Weiter zum Ihnhalt

Immobi­li­en­markt: Das Ende eines Zyklus

Letzte Aktualisierung: 12. Mai 2025

Das Risiko ist zurück­ge­kehrt in die Immobi­li­en­wirt­schaft. Diese Aussage verfestigt sich seit über einem Jahr in Markt­ana­lysen und Markt­kom­men­taren. Neben einge­bro­chenem Trans­ak­ti­ons­vo­lumen und gesun­kenen Verkaufs­preisen wird immer mehr von immer größeren Insol­venzen in der Branche berichtet.

Insbe­sondere davon betroffen sind aktuell Projekt­ent­wickler und Verwal­tungs­ge­sell­schaften rund um diese Entwickler. In Folge dessen liegen etliche Projekte aktuell auf Eis, solange bis die Stake­holder und Insol­venz­ver­walter eine Abwicklung struk­tu­riert und eine Weiter­führung der Projekte vereinbart haben.

Eine Weiter­führung von Projekt­ent­wick­lungen, deren Entwick­lungs­ge­sell­schaften in Schieflage geraten sind, erfordert ein hohes Maß an Vertrauen in deren wirtschaft­liche Tragfä­higkeit. Dieses Vertrauen kann innerhalb der Restruk­tu­rierung durch die Trans­parenz eines engma­schigen Risiko­ma­nage­ments herge­stellt werden.

Mit einer Reihe von Blog-Beiträgen möchten wir die Treiber der aktuellen Entwicklung analy­sieren und deren Einfluss auf das Segment der Projekt­ent­wick­lungen aufzeigen. Daraus werden wir Handlungs­felder für die Branche ableiten und unter anderem zeigen, wie ein syste­ma­ti­sches Projekt-Monitoring als Best-Practice Lösung zur Stabi­li­sierung der Markt­ak­ti­vität beitragen kann.

Kasten
JAHRESWERTE 2023WorldUSAEMEAGEREUR
Trans­ak­ti­ons­vo­lumen
Quelle: JLL, EY
-44%-55%-43%-56%
Bürospit­zen­rendite
Quelle: CBRE, JLL
6,70%4,20%
Haupt­re­fi­nan­zie­rungs­zinssatz
Quelle: FED, EZB
5,50%4,50%
Hypothe­ken­zinsen 30y
Quelle: HCOB; DBB
6,60%3,80%
Inflation (Kern)
Quelle: CPI, VPI
3,40% (3,60%)2,20% (3,00%)
Unerwar­teter Umschwung

Die Trend­wende im Markt­zyklus der Immobi­li­en­wirt­schaft vollzog sich von Ende 2022 binnen eines Jahres so rasch und so stark, dass hierbei von einer Immobi­li­en­krise gesprochen werden kann.

Zuvor zeigte sich das Wirtschafts­wachstum in den Jahren 2018 bis 2022, mit Ausnahme des Corona-Jahres 2020, gegenüber den Vorquar­talen durch­gängig stabil. Ebenso lag die Inflation in diesem Zeitraum gegenüber den Vorjah­res­mo­naten stabil um rund 2,0%, wobei sich die Corona-Jahre 2020 (bis ‑0,50%) und 2021 (von 1,00% bis 5,00%) nahezu kompen­sierten. Im deutschen Immobi­li­en­markt lagen die Trans­ak­ti­ons­vo­lumina in diesem Zeitraum durch­gängig über EUR 50 Mrd. und im Rekordjahr 2021 bei über EUR 110 Mrd. p.a. und die Netto­spit­zen­rendite von Büroim­mo­bilien sank in diesem Zeitraum von 3,20% auf 2,80% p.a. Die Nachfrage nach Immobilien stieg konti­nu­ierlich.

Trotz des damals scheinbar anhal­tenden Immobi­li­en­booms gab es jedoch bereits erste Anzeichen für eine Blasen­ent­wicklung. Zum einen stiegen die Preise für Gewerbe-Immobilien zuletzt um bis zu 10% p.a. sowie für Wohn-Immobilien um bis zu 12% p.a., zum anderen entwi­ckelte sich das reale Wirtschafts­wachstum lediglich um +1,00% bis +3,10% p.a. sowie die Reallöhne lediglich um 0,70% bis 3,20% p.a., Corona-Effekte ausge­nommen. Dieses immer stärkere Ausein­an­der­driften der Immobi­li­en­werte von deren Ertrags­fä­higkeit begründete bereits ein erstes Risiko einer Abwertung.

