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CO₂ im Blickpunkt: Klimaziele und Erfassung im Gebäudebestand

3. September 2021

Machine, Engine, Motor

Mit der Novelle des Klimaschutzgesetz 2021 durch das Bundeskabinett soll die Klimaneutralität bereits 2045 erreicht werden. Hierfür wird das Minderungsziel für 2030 um 10 Prozentpunkte auf mindestens 65 Prozent und das Minderungsziel für 2040 auf mindestens 88 Prozent festgelegt. Nach 2050 strebt die Bundesregierung negative Emissionen an. Für die Erreichung diese Zielvorgaben müssen die bisher bis 2050 getroffenen Maßnahmen deutlich verschärft werden. Laut der Studie „Klimaneutrales Deutschland“ im Auftrag der Agora Energiewende ist bei Neubauten kurz- bis mittelfristig ein vollständiger Verzicht auf fossile Brennstoffe und ein massiv verstärkter Einsatz von Wärmepumpen, optimalerweise in Ergänzung mit Photovoltaik für die Stromversorgung, notwendig. Auch eine signifikante Erhöhung der Sanierungsrate ist dringend erforderlich: 90 Prozent der Gebäude müssten bis 2050 neu gebaut oder saniert worden sein.  

Die Bundesregierung hat am 23.06.2021 ein acht Milliarden Euro umfassendes Sofortprogramm beschlossen. Hierbei sollen insbesondere die Dekarbonisierung der Industrie, grüner Wasserstoff, die energetische Gebäudesanierung, eine klimafreundliche Mobilität sowie nachhaltige Wald- und Landwirtschaft gefördert werden. Im Fokus stehen hierbei vor allem kurzfristig wirkende Maßnahmen, die den Ausstoß von Treibhausgasen sicht- und messbarreduzieren.  

Instrumente der Bundesregierung zur Erreichung der Ziele im Immobiliensektor sind: 

  • Stärkere Einbindung von erneuerbaren Energien 
  • Sanierungsoffensive mit attraktiven Fördermaßnahmen, Neubaustandards werden angehoben 
  • Heizungen, die ausschließlich mit fossilen Brennstoffen betrieben werden können, werden nicht mehr gefördert. 
  • Ein CO2-Preis durch Brennstoffemissionshandelsgesetz (ab 2021: EUR 25 / t CO2, danach schrittweiser Anstieg bis 2025 auf EUR 55 / t CO2, danach EUR 55 bis max. EUR 65 / t CO2) – CO2-Preis gem. Brennstoffemissionshandelsgesetz 50:50 auf Mieter und Vermieter aufteilen (aktuelle Diskussion) 

Das letzte Gebäudeenergiegesetz trat am 1. November 2020 in Kraft – eine Überarbeitung oder Konkretisierung ist vor dem Hintergrund der Novelle des Klimaschutzgesetz dringend erforderlich. 

Ergebnisse

Wo stehen meine Objekte heute? 

In der sektoralen Betrachtung des CO2-Ausstoßes wird für die Immobilienwirtschaft nur der laufende Verbrauch aus Heizung, Kühlung und Betrieb erfasst. Mit Blick auf die einzelne Immobilie ist bereits die Festlegung des Startpunktes für die Absenkung des CO2-Austoßes eine Herausforderung für Investoren und Asset Manager. Noch gibt es kein flächendeckendes Smart Metering. Auch der Datenschutz verhindert (noch) eine umfassende Verbrauchsdatenerfassung. Unabhängig vom Gebäude ist das Mieterverhalten ein wesentlicher Faktor bei der Reduktion von Energieverbrauch, aber durch den Vermieter nicht direkt beeinflussbar. Die Ermittlung von bauphysikalischen Parametern auf Basis der Bauelemente und Gebäudestruktur ermöglicht auch ohne Messdaten die überschlägige Ermittlung des CO2-Verbauchs. Sie ist notwendig, um konkrete Maßnahmen zur CO2-Absenkung abzuleiten und zu bepreisen. Darüber hinaus sollten auch die „graue Energie“ (beim Bau der Gebäude) und die Fernwärme-Bilanz mit einbezogen werden.  

CO2-Bestimmung ohne Messdaten 

Liegen keine Verbrauchsmessdaten von Objekten vor, gibt es die folgende Möglichkeit der Bestimmung des CO2-Austoßes: 

Basierend auf Verbrauchsdaten von rund 60.000 Gebäuden aller Nutzungsarten wurde im Rahmen einer Untersuchung für das Schweizerische Bundesamt für Umwelt von Wüest Partner ein CO2-Rechner entwickelt und im Folgenden auf die spezifischen rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen in Deutschland angepasst. Dieser ermittelt die CO2-Werte anhand folgender Input-Parameter: genauer geografischer Standort, Klimastation, Nutzung, Energiebezugsfläche, Anzahl der beheizten Geschosse, Baujahr, Energieträger (Öl, Gas, Fernwärme etc.), Art, Qualität und Sanierungstand der wesentlichen Bauelemente (Fassade, Fenster, Dach, Keller). Wenn vorhanden, kann optional der Energieverbrauch der zurückliegenden Jahre mit einfließen. 

Da der Standort nicht veränderbar ist und die Nutzung und Ausmaße des Gebäudes sich nicht auf den spezifischen Energieverbrauch pro qm Nutzfläche auswirken, kann nur über die Verbesserung/ Erneuerung von einzelnen Bauteilen eine signifikante Energieeinsparung erreicht werden. Insofern ist die Erfassung der Bauteile und ihrer Optimierungsfähigkeit die Grundlage für die Ermittlung der Absenkpotenziale. Messdaten allein reichen hierfür nicht.  

CO2-Absenkpfad 

Im Ergebnis der Berechnung kann auf Basis der Optimierung der einzelnen Bauteile ein CO2-Absenkpfad für einzelne Gebäude oder ganze Portfolios festgelegt werden. Mit überschaubarem Aufwand werden objektgenau energetisch und wirtschaftlich optimale Maßnahmen für die Reduktion des CO2-Ausstoßes ermittelt. Danach folgt die Einordnung der Immobilien in das Portfolio und den Dekarbonisierungspfad. Diese Maßnahmen tragen nicht nur zur Erreichung der Klimaziele bei, sondern sichern auch die zukünftige Nutzbarkeit und vermeiden „Stranded Assets“. 

Abschließend sei betont, dass nicht jede über Bauteiloptimierung eingesparte kWh den CO2-Ausstoß reduziert. Der Faktor Mensch trägt mit seinem Nutzungsverhalten wesentlich zur Erreichung der Klimaziele bei und Rebound-Effekte können die direkte Wirkung schmälern. Ein CO2-neutraler Gebäudebestand ist nur durch gemeinsame Anstrengungen von Immobilienwirtschaft, Politik, Wirtschaft und der Gesellschaft möglich – Die Immobilienwirtschaft spielt dabei selbst die entscheidende Rolle.