Ablauf eines Risiko-Monitorings: Maßnahme mit Mehrwert
25. Oktober 2024
Serie der Artikel
Die nachfolgenden Artikel sind die vorherigen Beiträge der Serie von Oliver Bauscher:
- Immobilienmarkt: Das Ende eines Zyklus
- Projektentwicklungen: Vom Boom zum Stillstand
- Insolvenzen: Wege aus der Klemme
- Risiko-Management: Anforderungen und Herausforderungen
Wesentliche Maßnahme im Rahmen des Risikomanagements von Immobilien-Projektentwicklungen ist ein wiederkehrendes Risikomonitoring, innerhalb dessen systematisierte Prüfungshandlung vorgenommen werden, um realwirtschaftliche und finanzwirtschaftliche Risiken gemäß dem Regelkreislauf des Risikomanagement wie folgt zu managen.
- Risiken identifizieren
- Risiken bewerten
- Risiken kommunizieren
- Risiken steuern
Dabei leistet das Risikomonitoring einen wesentlichen Beitrag, die vier Zielfunktionen des Risikomanagements von Immobilien-Projektentwicklungen zu erfüllen.
- Transparenz erhöhen
- Investition schützen
- Reputation fördern
- Regulatorik erfüllen
Phasen
Das Risikomonitoring gliedert sich in verschiedene Phasen sowie Ebenen und leitet Kennzahlen für verschiedene Risiken und Parameter ab, zudem werden vielfältige Daten und Methoden verwendet. Das systematische Vorgehen garantiert dabei eine maximale Vergleichbarkeit zwischen den Projekten, unabhängig von deren Größe und Komplexität. Das Monitoring gliedert sich typischerweise in die vier folgenden Phasen.
- Phase 1: Kick-Off
- Phase 2: Set-Up
- Phase 3: Roll-Out
- Phase 4: Touch-Down
In der Phase 1, dem „Kick-Off“, werden der Auftragsumfang und die Organisationsstruktur definiert. Dies mag zunächst selbstverständlich klingen, wird jedoch in vielen Projekten meist ungenau vorgenommen und führt häufig zu Informationslücken und unklaren Verantwortlichkeiten, welche an sich bereits ein Projektrisiko darstellen. In der Phase 2, dem „Set-Up“, werden die Berichtsstruktur sowie die Informationsschnittstellen definiert. Dabei werden sowohl die inhaltliche als auch die technische Informationsübermittlung geklärt, um eine reibungslose und durchgängige Durchführung zu gewährleisten. In der Phase 3, dem „Roll-Out“, werden schließlich die eigentlichen Analysen vorgenommen und die Berichte erstellt. Diese Phase erfolgt wiederkehrend in einem zuvor festgelegten Turnus, meist monatlich oder quartalsweise. Sollten sich grundlegende Änderungen in der Projektkonzeption oder den zugrunde gelegten Budgets ergeben, erfolgt ein Rückschritt in Phase 2, um eine neue „Baseline“ festzulegen. Diese wird meist durch den oder die Projekt-Sponsoren bewilligt. In der Phase 4, dem „Touch-Down“, werden das Monitoring abgeschlossen und die gewonnenen Erkenntnisse aggregiert und dokumentiert. Auf dieser Datenbasis kann dann ein organisationales und maschinelles Lernen aufgesetzt werden.
Ebenen
Das Monitoring erfolgt je nach Intensität der Bearbeitung und Anforderung an die Kennzahlen innerhalb der folgenden vier Ebenen.
- Ebene 1: Dokumentation
- Ebene 2: Plausibilisierung
- Ebene 3: Analyse
- Ebene 4: Simulation
Die ersten beiden Ebenen basieren insbesondere auf der Expertise des Monitors und bilden die Grundlage für die folgenden beiden Bearbeitungsebenen, welche insbesondere auf der Exaktheit von Modellen basieren. In der Ebene 1, der „Dokumentation“, werden die internen und externen Daten zu dem Projekt und dem Projektkontext zusammengefasst. Hierbei offenbaren sich bereits erste Projektrisiken z.B. in Form von Informationslücken. In der Ebene 2, der „Plausibilisierung“ werden die vorliegenden Fakten und Annahmen auf ihre Schlüssigkeit geprüft. Hierbei offenbaren sich weitere Projektrisiken z.B. in Form von Widersprüchen. In der Ebene 3, der „Analyse“ werden aus den vorliegenden Informationen Kennzahlen zu den Projektparametern anhand von deterministischen Modellen abgeleitet sowie Szenarioberechnungen für die realwirtschaftliche Risikosteuerung durchgeführt. In der Ebene 4, der „Simulation“ werden aus den vorliegenden Informationen Kennzahlen zu den Projektparametern anhand von stochastischen Modellen abgeleitet sowie Szenarioberechnungen für die finanzwirtschaftliche Risikosteuerung durchgeführt.