Ein Blick über den Globus zeigt, dass die Trend­wende der Immobi­li­en­preise in den USA schon im 1. Quartal 2022 einsetzte sowie in China der Bilanz­skandal des Entwicklers Everg­rande bereits im 1. Quartal 2021 bekannt wurde und zu einem Einbruch des gesamten chine­si­schen Immobi­li­en­marktes bis heute führte. Auch wenn zwischen dem deutschen und diesen inter­na­tio­nalen Märkten erheb­liche struk­tu­relle Unter­schiede bestehen und in Deutschland insbe­sondere die realwirt­schaft­liche Nachfrage stets stabil war, sind diese Anzeichen kaum in der Fachwelt als Indika­toren für eine Risiko­be­wertung heran­ge­zogen worden. Das Aufkommen Immobi­li­en­blase wurde somit unter­be­wertet.

Treiber der Trend­wende

Als letzt­end­licher Auslöser für die Immobi­li­en­krise in Deutschland gilt der Beginn des russi­schen Angriffs­kriegs auf die Ukraine im Februar 2022. Diesem folgte eine Reihe von realwirt­schaft­lichen Liefer­eng­pässen, insbe­sondere von Baustoffen, Rohstoffen und Energie, welches zu einer zeitweisen hohen Inflation von insgesamt bis zu rund 9% führte, Baustoffe verteu­erten sich bis 18%, Energie­lie­fe­rungen verteu­erten sich bis zu 36%. Um diese Einzu­dämmen, erhöhte die EZB den Haupt­re­fi­nan­zie­rungs­zinssatz binnen 14 Monaten von 0,00% auf 4,50% p.a.

Nach einer über 10-jährigen Niedrig- und Nullzins­po­litik verteuerte diese Zinswende die Finan­zierung von Bestand­ob­jekten und Projekt­ent­wick­lungen um 200 bis 400 Basis­punkte. Zudem stiegen seit langen wieder die Renditen von Fixed-Income Titeln, wie Festgeld, Bundes­ob­li­ga­tionen oder Unter­neh­mens­an­leihen. Dadurch floss viel Kapital aus dem Immobi­li­en­sektor ab, das Trans­ak­ti­ons­vo­lumen auf dem deutschen Immobi­li­en­markt ging im Jahr 2023 um 56% auf unter EUR 30 Mrd. zurück. Die gesunkene Nachfrage nach Immobilien-Investments sowie der gleich­zeitige Rückgang der Vermie­tungs­leistung von Büroim­mo­bilien um mehr als 30%, sorgten in Verbindung mit der Kosten­stei­gerung für Betrieb und Instand­haltung, den realwirt­schaft­lichen Rezes­si­ons­pro­gnosen und den politi­schen Unsicher­heiten hinsichtlich energe­ti­scher Sanie­rungs­vor­schriften für einen Anstieg der Immobi­li­en­ren­diten. Die Spitzen­net­to­ren­diten für Büroim­mo­bilien stiegen von 2,80% im Jahr 2022 auf 4,20% zum 1. Quartal 2024 an.

Der Rendi­te­an­stieg resul­tierte unmit­telbar in einer Abwertung der Anlage­güter Immobilie. Diese konnte bei Bestands­ob­jekten zwar vorüber­gehend durch ggf. indexierte Mietver­träge kompen­siert werden, insgesamt wurden Immobilien gemäß Index des Verband Deutscher Pfand­brief­banken (VDP) im Jahr 2023 jedoch um 6,00% abgewertet, davon Wohnim­mo­bilien um 5,00% und Gewer­be­im­mo­bilien um 10%. Je nach Beschaf­fenheit des Portfolios wurden in diesem Zusam­menhang zudem vermehrt Nachhal­tig­keits­aspekte mitbe­rück­sichtigt, was zu einzelnen Abwertung von bis zu 30% führte.

Neben der finan­zi­ellen Abschreibung der Buchwerte von Bestands-Immobilien kam es zudem zu einem realen Rückgang der Neubau-Aktivitäten. Aufgrund der finanz- und realwirt­schaft­lichen Struk­tu­rierung von Projekt-Entwicklungen reagieren diese regel­mäßig spätzy­klisch bei anzie­henden sowie frühzy­klisch bei abschwin­genden Märkten. Die Konse­quenzen des aktuellen Konjunk­tur­ab­schwungs für Projekt­ent­wickler beleuchten wir im folgenden Beitrag.

Erfahren Sie mehr über ein erfolg­reiches Risiko­ma­nagement für Ihr Immobi­li­en­pro­jekte: