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Gastro­be­triebe als Erfolgs­garant?

Letzte Aktualisierung: 22. April 2025

Das Essen und Trinken ausserhalb der eigenen vier Wände ist bei der hiesigen Wohnbe­völ­kerung ungebrochen beliebt. Mehr als 22 Milli­arden Franken werden jedes Jahr für die Gastro­nomie ausge­geben (Stand 2016). Die positive Wirtschafts­ent­wicklung in den letzten zehn Jahren mit relativ tiefen Arbeits­lo­sen­quoten haben zur Folge, dass es sich viele Personen leisten können, ausser Haus zu essen. Dabei steht ihnen ein immer reich­hal­ti­geres Angebot zur Auswahl: Zu den tradi­tio­nellen Gasthäusern gesellen sich mehr und mehr länder­spe­zi­fische Lokale, Szene­beizen, Pop-up-Restaurants, Imbiss­stuben und Take-aways sowie Food-Trucks und Street-Food-Festivals.

Die Anzie­hungs­kraft gastro­no­mi­scher Betriebe auf die Schweizer Wohnbe­völ­kerung wird im Immobi­li­en­markt mit regem Interesse verfolgt. Erstens könnte zumindest ein Teil der leer stehenden Detailhandels- und Gewer­be­flächen temporär oder dauerhaft mit Restau­rants, Cafés und Bars gefüllt werden. Zweitens werden Gastro­un­ter­nehmen als zunehmend wichtige Mieter in den Shopping­centern, Einkaufs­pas­sagen oder Innen­städten angesehen. So sollen durch ihre vermehrte Integration Einkaufs­er­leb­nisse geschaffen werden, die sich eine möglichst zahlreiche Kundschaft regel­mässig gönnen mag. Und drittens erhoffen sich die Entwickler neuer Quartiere unter anderem durch Restau­rants, Cafés und Bars aktives Leben in Strassen und auf Plätzen.

Vorder­gründig scheint die Gastro­branche geradezu präde­sti­niert zu sein, um die erhoffte Wirkung zu erzielen. Es zeigt sich aber auch, dass in den letzten zehn Jahren die mittleren monat­lichen Haushalts­aus­gaben für den Besuch von Gaststätten stagniert haben, obwohl in der gleichen Zeitspanne die verfüg­baren Haushalts­ein­kommen deutlich angestiegen sind. Grund­sätzlich ist das Umfeld in den letzten Jahren nicht einfacher geworden, wie folgende Fakten zeigen:

  • Starker Schweizer Franken: Auslän­dische Touristen kommen aufgrund des starken Frankens im Schnitt seltener oder für eine kürzere Zeit in die Schweiz. Viele von ihnen geben hier auch weniger Geld aus als noch vor ein paar Jahren. Unter dem starken Franken leiden vor allem die Gastro­nomen in Grenz­ge­bieten wie den Ostschweizer Regionen Rheintal, Werdenberg oder Untersee sowie in den Kantonen Jura und Neuenburg; hier ist der Gastro­no­mie­tou­rismus ins benach­barte Ausland besonders verbreitet.
  • Stand­ort­ge­bun­denheit: Zwar profi­tieren Gastro­nomen mit grösserer Entfernung von der Landes­grenze vom Charakter der Ortsge­bun­denheit der Gastro­no­mie­branche. Jedoch sind aufgrund der Stand­ort­ge­bun­denheit die Möglich­keiten zur Optimierung der Geste­hungs­kosten für Essen und Trinken begrenzt.
  • Tiefe Markt­ein­tritts­bar­rieren: Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen sind die regula­to­ri­schen Anfor­de­rungen und die notwen­digen finan­zi­ellen Mittel, um einen Betrieb zu eröffnen, bescheiden. Dies führt zu einer sehr hohen Zahl an Neugrün­dungen in jedem Jahr und in der Folge zu einer grossen Konkurrenz innerhalb der Branche.
  • Liefer­dienste und Event-Caterer: In diesen Bereichen hat sich die Unter­neh­menszahl deutlich stärker erhöht als bei den statio­nären Gastro­no­mie­be­trieben. Zwischen 2011 und 2015 ist sie um 21.5 Prozent gestiegen, was die grosse Beliebtheit von quali­tativ hochwer­tigem, vorge­fer­tigtem Essen daheim, am Arbeits­platz oder anderen Orten der Wahl illus­triert. Viele Start-up-Unternehmen haben die neuen techno­lo­gi­schen Möglich­keiten genutzt und attraktive digitale Platt­formen geschaffen.

In Anbetracht dieser Gegeben­heiten erstaunt es nicht, dass die «Lebenszeit» eines Gastro­no­mie­be­triebs relativ kurz ist. Gemäss dem Statis­ti­schen Amt des Kantons Zürich erreicht er im Mittel ein Alter von sechs Jahren. Somit ist der Wechsel bei Gastro­no­mie­flächen häufiger als im Mietwoh­nungs­markt, wo die Objekte im Gesamt­schweizer Mittel während 7.5 Jahren vom gleichen Haushalt genutzt werden. Nur zehn Prozent der Gastro­be­triebe sind älter als 17 Jahre. Für die anderen Branchen beträgt das Alter der zehn Prozent ältesten Unter­nehmen mindestens 31 Jahre.

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Hohe Angebots­ziffern bei der Gastro­nomie

Die kurze Halbwertszeit von Gastro­no­mie­un­ter­nehmen ist denn auch der Haupt­grund, weshalb auf den Insera­te­por­talen zahlreiche Restaurant‑, Bar- oder Caféflächen zur Miete respektive zur Pacht oder aber zum Kauf angeboten werden. Im zweiten Quartal 2017 waren rund 2700 Objekte im Angebot, was einer Quote von 8.9 Prozent entspricht. Selbst der liquide Büroflä­chen­markt verzeichnet eine tiefere Angebots­quote (6.7 Prozent im zweiten Quartal 2017). Vor allem in den fünf Gross­städten ist die Liqui­dität hoch; mehr als jedes zehnte Objekt wird hier pro Quartal angeboten, wobei die Palette von kleinen Cafés und Quartier­beizen über zentral gelegene Restau­rants und Take-aways bis hin zu Bars oder Clubs reicht.

Die Dauer der Inser­tionen der Gastro­no­mie­ob­jekte beträgt im Median derzeit knapp 60 Tage, das arith­me­tische Mittel liegt bei 130 Tagen. Diese grosse Differenz zwischen Median und arith­me­ti­schem Mittel wider­spiegelt die Tatsache, dass es beträcht­liche Unter­schiede bei den Inser­ti­ons­dauern gibt. So müssen einige Objekte nur für ein paar einzelne Tage ausge­schrieben werden, bevor sich Inter­es­senten melden, andere dagegen sind während mehreren Monaten inseriert.

Sorgfältige Integration in die Erleb­nis­welten des Immobi­li­en­parks

Allen Widrig­keiten zum Trotz dürfte das gastro­no­mische Angebot im Schweizer Gebäu­depark weiter zunehmen. So werden beispiels­weise die Hybrid­formate, bei denen Gastro und Detail­handel verschmelzen – wie es unter anderem bei IKEA zu beobachten ist –, auf dem Vormarsch bleiben. Hier sollen die Kunden länger im Laden respektive im Restaurant verweilen und die Produkte mit Musse auswählen oder sie sogar gleich auspro­bieren.

Für viele frei stehende Retail­flächen in den Innen­städten der Schweiz, an abgele­ge­neren Orten sowie in den Einkaufs­zentren bleibt die Gastro­nutzung durchaus eine valable Option. Doch alle diese Flächen den Gastro­be­trieben zugänglich zu machen, wäre maximal von einem kurzfris­tigen Erfolg geprägt. Vielver­spre­chender scheint eine Kombi­nation von alter­na­tiven Nutzungen wie Coworking Spaces, Tages­stätten, Praxen und die logis­tische Feinver­teilung sowie auch die Gastro­nomie.

Zahlreiche weitere Infor­ma­tionen rund um die Heraus­for­de­rungen und Erfolgs­fak­toren für die Gastro­nomie sowie deren Bedeutung für den Immobi­li­en­markt finden Sie in der Frühlings­ausgabe des Immo-Monitorings 2018.