Wohnungsmarkt Ostdeutschland: Fallende Kaufpreise und steigende Mieten bescheren Investoren gute Einstiegschancen
16. Juni 2023
• Aktuelle Studie von Wüest Partner mit Daten und Analysen zu 20 ostdeutschen Wohnungsmärkten
• Angebotskaufpreise fielen in einem Jahr um durchschnittlich 3,7 Prozent
• Spitzenmieten in Berlin stiegen binnen eines Jahres von monatlich 25 EUR/qm auf mehr als 33 EUR/qm
• Risikobereite investieren in Dessau-Roßlau und Plauen, Sicherheitsorientierte kaufen in Berlin, Erfurt, Leipzig und Potsdam
Der ostdeutsche Wohnimmobilienmarkt in den ersten Monaten 2023 hat mit dem Markt von Anfang 2022 nicht mehr viel zu tun. Nach Recherchen von Wüest Partner ist die Zahl der inserierten Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser stark gestiegen, weil viele Objekte deutlich länger auf dem Markt sind. Zudem sind die inserierten Preise nach jahrelangem Anstieg generell gesunken. In vielen Fällen wurden die inserierten Preise für Wohnimmobilien, die bereits längere Zeit verfügbar waren oder es immer noch sind, nach unten korrigiert. Wüest Partner spricht von einem Strukturbruch, der seit dem zweiten Halbjahr 2022 zu beobachten ist. Die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern liegen oft noch zu weit auseinander, so dass es kaum Transaktionen gibt Das Beratungsunternehmen geht davon aus, dass die Kaufpreise noch weiter sinken müssen, damit die Zahl der abgeschlossenen Transaktionen wieder deutlich steigt und womöglich das Vorkrisenniveau erreicht.
Unterdessen haben die regionalen Unterschiede auf dem ostdeutschen Wohnimmobilienmarkt weiter zugenommen. So stieg der Median der Angebotsmieten in der ohnehin schon vergleichsweise teuren Bundeshauptstadt Berlin vom Durchschnittswert des Jahres 2022 bis zum ersten Quartal 2023 um satte 21,2 Prozent. Der Median der Angebotskaufpreise für Eigentumswohnungen ging leicht um 0,5 Prozent zurück. Demgegenüber sanken die Kaufpreise in Cottbus um 8,2 Prozent und in Jena sogar um 9,6 Prozent. Diese und viele weitere Ergebnisse enthält die aktuelle Studie „Ostdeutsche Wohnungsmärkte: Daten und Perspektiven 2023“ von Wüest Partner.
Ostdeutschland-Studie mit Neuerungen
Im Vergleich zu den Studien der Vorjahre enthält die Analyse eine Reihe von Neuerungen. Dazu zählen ein Vorwort mit wesentlichen Markteinschätzungen von Deutschland-Geschäftsführer Karsten Jungk, ein Fokusthema (diesmal „Quo vadis Wohnungspreise?“) und eine Fokusstadt (diesmal Leipzig). Die Analyse untersucht die Entwicklung von Demografie, Wirtschaftskraft und Wohnungsmärkten in den fünf neuen Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie in der Bundeshauptstadt Berlin. Sie beleuchtet die Wohnungsmärkte von 20 ostdeutschen Städten und untersucht dabei Faktoren wie die Zahl der Wohnungsangebote und nimmt den Miet- und Eigentumswohnungs-
markt unter die Lupe. Wichtig für Investoren: Die Studie zeigt auf, in welchen Städten sie – je nach Risikoneigung – das beste Verhältnis von Risiko zu Rendite finden.
Top-Rendite-Risiko-Profil für Sicherheitsorientierte in Berlin, Erfurt und Potsdam
Die höchsten Bruttoanfangsrenditen von zehn Prozent erzielen risikofreudige Wohnungsinvestoren der Studie zufolge in Dessau-Roßlau und Plauen. Gera folgt mit 8,3 Prozent. Je höher die Renditen derzeit sind, desto geringer schätzt Wüest Partner die Wahrscheinlichkeit ein, dass die Preise in diesen Märkten noch deutlich sinken. In diesen drei Städten ist daher nicht mit signifikant steigenden Renditen zu rechnen. Wer ein möglichst geringes Anlagerisiko sucht, wird am besten in den wirtschaftsstarken Städten Berlin, Dresden, Leipzig und Potsdam fündig. Dort sind Bruttoanfangsrenditen von etwa 3,7 bis 4,1 Prozent üblich. Ein besonders günstiges Risiko-Rendite-Profil bietet neben Berlin und Potsdam auch die thüringische Landeshauptstadt Erfurt. Dort finden Investoren Renditen von etwa fünf Prozent vor.
Generell erwartet Wüest Partner in den Städten, in denen sich die Bruttoanfangsrenditen noch nicht in Analogie zu den gestiegenen Finanzierungszinsen entwickelt haben, einen weiteren Anstieg der Renditen. Die Jahre der immer weiter fortschreitenden Renditekompression sind damit auch in Ostdeutschland vorerst vorbei. Zu diesem Ergebnis kommt Wüest Partner einerseits aufgrund von Daten aus der zweiten Jahreshälfte 2022, andererseits aufgrund von Markterfahrung und Beratungsexpertise dort, wo die Datenlage mangels ausreichender Transaktionszahlen eher dünn ist. Auffällig ist, dass in der zweiten Jahreshälfte 2022 an einzelnen Standorten sogar leicht rückläufige Bruttoanfangsrenditen gemessen wurden. Dort hatte sich der deutliche Zinsanstieg ab Mitte 2022 offenbar noch nicht so stark niedergeschlagen. Dies hat sich inzwischen geändert. An Standorten mit einem tiefen Renditeniveau in den ersten Monaten des Vorjahres beobachtet Wüest Partner mittlerweile einen markanten Renditeanstieg.
