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Unter der Lupe: Markt für Mehrfamilienhäuser in Zürich

20. April 2018

Magnifying, Text, Scissors

«Anlagenotstand!», «Ausgetrocknete Märkte!», «Überhöhte Immobilienpreise!» – so tönt es landauf landab. Insbesondere an begehrten Lagen wird es in der Tat immer schwieriger, direkt in Mehrfamilienhäuser zu investieren. Massgebend für diese Entwicklung ist, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) 2015 Negativzinsen eingeführt hat und die Anleihenrenditen praktisch ausblieben, was das Interesse vieler Investoren an diesem Segment noch beflügelte. In der Folge haben sich Mehrfamilienhäuser im Schweizer Mittel in den letzten zehn Jahren um 52 Prozent verteuert (gemessen an den Freihandtransaktionen). Im Kanton Zürich betrugen die Preisanstiege im Schnitt gar 63 Prozent.

Während zur Nachfragestärke viel gesagt wurde, ist das Angebot auf den Investorenmärkten oftmals intransparent. Welche Rolle spielen die privaten Investoren? Wo und in welcher Menge gelangen überhaupt Häuser auf den Markt? Ein besonders interessantes Betrachtungsobjekt ist diesbezüglich der Investorenmarkt für Mehrfamilienhäuser im Kanton Zürich: Erstens finden sich hier alle Raumtypen – von grossen Städten über Agglomerationen bis hin zu ländlichen Gebieten –, und zweitens werden im Kanton Zürich sämtliche Freihandtransaktionen amtlich erfasst. Aus dieser Erhebung hat das statistische Amt des Kantons Zürich für Wüest Partner Auswertungen der Freihandtransaktionen von Mehrfamilienhäusern nach Käufertypen und Regionen für den Zeitraum der letzten zehn Jahre aufbereitet. Dies ermöglichte eine kantonsweite Analyse, aus welcher folgende, exklusive Erkenntnisse resultieren.

Rückläufige Transaktionsmengen – vor allem in begehrten Regionen

Zunächst fällt auf, dass die Gesamtzahl der Transaktionen von Mehrfamilienhäusern in den letzten zehn Jahren um 14 Prozent abgenommen hat: Während im Jahr 2007 im gesamten Kanton Zürich 609 Handänderungen registriert wurden, waren es 2016 nur noch 521. Und dies, obschon der Bestand an Mehrfamilienhäusern aufgrund des Wohnungsbaus jährlich zwischen 1 und 2 Prozent gewachsen ist. Vor allem in den höherpreisigen Regionen haben die Transaktionsmengen abgenommen, am stärksten in der MS-Region Glattal-Furttal mit einem Minus von 40 Prozent seit 2007, gefolgt von der Stadt Zürich. Dort wechselten in den letzten drei Jahren noch rund 50 Häuser pro Jahr im Rahmen von Freihandtransaktionen die Hand – 28 Prozent weniger als vor zehn Jahren. Ebenfalls rückläufig waren die Verkäufe in den Seegemeinden: In den Regionen Zimmerberg und Pfannenstil sanken die Transaktionszahlen um 25 respektive 21 Prozent. In den übrigen Regionen waren die Verkaufszahlen stabil oder lagen lediglich in einzelnen Jahren über oder unter den Vergleichswerten von 2007. In einem Umfeld stetig steigender Preise und fehlender Anlagealternativen dürfte ein Verkauf insbesondere an den hochwertigen Lagen denn auch tatsächlich wenig interessant sein. Ebenso könnten die Mietpreisbewegungen der letzten Jahre eine Rolle gespielt haben. Steigende Leerstände waren vor allem abseits der Zentren zu beobachten, wo auch die Verkaufszahlen von Mehrfamilienhäusern in den letzten Jahren tendenziell höher lagen. Ein systematischer Zusammenhang zwischen den Nutzer- und den Investorenmärkten ist jedoch nicht nachweisbar: In der Region Glattal-Furttal haben die Angebotsmengen an Mietwohnungen und die Leerstände abgenommen, aber gleichzeitig auch die Transaktionsmengen. In der Stadt Zürich haben sich die Leerstände leicht erhöht, und doch war die Zahl der Verkäufe gering. Die Gesamtmarktattraktivität und langfristige Entwicklungsperspektiven scheinen wichtiger zu sein als kurz- und mittelfristige Trends auf den Mietermärkten.

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Vier von fünf Mehrfamilienhäusern von Privaten gekauft

Interessant ist auch die Frage, welche Rolle Privatpersonen als Käufer von Mehrfamilienhäusern zukommt. Die vom statistischen Amt des Kantons Zürich aufbereiteten und aggregierten Statistiken unterscheiden juristische Personen und Privatpersonen auf der Käufer-, aber nicht auf der Verkäuferseite. Zunächst ist festzuhalten, dass vier von fünf Transaktionen auf Privatpersonen zurückgehen, die damit also den Käufermarkt dominieren. In Bezug auf die Gesamtsumme der Kaufpreise beträgt ihr Anteil aktuell jedoch lediglich 66 Prozent – es werden im Schnitt offensichtlich kleinere Objekte gekauft. Die Zahl der Käufe durch Privatpersonen hat in den letzten Jahren bei insgesamt rückläufigen Transaktionsmengen deutlich abgenommen. Ihr Anteil blieb aber relativ konstant. Weniger Transaktionen gab es vor allem in der Stadt Zürich und in den Regionen Glattal-Furttal und Pfannenstil. Zugelegt haben hingegen die Transaktionen in den teilweise ländlichen und etwas günstigeren Regionen Weinland (+88 Prozent), Limmattal (+57 Prozent), Zürcher Unterland (+25 Prozent) und Knonauer Amt (+20 Prozent). Juristische Personen und institutionelle Anleger waren auffallend aktive Käufer in den Städten Zürich (+52 Prozent) und Winterthur (+44 Prozent).

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Während im Transaktionspreisindex für Mehrfamilienhäuser Lagen und Qualitäten der Häuser berücksichtigt werden können und entsprechend die Preisentwicklung vergleichbarer Objekte im Zeitverlauf abgebildet wird, lassen sich aus den aggregierten Preisinformationen der kantonalen Statistik leider keine Unterschiede in der Zahlungsbereitschaft nach Käufertypen herauslesen. Es zeigt sich jedoch, dass die von Privatpersonen durchschnittlich bezahlten Preise innerhalb von zehn Jahren um 23 Prozent auf 2.7 Millionen Franken angestiegen sind. Jene der juristischen Personen haben um 17 Prozent abgenommen und lagen 2016 noch bei 4.6 Millionen Franken. Eine Unschärfe bleibt in diesen Auswertungen, da bei weniger als fünf Transaktionen in einer Region keine Transaktionssummen nach Käufertyp ausgewiesen werden, was in den Jahresbetrachtungen allerdings nur in 6 Prozent aller Fälle zutraf.

Fazit: Unterschiedliche Risikopräferenzen

Ein reduziertes Marktangebot in einem sehr dynamischen Investoren- und Nachfrageumfeld dürfte im Kanton Zürich der entscheidende Grund für die Preisanstiege der letzten Jahre bei den Mehrfamilienhäusern gewesen sein. Institutionelle Investoren und juristische Personen haben nachweisbar eine stärkere Präferenz für gut erschlossene und risikoärmere Regionen als Privatpersonen. Als Käufer sind sie trotz des verringerten Angebots auch heute immer noch annähernd gleich aktiv wie vor zehn Jahren, während Privatpersonen offensichtlich etwas zurückgedrängt wurden. Sie haben verstärkt in den eher ländlichen Regionen des Kantons Zürich Mehrfamilienhäuser gekauft. Zwar lassen die Transaktionsstatistiken keine qualitäts- und lagebereinigte Aussagen über die Entwicklung der Zahlungsbereitschaft von Privatpersonen als Käufertyp zu. Um über 20 Prozent gestiegene Durchschnittspreise deuten aber auf eine erhöhte Zahlungsbereitschaft hin – wenn auch das Preisniveau hier tiefer liegt als bei den institutionellen Investoren oder juristischen Personen. Doch die Privatpersonen dürften mit einem Anteil von aktuell 78 Prozent in Bezug auf die Anzahl Handänderungen als Akteure auch künftig eine wichtige Rolle im Investorenmarkt spielen. Spannend wären dereinst Erhebungen zu den Verkäufertypen und -motiven, denn je nach Marktphase könnten sich die Verkaufsabsichten plötzlich wieder mehren.