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Rückgang des Wohnungsleerstands: Kantonale Entwicklungen und Ursachen

14. September 2023

Umbau eines alten Hauses mit Anbau, Gerüste rund ums Haus

Der Schweizer Wohnungsleerstand hat sich im Jahr 2023 bereits das dritte Mal in Folge reduziert. Gemäss dem Bundesamt für Statistik ist der Leerstand im Vergleich zum Vorjahr um 10.9 Prozent gesunken und beträgt mit 54’765 Wohneinheiten gegenwärtig 1.15 Prozent des Schweizer Wohnungsbestandes.


Rückgang in den meisten Kantonen

Die Leerstandabnahme war in den meisten Kantonen zu beobachten. Besonders stark fiel er in den Kantonen Appenzell-Ausserrhoden, Schaffhausen, Schwyz, Glarus und Uri aus mit einem Minus von 23 bis 35 Prozent. Die Kantone Fribourg, Aargau, Neuchâtel, St. Gallen, Thurgau, Tessin, Zürich und Waadt zeigten ebenfalls deutliche Rückgänge zwischen 10 und 20 Prozent. Zugenommen hat der Leerstand in den Kantonen Zug, Genf, Nidwalden, Jura, Luzern und Basel-Landschaft, wobei sich die Leerstandsquote in Zug, Genf und Nidwalden noch immer auf sehr tiefem Niveau befindet.

Stärkerer Rückgang bei den Mietwohnungen

Weiter beschleunigt hat sich der Leerstandabbau im Segment der Mietwohnungen mit einem Minus von 15.9 Prozent gegenüber Vorjahr (2022: –13.5 Prozent 2021: –8.4 Prozent). Gegenwärtig entfällt 80.7 Prozent des Leerstandes auf Mietwohnungen (44'213 Einheiten). Im Segment der Eigentumswohnungen hat die Zahl der leeren Objekte im Jahresvergleich um 18% (+1612 Einheiten; 10'552 leere Objekte) zugenommen. Zudem wurden 6124 unbewohnte Einfamilienhäuser gezählt. Das entspricht gegenüber dem Vorjahr einer Zunahme von 795 Einheiten (+14.9%).



Leerstand in Zahlen

Leerstand in Zahlen

Vielerorts unter dem optimalen Wohnungsleerstand

Eine jüngst durchgeführte Untersuchung von Wüest Partner zeigt, dass die optimale Leerstandsquote, also die Quote, die für eine stabile Entwicklung der realen Mieten und Preise sorgen würde, in der Schweiz bei 1.27 Prozent liegt. Es zeigen sich dabei grosse kantonale Unterschiede. In eher ländlichen Kantonen wie Thurgau, Glarus, Jura oder Solothurn gibt es eine ausgeprägte Heterogenität sowohl in Bezug auf die Standortqualität der einzelnen Bezirke als auch in Bezug auf die Qualität der Wohnungen. Demnach ist eine grössere Anzahl an leer stehenden Wohnungen erforderlich, damit jede und jeder eine Wohnung finden kann, die den eigenen Bedürfnissen entspricht. In stark urbanisierten Kantonen wie Genf und Zürich dagegen reicht eine vergleichsweise geringe Leerstandsquote von 0.75 beziehungsweise 0.77 Prozent aus, um einen funktionierenden Markt zu gewährleisten.

Aktuell liegt die Leerstandsquote in 20 von 26 Kantonen unter dem optimalen Level. Dies illustriert, dass das Thema der Wohnungsknappheit nicht mehr nur ein städtisches Phänomen, sondern eine Herausforderung in vielen Regionen ist.




Vielfältige Gründe für den Wohnungsleerstand

Zu den Hauptgründen für den starken Rückgang der Marktliquidität zählt die geringe Neubautätigkeit. Seit 2018 nimmt die Zahl der Neubaubewilligungen ab. Im letzten Jahr wurden Neubaubewilligungen für lediglich 42’200 Wohneinheiten gezählt − dies entspricht dem niedrigsten Wert seit 2003.

Dass in der Schweiz immer weniger Wohnungen gebaut werden, hat verschiedene Ursachen. Die Umsetzung der revidierten Raumplanung gehört mit dazu. Obwohl in den meisten Regionen der Schweiz genügend Baulandreserven und Verdichtungspotenziale vorhanden sind, bremsen rechtliche Problematiken die Neubautätigkeit. Viele Gemeinden haben erst in jüngster Zeit begonnen, ihre Bau- und Zonenordnungen anzupassen, was einige Investoren zum Abwarten veranlasst. Auch komplizierte Vorschriften, langwierige Baubewilligungsprozesse und häufige Einsprachen sorgen für Unsicherheit und verzögern grosse Projekte. Zu diesen generellen Herausforderungen gesellen sich aktuell erschwerend hohe Baupreise, steigende Finanzierungskosten und wieder attraktiver werdende Alternativen zu Immobilieninvestments, was seit Anfang 2022 zusätzlich auf die Neubautätigkeit drückt.

Nachfrage: Vielschichtige Dynamik

Neben der abnehmenden Bautätigkeit trägt auch die veränderte Nachfrage entscheidend zum derzeitigen Wohnungsmangel in der Schweiz bei. Der erhöhte Bedarf an Wohnungen wird meist mit dem dynamischen Bevölkerungswachstum in Zusammenhang gebracht, und dieses ist auch tatsächlich einer der Hauptgründe für die grosse Nachfrage. Die folgenden Faktoren spielen hier jedoch ebenfalls eine wesentliche Rolle:

  • Haushaltsgrösse: Je kleiner die Haushalte, desto mehr Wohnungen werden nachgefragt.
  • Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur: Wenn mehr Menschen sich scheiden lassen oder eine Beziehung beenden, kann dies einen Anstieg der Anzahl Haushalte nach sich ziehen.
  • Demografische Entwicklung: Die Zunahme der Lebenserwartung und die Alterung der Bevölkerung führen dazu, dass mehr Menschen in Ein- oder Zweipersonenhaushalten leben.
  • Migration: Je niedriger die Arbeitslosenquote, desto stärker wird auf das Arbeitskräftepotenzial im Ausland zurückgegriffen, und desto stärker ist die Migration. Und wenn mehr Menschen in eine bestimmte Region ziehen, erhöht dies dort die Anzahl Haushalte.
  • Wohlstand: Wenn mehr Menschen es sich leisten können, alleine oder in kleinen Haushalten zu leben, führt dies zu einem Anstieg der Anzahl Haushalte.
  • Wohnkostenbelastung: Fallende oder steigende Wohnkosten in einer Region können zur Folge haben, dass mehr Menschen zu- oder wegziehen.
  • Angebot schafft Nachfrage: Der Bau von neuen Wohnungen kann eine zusätzliche Nachfrage auslösen, sowohl bei Personen, die von anderswo zuziehen möchten, als auch bei Personen, die in einem kleineren Haushalt leben möchten.

Weitere Informationen zu den aktuellen Entwicklungen im Wohnungsmarkt finden Sie im Immo-Monitoring.