalb auf den Inserateportalen zahlreiche Restaurant-, Bar- oder Caféflächen zur Miete respektive zur Pacht oder aber zum Kauf angeboten werden. Im zweiten Quartal 2017 waren rund 2700 Objekte im Angebot, was einer Quote von 8.9 Prozent entspricht. Selbst der liquide Büroflächenmarkt verzeichnet eine tiefere Angebotsquote (6.7 Prozent im zweiten Quartal 2017). Vor allem in den fünf Grossstädten ist die Liquidität hoch; mehr als jedes zehnte Objekt wird hier pro Quartal angeboten, wobei die Palette von kleinen Cafés und Quartierbeizen über zentral gelegene Restaurants und Take-aways bis hin zu Bars oder Clubs reicht.

Die Dauer der Insertionen der Gastronomieobjekte beträgt im Median derzeit knapp 60 Tage, das arithmetische Mittel liegt bei 130 Tagen. Diese grosse Differenz zwischen Median und arithmetischem Mittel widerspiegelt die Tatsache, dass es beträchtliche Unterschiede bei den Insertionsdauern gibt. So müssen einige Objekte nur für ein paar einzelne Tage ausgeschrieben werden, bevor sich Interessenten melden, andere dagegen sind während mehreren Monaten inseriert.

Sorgfältige Integration in die Erlebniswelten des Immobilienparks

Allen Widrigkeiten zum Trotz dürfte das gastronomische Angebot im Schweizer Gebäudepark weiter zunehmen. So werden beispielsweise die Hybridformate, bei denen Gastro und Detailhandel verschmelzen – wie es unter anderem bei IKEA zu beobachten ist –, auf dem Vormarsch bleiben. Hier sollen die Kunden länger im Laden respektive im Restaurant verweilen und die Produkte mit Musse auswählen oder sie sogar gleich ausprobieren.

Für viele frei stehende Retailflächen in den Innenstädten der Schweiz, an abgelegeneren Orten sowie in den Einkaufszentren bleibt die Gastronutzung durchaus eine valable Option. Doch alle diese Flächen den Gastrobetrieben zugänglich zu machen, wäre maximal von einem kurzfristigen Erfolg geprägt. Vielversprechender scheint eine Kombination von alternativen Nutzungen wie Coworking Spaces, Tagesstätten, Praxen und die logistische Feinverteilung sowie auch die Gastronomie.

Zahlreiche weitere Informationen rund um die Herausforderungen und Erfolgsfaktoren für die Gastronomie sowie deren Bedeutung für den Immobilienmarkt finden Sie in der Frühlingsausgabe des Immo-Monitorings 2018.