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„Das Pflegeheim-Segment wird anspruchs­voller werden“

Letzte Aktualisierung: 22. April 2025

Das Corona­virus hat Pflege­heime ganz besonders betroffen. Inwiefern sich die Pandemie auf die baulichen Anfor­de­rungen an Pflege­heime sowie auf den Bedarf alters­ge­rechter Wohnformen auswirkt, darüber spricht Dr. Jochen Schel­lenberg, Geschäfts­führer der KATHARINENHOF® Seniorenwohn- und Pflege­anlage Betriebs-GmbH.

Herr Dr. Schel­lenberg, Sie sind Betreiber von 40 Pflege­heimen, darunter auch Einrich­tungen des Betreuten Wohnens. Nehmen Sie im Zuge der Krise einen verän­derten Bedarf hinsichtlich der Wohnformen wahr?

Hier sehen wir keinen generellen Trend. Denn es ist nach wie vor so, dass der Bedarf nach angemes­senen Angeboten an Pflege­heimen und betreuten Wohnen das aktuelle Angebot übersteigt. Was wir aber sehen, ist, dass dieje­nigen, die einen Platz suchen, viel genauer hinsehen, wie wir als Betreiber mit dem Thema Pandemie und den erfor­der­lichen Maßnahmen umgehen.

Müssen aus Ihrer Sicht die baulichen Anfor­de­rungen an Pflege­heime verändert werden, um den reibungs­losen und sicheren Betrieb eines Heimes gewähr­leisten zu können?

Mit Blick auf die Pflege­ein­rich­tungen, die ab den 1990er Jahren gebaut wurden, kann das Hygie­ne­ma­nagement größten­teils unabhängig von baulichen Anfor­de­rungen erfolgen. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass die Einrich­tungen in erster Linie ein neues Zuhause für die Bewohner darstellen. Zu viele Restrik­tionen wirken sich negativ auf das Wohlbe­finden aus. Wenn es gelingt, Impfungen sinnvoll voran­zu­treiben und Testungen strate­gisch richtig umzusetzen, dann sind keine baulichen Verän­de­rungen notwendig – es muss das Management hierzu angepasst werden. Ein Punkt ist jedoch deutlich geworden: In allen Pflege­ein­rich­tungen ist das Thema Digita­li­sierung noch weitgehend unter­be­lichtet. Bauliche Grundlage hierfür ist eine stabile WLAN-Struktur. Ergänzt durch ein leistungs­fä­higes Internet bilden diese Faktoren das Fundament für beinahe alle digitalen Prozess­ele­mente.

Dr. Jochen Schellenberg
Dr. Jochen Schel­lenberg

Die neue BBSR Bevöl­ke­rungs­pro­gnose bis 2040 bestätigt: Die Zahl der Bevöl­kerung im Renten­alter wird am stärksten wachsen. In Kombi­nation mit einer längeren Lebens­er­wartung steigt zumindest pauschal der Bedarf nach alters­ge­rechten Wohnformen, seien es Pflege­heime, Betreutes Wohnen oder Senioren-WGs. Was bedeutet diese Entwicklung für den Pflege­heim­sektor und für Ihre Unter­neh­mens­stra­tegie?

Wir sehen den wachsenden Bedarf in allen Segmenten und sind seit gut zwei Jahren dabei, unsere Unter­neh­mens­stra­tegie entspre­chend anzupassen – weg vom reinen Pflege­heim­an­bieter hin zum integrierten Anbieter. Überall, wo es in unseren Bestands­ein­rich­tungen möglich ist, ergänzen wir die vollsta­tionäre Pflege durch Angebote, die zum Lebens­alltag von Pflege­be­dürf­tigen gehören. Das sind Service­wohnen, die ambulante Pflege vor Ort und die Tages­pflege. Bei Neubau­pro­jekten setzen wir diese Strategie konse­quent um, sodass es keine isolierten Einrich­tungen mehr gibt.

Die Kranken­kassen fördern mit Ihrer Zuschuss-Politik offen­sichtlich die ambulante Pflege. Sehen sie dadurch künftig eine weitere Verschiebung vom Pflegeheim hin zur ambulanten Pflege oder wird das Pflegeheim auch in Zukunft ähnlich nachge­fragt?

Die Verschiebung hin zur ambulanten Pflege hat bereits in den vergan­genen Jahren mit der Umsetzung der Pflege­stär­kungs­ge­setze I – III begonnen. Das Ziel der Politik ist ganz klar, Pflege­be­dürftige, solange es eben möglich ist, in einem häuslichen Umfeld zu halten. Für Pflege­heime bedeutet das, dass sich die Einrich­tungen konse­quent spezia­li­sieren müssen. Denn künftig werden insbe­sondere Menschen mit hohen Pflege­be­darfen, teilweise auch verstärkten medizi­ni­schen Anfor­de­rungen, in Heimen wohnen. Deswegen wird das Segment Pflegeheim aber keinen Einbruch erleben, es verändert sich der Bedarf.

Dieser Beitrag wurde zuerst bei CareInvest veröf­fent­licht.

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