Risiken
Es bestehen unzählige Arten der Klassifikation von Risiken, welche alle in ihrem jeweiligen Kontext eine Berechtigung haben. Für das Risikomonitoring haben sich jedoch auf oberster Ebene folgende Klassifizierungen als handlungsleitend erwiesen. Die zentrale Frage des Monitoring lautet: welche Risiken bestehen oder können bestehen, wie wirken sich diese auf die Parameter des Projektes aus, und mit welchen Kennzahlen können diese Auswirkungen quantifiziert und gesteuert werden?
Aus realwirtschaftlicher Perspektive klassifizieren wir die Risiken daher anhand des Projektprozesses wie folgt. Die jeweiligen Einzelrisiken werden innerhalb der Prozessschritte weiter in Unterklassen organisiert. Dadurch können Risikoarten, Eintrittswahrscheinlichkeiten, Schadenshöhen und Gegenmaßnahmen sachgerecht geschätzt und gebündelt werden.
- Projektierungsrisiken
- Planungsrisiken
- Realisierungsrisiken
- Verwertungsrisiken
Aus finanzwirtschaftlicher Perspektive folgen wir der grundlegenden Klassifikation der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Die jeweiligen Einzelrisiken werden innerhalb der Risikoklassen weiter in Unterklassen organisiert. Dadurch können Risikoarten, Eintrittswahrscheinlichkeiten, Schadenshöhen und Gegenmaßnahmen sachgerecht geschätzt und gebündelt werden.
- Adressenausfallrisiken
- Marktpreisänderungsrisiken
- Liquiditätsrisiken
- Operativrisiken
Häufig werden in dem Zusammenhang der Risikoklassifikation zudem noch Zinsänderungsrisiken, Nachhaltigkeitsrisiken, Reputationsrisiken und Insolvenzrisiken angeführt. Dazu merken wir an, dass Zinsrisiken in den Marktpreisrisiken integriert werden, da Zinsänderungen direkt zu Preisänderungen des Kapitals oder des Vermögens führen. Nachhaltigkeitsrisiken werden gemäß BaFin nicht als neue Risikoklasse sondern als neue Risikotreiber (physische und transitorische) verstanden und als solche berücksichtigt. Reputationsrisiken und Insolvenzrisiken sind nicht als Ursachen- sondern als Wirkungs- Risiken zu begreifen und daher auf Basis des Risikomonitorings im nachgelagerten Risikomanagement entsprechend strategisch abzuschätzen.
Parameter
Aus realwirtschaftlicher Sicht sind die folgend aufgeführten Parameter einer Immobilien-Projektentwicklung wesentlich und demnach kontinuierlich zu verfolgen. Gemäß der aktuellen Projektmanagement-Standards ist bekannt, dass die Änderung eines Parameters meist zu einer Änderung der anderen Parameter führt.
- Termine
- Kosten
- Leistungen
- Qualitäten
Die Termine definieren zeitlich den Projektstart, das geplante Projektende sowie weitere wichtige Meilensteine und werden in einem sogenannten Rahmenterminplan (RTP) oder Projektzeitenplan (PZP) dokumentiert und nachgeführt. Die Kosten definieren den monetären Investitionsrahmen für das Projekt und werden durch die Projekt-Sponsoren als Gesamtinvestitionskosten (GIK) bewilligt. Die Leistungen (LST) definieren die geplante Projektkonzeption im technischen Sinne als Volumen und umfassen dabei quantitative und qualitative Kriterien. Die Qualitäten definieren den geplanten Projekterlös im monetären Sinne als Volumen und werden durch eine Bewertung des Marktwertes nach planmäßiger Fertigstellung (MWT) ermittelt.
Aus finanzwirtschaftlicher Sicht sind hingegen die folgend aufgeführten Parameter einer Immobilien-Projektentwicklung wesentlich. Gemäß aktueller Controlling-Standards ist bekannt, dass diese Parameter sich gegenseitig in ihrer Ausprägung beeinflussen.
- Rentabilität
- Liquidität
- Fazilität
- Kapitalstabilität
Die Rentabilität gibt den Erfolgt des Projektes wieder und wird betriebswirtschaftlich abgeleitet aus dem Verhältnis von Aufwand zu Ertrag bzw. finanzwirtschaftlich abgeleitet aus dem Verhältnis von Gewinn zu eingesetztem Kapital. Eine negative Rentabilität zeigt dabei ein wirtschaftlich nicht sinnvolles Projekt an. Die Liquidität beschreibt die Fähigkeit einer Organisation, seine laufenden Zahlungsverpflichtungen betragsgenau und termingerecht erfüllen zu können und stellt somit die geplante Mittelherkunft der geplanten Mittelverwendung gegenüber. Eine negative Liquidität beeinflusst unmittelbar die o.g. realwirtschaftlichen Parameter und kann zur Insolvenz der Projektorganisation führen. Die Fazilität beschreibt die betraglich begrenzte Möglichkeit einer Organisation, Kredite aufnehmen zu können und bestimmt aufgrund von materialisierten und verfügbaren Kreditsicherheiten damit die weiteren Finanzierungsmöglichkeiten. Die Kapitalstabilität gibt die Risikotragfähigkeit der Organisation wieder und wird durch das Verhältnis zwischen bilanziellem Kapital und ökonomischem Kapital abgeleitet.
Kennzahlen
Aus realwirtschaftlicher Sicht werden zu den o.g. Parametern folgende Kennzahlen abgeleitet und verfolgt. Das Budget für jeden Parameter wird im Rahmen der Baseline festgelegt und zu jedem Berichtszeitpunkt mit dem aktuellen Status verglichen. Aus dieser fortlaufenden Abweichungsanalyse ergibt sich ein Trend, der wiederum Grundlage für die Ableitung von deterministischen Prognosen bildet.
- Budget
- Status
- Trend
- Prognose
Aus finanzwirtschaftlicher Sicht werden zu den o.g. Parametern folgende Kennzahlen abgeleitet und verfolgt. Letztendlich handelt es sich dabei um erweiterte modellierte und simulierte Prognosen, welche die Grundlage bilden, das ökonomische Kapital zu berechnen, welches wiederum die Risikotragfähigkeit der Projektorganisation darstellt.
- Erwartungswert
- Szenariowerte
- Value At Risk
- Expected Shortfall
Methoden
Die Berechnung der realwirtschaftlichen Kennzahlen erfolgt im Rahmen von mehreren deterministischen Verfahren, welche über die Redundanz des Multi-Modell-Ansatzes etwaige einzelne Ergebnisverzerrungen reguliert.
- Vergleichsverfahren
- Annäherungsverfahren
- Schätzverfahren
- Berechnungsverfahren
Die Berechnung der finanzwirtschaftlichen Kennzahlen erfolgt im Rahmen von stochastischen Modellen jeweils mit und ohne Verteilungsannahme. Die Erwartungswerte geben dabei Punktschätzungen und die Szenariowerte Intervallschätzungen mit definierten Wahrscheinlichkeiten wieder. Der Value At Risk sowie der Expected Shortfall werden im Zuge einer Simulation mit definierten Wahrscheinlichkeitsverteilungen abgeleitet, welche auf historischen Zeitreihen der Parameter basieren und um jeweils aktuelle Prognosewerte von externen Instituten ergänzt werden. Alternativ können die Wahrscheinlichkeitsverteilungen auch mathematisch formalisiert werden, wobei eine Normalverteilung für fast alle Parameter empirisch ausgeschlossen werden kann.
Daten
Für die Risikoanalyse verwendet werden projektinterne sowie projektexterne Daten, die wiederum explizit datenbasiert als auch implizit erfahrungsbasiert vorliegen. Bei unvollständigen Zeitreihen werden die Verteilungen der Datensets sachlich plausibilisiert und ggf. um interne und externe heuristische Schätzwerte ergänzt. Es bestehen formal also folgende Informationsquellen.
- Intern
- Extern
- Daten
- Expertise
Berichtswesen
Das Berichtswesen erfolgt in gleichbleibend strukturierter Form, um die Vergleichbarkeit der Berichte innerhalb eines Projektes sowie zwischen mehreren Projekten zu gewährleisten. Dabei werden regelmäßig folgende Berichtstypen erstellt, welche mit den o.g. Phasen des Monitorings synchronisiert sind.
- Basis-Bericht
- Regel-Bericht
- Änderungs-Bericht
- Abschluss-Bericht
Die Berichte sind stark quantitativ orientiert und stellen die Kennzahlen in Form von Einzelwerten, Tabellen, Ratings und Diagrammen faktenbasiert und handlungsleitend dar. Gleichwohl werden zu jeder Sektion auch kurze Erläuterungen gegeben, die die wesentlichen Erkenntnisse zusammenfassen, um auch gelegentlichen Lesern den Zugang zu ermöglichen. Ein typisches Inhaltsverzeichnis umfasst die folgenden Kapitel.
- Titelblatt
- Zusammenfassung
- Projektbeschreibung
- Projektbudget
- Projektstatus
- Projekttrend
- Projektprognose
- Risiko Rating (qualitativ)
- Risiko Assessment (quantitativ)
- Unterlagenverzeichnis
- Glossar
- Fotodokumentation
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