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Die Auswirkungen von ESG auf die Bewertung von Immobilien

28. Juni 2022

ESG auf Immobilien

In der Bewertung von Immobilien wird der Preis abgebildet, den ein entsprechendes Bewertungsobjekt in einer marktüblichen Transaktion jenseits aller subjektiver Maßstäbe voraussichtlich erzielen würde. So – etwas verkürzt – die generellen Verkehrs-/Marktwertdefinitionen. Also stellt sich die Frage, ob und wie ESG-Kriterien den Wert einer Immobilie aktuell beeinflussen.

Vorab und wichtig: in professionellen Bewertungen können nur die Marktverhältnisse berücksichtigt werden, die aktuell bekannt sind, nicht die, die es vielleicht zukünftig geben wird. Was zukünftig gilt ist Prognose, keine Bewertung.

Es gibt es drei wesentliche wertbeeinflussende Faktoren für Renditenimmobilien: Mieten, Kosten und Renditen.

Laufende und zukünftige Mieterträge

Erzielen ESG-konforme Objekte höhere Mieten? Theoretisch ja, wenn die Einsparung aus geringeren Betriebskosten auf die Nettokalt-Miete aufgeschlagen werden kann. Neubauten sind durchweg bereits sehr effizient. Bei den aktuellen „Leuchtturmprojekten“, die noch effizienter sein sollen, handelt es sich um hochwertige Projekte, die in den Top-Lagen der Top-Städte stehen und regelmäßig die Spitzenmieten erzielen. Aber bei Nettokaltmieten für Büros von 30 bis 40 EUR/qm fallen 1,00 oder 2,00 EUR/qm geringere Betriebskosten kaum ins Gewicht. Da sind Flächenzuschnitte und andere Kriterien mindestens genauso wichtig für die Nutzer. Insofern kann zumindest aktuell bei Neubauten der Einfluss von ESG-Kriterien weder extrahiert, noch quantifiziert werden. Eine messbare Abhängigkeit der Miethöhe von einzelnen ESG-Kriterien gibt es bei Neubauten (noch) nicht. Bei Bestandsbauten bleibt es abzuwarten, aber per heute ist auch da noch nichts erkennbar.

Periodische (Betriebs-)Kosten

Ob die laufenden Kosten für den Eigentümer geringer sind, ist unklar. Der Eigentümer wird für die i.d.R. kompliziertere Haustechnik vermutlich höhere Kosten haben, die er ggf. nicht voll auf die Mieter umlegen kann. Also eher neutral bis negativ. Was die CO2-Steuer bringt, bleibt abzuwarten, vor allem, wie sich die Aufteilung zwischen Mieter und Vermieter zukünftig darstellt.

A-Periodische Kosten

Hierunter versteht man in der Regel höhere Beträge für den Ersatz oder die Erneuerung von Bauteilen, wie etwa den Austausch einer fossilen Verbrennungsheizung gegen Wärmepumpen. Diese zukünftigen Kosten reduzieren aber zunächst den Marktwert. Kalkulatorisch kann die Wertreduktion nur über höhere Mieten oder niedrigere Renditen (aufgefangen werden. Ein Grund, warum derartige Maßnahmen im Bestand zwar intensiv diskutiert, aber aktuell meist aufgeschoben werden, bis es mehr Klarheit zu den Miet- und Rendite-Auswirkungen gibt.

Renditeerwartungen der Investoren

Erzielen aktuell ESG-konforme Objekte höhere Faktoren und damit niedrigere Renditen als weniger ESG-konforme? Hier gilt im Wesentlichen dasselbe, wie oben bei den Mieten. ABER: Während bis vor wenigen Monaten noch die Mieterqualität und Mietvertragslaufzeit die nahezu einzigen Kriterien für höhere Faktoren waren, scheinen ESG-Kriterien bei aktuellen Transaktionen an Gewicht zu gewinnen. Wir beobachten zunehmend Transaktionen, die nicht zu den erhofften Preisen stattfinden. Neben den ansteigenden FK-Zinsen u.a., weil die Objekte nicht mehr den bei den Käufern gesetzten ESG-Zielen entsprechen. Was im Umkehrschluss heißt: Die Renditen für nicht mehr ESG-konforme Objekte beginnen, unter Druck zu geraten. Aber die Auswirkungen sind noch nicht messbar, weil die Transaktionen gerade jetzt noch nicht stattfinden.

Zwischen-Fazit

Noch sind die Auswirkungen von ESG-Kriterien auf Mieten und Renditen in stattgefundenen Transaktionen nicht messbar und damit in Bewertungen nicht abbildbar. Aber, die Investitionen in energetische Maßnahmen kommen näher und die Renditen für nicht ESG-konforme Objekte geraten unter Druck. Insofern werden wir eher kurz- als mittelfristig erste messbare Auswirkungen haben, wobei ESG-konforme Objekte vermutlich nicht teurer, aber nicht ESG-konforme Objekte billiger werden.

Dieser Artikel ist zuerst im Fondsforum erschienen.

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