Angebotskaufpreise fast überall auf Talfahrt, am stärksten in Jena und Cottbus
Die Angebotskaufpreise (Median) für Eigentumswohnungen sind in 17 der 20 untersuchten Städte zwischen dem Durchschnitt des Jahres 2022 und dem ersten Quartal 2023 zum Teil deutlich gesunken. Hierin schlagen sich Faktoren wie die Inflation, die gestiegenen Zinsen und die allgemeine Kaufzurückhaltung nieder. Im Schnitt aller 20 Städte gaben die Angebotspreise um 3,7 Prozent nach. Besonders stark fielen die Preise in Jena (-9,6 Prozent) und Cottbus (-8,2 Prozent). Auch in Frankfurt (Oder) und Zwickau war der Abwärtstrend mit jeweils minus 7,1 Prozent überdurchschnittlich. Im ersten Quartal 2023 reichten die durchschnittlichen Kaufpreise je Quadratmeter Wohnfläche von 1.159 EUR/qm in Plauen bis zu 6.262 EUR/qm in Berlin. Auch bei den Spitzenkaufpreisen, die das teuerste Zehntel (90-Prozent-Quantil) bilden, weisen Plauen (1.842 EUR/qm) und Berlin (9.508 EUR/qm) den niedrigsten bzw. höchsten Wert auf.
In den vergangenen zehn Jahren stiegen die Median-Kaufpreise besonders stark in Leipzig (+154,9 Prozent) und Berlin (+121,5 Prozent). Am geringsten fiel der Kaufpreisanstieg in Cottbus (+32,7 Prozent) und Jena (+39,4 Prozent) aus.
Die Mieten ziehen in 14 der 20 Städte an, in Berlin sogar um 21,2 Prozent
Anders als die Kaufpreise zogen die Angebotsmieten vom Durchschnitt des Jahres 2022 zum ersten Quartal 2023 in immerhin 14 der 20 Städte an, meist sogar deutlich. In Berlin wurde ein Plus von 21,2 Prozent errechnet. In Brandenburg an der Havel und Frankfurt (Oder) waren es immerhin jeweils 7,3 Prozent. Den Anstieg erklärt Wüest Partner mit der Knappheit des Wohnraums bei weiterhin starker Nachfrage. Als zusätzlichen Faktor nennt das Beratungsunternehmen die verstärkte Zuwanderung. Die durchschnittlichen Quadratmeter-Kaltmieten reichen von 5,36 EUR/qm in Plauen bis 18,96 EUR/qm in Berlin. Bei den Spitzenmieten (90 Prozent-Quantil) ist Berlin mit 33,14 EUR/qm allen anderen Standorten in Ostdeutschland weit enteilt. Dahinter folgt Potsdam mit 21,22 EUR/qm.
In den vergangenen zehn Jahren stiegen die Medianmieten mit Abstand am stärksten in Berlin (+109,7 Prozent). Kräftige Mietzuwächse gab es auch in Rostock (+71,9 Prozent) und Leipzig (+65,3 Prozent). Daran gemessen fielen die Mietsteigerungen in Zwickau (+18,2 Prozent), Neubrandenburg (+15,6 Prozent) und Chemnitz (+13,2 Prozent) auffallend gering aus und blieben damit auch deutlich hinter der Teuerungsrate in den letzten 10 Jahren zurück.
Median-Neubaukaufpreise und -mieten in Berlin und Potsdam besonders hoch
Neubauwohnungen (ab Baujahr 2011) erzielen in Berlin die mit Abstand höchste Median-Kaltmiete. 20,64 EUR/qm sind dort je Quadratmeter und Monat fällig. Es folgen Potsdam mit 16,13 EUR/qm sowie Jena und Rostock mit jeweils etwa 13,50 EUR/qm. Ein vergleichbares Ranking ergibt auch der Blick auf die Median-Kaufpreise für Neubau-Eigentumswohnungen (ebenfalls ab Baujahr 2011). Hier führt Berlin mit 8.351 EUR/qm. Dahinter folgen Potsdam mit knapp 7.500 EUR/qm sowie Dresden, Leipzig und Rostock mit jeweils mehr als 5.000 EUR/qm.
Karsten Jungk, Partner und Geschäftsführer von Wüest Partner Deutschland, hebt mit Blick auf die aktuellen Daten zum ostdeutschen Wohnungsmarkt hervor: «Wir beobachten in Ostdeutschland ein deutlich größeres Angebot inserierter Eigentumswohnungen als vor einem Jahr. Das hat vor allem damit zu tun, dass es viel schwerer geworden ist, Käufer zu finden, die obendrein stärkeres Entgegenkommen bei den Preisen erwarten. Generell rechnen wir im Verlauf des Jahres 2023 mit stabilen bis leicht ansteigenden Zinsen, was bei Eigentumswohnungen voraussichtlich zu weiteren Preisnachlässen führt. Im Mehrfamilienhaussegment wirken die deutlich verringerte Neubautätigkeit und der Mangel an Mietwohnungen bei steigender Nachfrage preisstabilisierend. Steigende Mieten stützen die Anstiege bei den Renditen. Daher rechnen wir kurzfristig eher mit einem moderaten Preisrückgang in den etablierten Märkten und relativ stabilen Märkten in den kleineren Städten. Preisabstürze erwarten wir nicht. Ausnahme sind in allen Märkten ältere Bestandswohnungen mit schlechten Energiestandards. Hier ist künftig von deutlichen Preisabschlägen auszugehen.“
Die vollständigen Ergebnisse der Studie zum ostdeutschen Wohnungsmarkt finden Sie hier: