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Neue Arbeitsmarktregionen: Bereit für die Schweiz von Morgen

11. Oktober 2019

Die MS-Regionen (MS = Mobilité Spatiale) waren in den letzten Jahrzehnten prägend für viele regionalökonomische Analysen. Auch für die Immobilienmarktanalysen von Wüest Partner. Waren? Ja, denn die 106 MS-Regionen gehen 2020 in den Ruhestand. Sie stammen aus einer Zeit, in der in den Zügen der SBB noch geraucht wurde (1982) und gerade erst der Taktfahrplan eingeführt wurde. Die Analogie ist durchaus nicht an den Haaren herbeigezogen, denn bei den MS-Regionen geht es um Arbeitswege. Pendelmatrizen waren massgebend für die Ausscheidung dieses Regionentyps: Identifiziert wurden vergleichbare Regionen, in denen die Mehrheit der Erwerbstätigen auch ihren Wohnsitz hatten.  Die so ermittelte Regionalisierung hatte mehrere Vorteile: Die Regionen orientierten sich – unabhängig von institutionellen Gliederungen – an funktionalen (Wirtschafts-) Räumen und sie wurden zeitlich konstant gelassen.

101 Arbeitsmarktregionen

Nach fast vierzig Jahren haben die MS-Regionen nun ausgedient. Zu stark haben sich Verkehrs- und Siedlungsstrukturen verändert. Die Vorzüge des kleinräumigen Regionentyps möchte man dennoch nicht verlieren. Aus diesem Grund entwickelte das Bundesamt für Statistik (BFS) die neuen Arbeitsmarktregionen und stellte sie Mitte 2019 vor. Sie sind methodisch durchaus vergleichbar mit den bisherigen MS-Regionen. So kommt wiederum eine einzige Variable zum Einsatz, nämlich der Pendlerstrom zwischen jeder Gemeinde. Die neuen Arbeitsmarktregionen bilden die heutige Situation nicht nur besser ab, sie sind auch  «Europa-kompatibel». Denn sie übernehmen Nomenklatur und Definitionen des Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat). So soll der Mindestanteil Erwerbstätiger, die in der gleichen Regionen wohnen und arbeiten, gemäss Eurostat bei 50 Prozent liegen. Nach dem Swiss-Finish seitens BFS liegt er sogar bei über 57 Prozent, um die Kontinuität und Vergleichbarkeit mit den MS-Regionen zu verbessern. Zudem wurden die grossstädtischen Regionen weiter unterteilt, ähnlich wie bereits im bisherigen Modell.

Doch wie stark unterscheiden sich die neuen Arbeitsmarktregionen von den etablierten MS-Regionen? Die Differenzen sind beträchtlich, vor allem in den bevölkerungsreichen Gebieten der Schweiz. Rund die Hälfte der neuen Arbeitsmarktregionen besteht aus mehreren Teilflächen oder mindestens zwei sich angrenzenden MS-Regionen (nachfolgende Abbildung).

Veränderung des Pendlerverhaltens

Entsprechend des überdurchschnittlichen Wachstums in den Einzugsgebieten der Grossstädte mussten die dortigen Regionen besonders stark angepasst werden. Prominente Beispiele: Dübendorf, Uster und Regensdorf als Regionalzentren im näheren Einzugsgebiet von Zürich. Erstere beiden bilden nun wichtige Zentren in der Arbeitsmarktregion 12036-Uster-Dübendorf. Letztere beiden wurden aus der schon seit Längerem nicht mehr so sinnvollen Zwillings-Region Glatttal-Furttal entlassen und Regensdorf wurde der neuen Region 12031-Dietikon-Schlieren zugeordnet. Neben den genannten Beispielen bringen Ausdehnungen von städtischen Einzugsgebieten wichtige Änderungen. So «wuchs» beispielsweise der Pendler-Rayon von Zug entlang des Reusstals in den Norden bis nach Muri (AG) und in den Süden über Küssnacht (SZ) bis nach Viznau. Ähnlich grosse Differenzen zwischen den bisherigen MS-Regionen und den neuen Arbeitsmarktregionen sind in der Waadt, im Kanton Freiburg und im Unterwallis zu verorten. Sie betreffen ebenfalls wachstumsstarke Gebiete (nachfolgende Abbildung). Demgegenüber stehen elf MS-Regionen, in denen kaum Änderungen im Pendlerverhalten zu beobachten waren. Neben den beiden Grosszentren Basel und Zürich betrifft dies wachstumsschwache Regionen, wie Locarno mit dem Maggia- und dem Verzasca-Tal. Diese Region heisst auch weiterhin (13020-) Locarno. Oder die MS-Region Surselva, die neu 16010-Ilanz-Glion heisst.

Neue Arbeitsmarktregionen

Die neuen Arbeitsmarktregionen bilden die IST-Situation der Schweiz zweifelsohne besser ab als die in die Jahre gekommenen MS-Regionen. Und sie dürften für die Abbildung der regionalen Prozesse auch für die Schweiz von morgen ermöglichen. Darüber hinaus ist die Übernahme internationaler Regionalisierungsdefinitionen hinsichtlich Vergleichbarkeit mit dem Ausland zu begrüssen.

Anpassungen in den Applikationen an die 101 Arbeitsmarktregionen

Wüest Partner wird die Arbeitsmarktregionen 2020 einführen. Marktdaten und Applikationen werden ab dem 2. Quartal 2020 – mit Vollzug des neuen Ortsgemeinde-Standes (OG-Stand) – die neuen Arbeitsmarktregionen abbilden. Das genannte Jahr wird gleichzeitig ein Übergangsjahr darstellen. Die alten MS-Regionen werden dann in den Daten und Applikationen noch ein letztes Mal gepflegt werden.

Das Konzept der Arbeitsmarktregionen sieht wiederum Kontinuität im Zeitverlauf vor. Das heisst, abgesehen von Gemeindefusionen und -mutationen, sind bis auf Weiteres keine Änderungen vorgesehen. Wüest Partner begrüsst die Anpassung dieses Raumtyps an die heutigen Begebenheiten und wird an dieser Stelle nächstens Analysen zum Immobilienmarkt auf der Basis der neuen Arbeitsmarktregionen vorstellen. Wir empfehlen unseren Kunden sich jetzt schon auf die Umstellungen vorzubereiten und sich frühzeitig mit den Veränderungen zu befassen. Gerne unterstützen wir Sie dabei!